Kusel Wirtschaftsstandorte im Kreis: Nur eine Handvoll große Unternehmen

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39 Gemeinden und zwei Städte – die Verbandsgemeinde Lauterecken-Wolfstein ist die größte im Kreis Kusel, was Fläche und Anzahl ihrer Gemeinden angeht. Die bedeutendsten Wirtschaftsstandorte in der ländlich geprägten Region sind Lauterecken und Wolfstein, wo Industrieunternehmen mit jeweils mehr als 100 Beschäftigten angesiedelt sind.

Die gerade mal eine Handvoll Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die insgesamt 326 Betriebe in der Verbandsgemeinde nicht in der Lage sind, den Arbeitsplatzbedarf der Bevölkerung zu decken. So pendelten laut Arbeitsagentur beispielsweise 4742 Arbeitnehmer im vergangenen Jahr aus der Verbandsgemeinde (Stichtag 30. Juni 2015), um zu arbeiten, zur gleichen Zeit pendelten 1263 (knapp 27 Prozent) ein. Was das Arbeitsplatzangebot angeht, kann sich besonders Medard unter den 39 Gemeinden glücklich schätzen: Die Ansiedlung des Fassadenbauers IGM hat mittlerweile mehr als 100 Arbeitsplätze gebracht. IGM wird sein Werk in Kürze beträchtlich erweitern und weitere Arbeitsplätze anbieten. Um Gewerbebetriebe, die sich vergrößern möchten oder bessere Produktionsbedingungen anstreben, am Standort zu halten, haben vor allem die Städte Wolfstein und Lauterecken Industrie- und Gewerbegebiete geschaffen. „Jede Firma ist wichtig“, sagt Wolfsteins Stadtbürgermeister Herwart Dilly. Allerdings ist im Gewerbegebiet Pfingstweide mittlerweile Stillstand eingetreten. Nach der Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes und Discounters sowie eines Bekleidungsdiscounters und Automobilbetriebs sitzt die Stadt auf ihren Grundstücken. „Vier größere Flächen sind noch frei, wir wären natürlich über weitere Ansiedlungen froh“, betont Dilly. Aber selbst der niedrige Preis von 25,56 Euro pro Quadratmeter lockt niemanden auf die Pfingstweide. Dass es den großen Investor, der viele Arbeitsplätze bringt, nicht ins enge Lautertal zieht, weiß der Stadtbürgermeister. Er denkt eher an den lokalen Handwerker oder Dienstleister, der für seinen Betrieb bessere Bedingungen schaffen könnte. Immerhin bringt der Handwerks- und Dienstleistungssektor der Stadt einige hundert Arbeitsplätze. Sieht man einmal von den etwa 700 Arbeitsplätzen bei KOB, dem größten Arbeitgeber, ab, gibt es in der Stadt laut Dilly etwa 450 weitere Stellen. KOB ist auch größter Gewerbesteuerzahler. Insgesamt nimmt die Stadt – die Summe schwankt von Jahr zu Jahr – einige hunderttausend Euro (445.000 Euro in 2014) kommunale Steuern von ihren Betrieben ein. Nach wie vor hohes Entwicklungspotenzial sieht Dilly im Tourismus. Seit Jahren steigen im knapp 2000 Einwohner zählenden Wolfstein die Gäste- und Übernachtungszahlen. Zwischen 14.000 und 15.000 Übernachtungen im Jahr zähle alleine der Campingplatz, die Jugendherberge liege sogar noch darüber. Die geplante Sanierung der Jugendherberge, die noch in diesem Jahr beginnen soll, werde allerdings einen Einbruch bescheren. Laut Dilly gibt es außer Campingplatz, den sein Besitzer Reginald Burgers erweitern will, und Jugendherberge weitere 17 Übernachtungsbetriebe und zwei Hotels in der Stadt. Die Bettenkapazität in Wolfstein