Kreis Germersheim Wörth: Ausnahmegenehmigung soll 540 Vögel retten

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Geflügelzuchtverein setzt seit gestern Ausnahmegenehmigung des Kreises um – Keulung soll so verhindert werden.

Gegen 8.30 Uhr hatte bei den Geflügelzüchtern das Telefon geklingelt. Eine Anweisung der Kreisverwaltung Germersheim, sagt der Vorsitzende Joachim Gottschang. Der Auflagenkatalog für die Ausnahmegenehmigung müsse binnen weniger Stunden umgesetzt werden. „Das bedeutet eine komplette Aufstallung des Geflügels in der Anlage“ – also aller 540 Tiere. Entsprechend hektisch ging es gestern auf der Anlage zu. Erst am frühen Abend gab es für die zahlreichen Helfer eine Verschnaufpause. Ein kleiner Schuppen wird zur Quarantänestation umgebaut. Dort werden die 6 Enten einziehen, bei denen bei einer Routinekontrolle vor einer Woche das Virus entdeckt worden war. „Sie bekommen noch eine Plexiglasscheibe, damit Licht einfällt“, sagt Gottschang. An anderer Stelle werden die Volieren mit Netzen, Planen und Folien dichtgemacht. Regen und Schnee darf den Tieren nicht zusetzen, außerdem dürfen sie auf keinen Fall Kontakt zu wildlebenden Vögeln bekommen. Die restlichen Vögel werden in windfesten Zeltbauten untergebracht. Das Zelt wird noch unterteilt, unter anderem soll es Abteilungen für männliche und weibliche Tiere geben, erläutert Gottschang. Besonders knifflig ist die Situation der Meeresenten: Sie können nicht klassisch bestallt werden. Ihr Teich wurde abgelassen, die Voliere abgehängt. Nun bekommen sie regelmäßig „Wasser in Topqualität“ zugeführt. Dennoch ist artgerechte Haltung unter diesen Umständen kaum möglich. Man versuche es immer noch mit Tierschutz, sagt Gottschang und merkt an: „Aber es ist an der Schmerzgrenze.“ Der Wetterbericht verheißt nichts Gutes: Die „brutale Kälte“ werde den Tieren zusetzen. Dem Virus aber kämen niedrige Temperaturen entgegen, sagt Gottschang. Auch der Stress setze den Tieren zu, Verluste werden erwartet. Derzeit geht er davon aus, dass der Ausnahmezustand mindestens vier Wochen andauern wird. Während dieser Zeit werden regelmäßig Proben gezogen und die Tiere beobachtet. Ein freundlicher Sicherheitsdienst in einem Fahrzeug mit rumänischem Kennzeichen bewacht im Auftrag der Kreisverwaltung die Anlage – damit sich keine Diebe einschleichen können und damit kein Tier illegal die Anlage verlassen kann. Auch die Polizei fährt regelmäßig Streife. Ab jetzt dürfen sich nur noch fünf ausgewählte Vereinsmitglieder um die Vögel kümmern, stets in Schutzkleidung, mit Handschuhen, sorgfältig desinfiziert. Der große Aufwand hat ein Ziel: Die Keulung der Tiere zu verhindern. Dies sei das erste Mal in der Bundesrepublik auf diese Weise möglich, führt Gottschang aus. Nun werde erstmalig ein neuer Weg beschritten. Damit bewiesen Kreisverwaltung und das Land großen Mut, betont er. „Die enge Zusammenarbeit zwischen Kreis, Land und Verein funktioniert jetzt“, lobt er. Sein Urlaub reiche nicht aus, um jetzt immer bei den Tieren zu sein, bedauert Gottschang. Und er ist trotz der widrigen Umstände dankbar: Für Arbeitgeber, die Vereinsmitgliedern kurzfristig Urlaub oder Freistellungen gewährt hatten. Für Freiwillige, die mit angepackt hatten. Und für Spenden von Firmen und anderen Geflügelverbänden. „Es geht schließlich um das Leben der Tiere.“ |tnc

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