weist die Statistik mit 266 aus. Stehen Feste an, sei kaum noch ein Quartier zu bekommen, konstatiert der Stadtbürgermeister. Alle Gäste zahlten ja nicht nur für ihre Übernachtung, sondern sie gäben ihr Geld auch in der Stadt aus. „Davon profitieren unsere Geschäftsinhaber“, sagt Dilly, der den Tourismus als wichtigen Wirtschaftsfaktor für Wolfstein bewertet. Mit diesen Kapazitäten im Bereich Fremdenverkehr kann Lauterecken nicht mithalten. Nur 48 Betten sind für die nur unwesentlich größere Stadt registriert. Offiziell gibt es laut Statistischem Landesamt vier Übernachtungsbetriebe in der Veldenzstadt. Die Zahl der Übernachtungen im Jahr 2014 lag bei 6620. Lauterecken hat weder einen Campingplatz noch eine Jugendherberge, dafür aber einen Wohnmobilstellplatz. Und, wie Stadtbürgermeister Heinrich Steinhauer betont, die Draisinenstrecke und Radwege, die hier zusammentreffen. Das seien gute touristische Voraussetzungen, die allerdings nach Steinhauers Ansicht von der örtlichen Gastronomie nicht genutzt werden. Er bedauert, dass die Gastronomen keine kundenfreundlichen Öffnungszeiten anbieten. „Die Stadt hat mittlerweile ein Negativimage, weil in Lauterecken sonntags fast alles geschlossen ist“, konstatiert er unzufrieden. Positiver beurteilt Steinhauer die Situation im Bereich der restlichen Wirtschaftsbereiche. „Wir haben mehr Arbeitsplätze als Einwohner“, schätzt er – und kommt über alle Branchen hinweg auf rund 2000 Stellen, Teilzeitbeschäftigungen und geringfügige mit eingerechnet. Gleichwohl müssen laut Arbeitsagentur mehr als 500 Beschäftigte zur Arbeit auspendeln (Stand 30. Juni 2015), mehr als 900 pendeln ein. Vor allem mehrere Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten bescheren der Stadt jährliche Gewerbesteuereinnahmen zwischen 600.000 und 700.000 Euro. Die oftmals als Standortnachteil genannte Verkehrsanbindung – zu große Entfernung zu den Autobahnen – sieht Steinhauer nicht als besonders dramatisch an. Zwar sei man gegenüber denen, die direkt an einer Autobahn lägen, im Nachteil, dennoch sei die Verkehrsanbindung gar nicht so schlecht. Lauterecken sei immerhin ein Kreuzungspunkt der Bundesstraßen 270 und 420. Der in den 70er Jahren diskutierte Bau einer A 60, die vom Rhein-Main-Gebiet über Lauterecken in den Hunsrück und nach Benelux führen sollte, hätte sich laut Steinhauer sicher positiv ausgewirkt, „aber das wird keiner mehr anpacken“, ist der Stadtbürgermeister sicher. Die Industrie- und Gewerbeflächen verteilen sich in Lauterecken auf drei Standorte (Nord, Claus, Hofwies/Weidewies). Etwa drei Hektar Fläche stehen noch zur Verfügung. Gerade sei man dabei, den Bereich Hofwies/Weidewies zu erweitern, um den Betrieben die Möglichkeit zur Erweiterung zu geben. „Wir sind jederzeit in der Lage, den jeweiligen Bebauungsplan wunschgemäß anzupassen“, verspricht Steinhauer. Zur weiteren touristischen Erschließung der nördlichen Kreisregion fordert Steinhauer den Ausbau des Radweges entlang der B 270 zur Nahe hin. Auch den Bau eines zweiten Gleises auf der Draisinenstrecke nach Staudernheim, um eine Anbindung über die Nahe-Schiene ans Rhein-Main-Gebiet zu schaffen, hält Steinhauer für sinnvoll. |dgg

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