Bad Dürkheim Weisenheim am Sand: Illegaler Kahlschlag in Brutgebiet

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Weisenheim am Sand ist um ein wertvolles Brutgebiet für Wildvögel ärmer. Ende Januar ist ein alter Obstbaumbestand illegal gefällt worden. Dank einer aufmerksamen Anwohnerin hat die Kreisverwaltung schnell eingreifen und weiteren Schaden verhindern können. Inzwischen ermittelt auch die Kriminalpolizei.

Dürfen die das? Diese Frage hatte Andrea Aeckerle-Müller umgetrieben, als sie am 31. Januar mehrere Fahrzeuge auf der Obstwiese anrücken sah, die zwischen Feldern nordwestlich vom Dorfrand liegt, und Arbeiter mit Motorsägen ans Werk gingen. Alle Versuche, die Männer auf ihr Tun anzusprechen, hätten Beschimpfungen ausgelöst und damit geendet, dass sie ausgelacht und fortgeschickt worden sei. Das allerdings, sagt die Weisenheimerin, habe sie nur aus dem Tonfall schließen können – die Männer hätten kein Deutsch gesprochen. Immerhin konnte die Hobbyfotografin Bilder von den Fahrzeugen samt Kennzeichen machen, die sie an die Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung weitergegeben hat. Das durften die natürlich nicht, bestätigt deren Sprecherin Sina Müller. Ohne Genehmigung ist ein solcher Eingriff in die Landschaft ohnehin nicht erlaubt, und weil die Wiese erstens Vogelschutzgebiet und darüber hinaus noch als sogenannter Maßnahmenraum besonders geschützt ist, hätte es eine solche auch gar nicht gegeben. In den Bäumen hätten unter anderem streng geschützte Wiedehopfe und ein Mäusebussardpaar gebrütet. Deren Nistbäume sind gefällt, Nistkästen entfernt oder unsachgemäß in andere Bäume umgehängt worden, sagt Müller. Auf rund 300 Quadratmetern seien die (nicht mehr bewirtschafteten) Obstbäume gefällt. Nur einem Anruf der Naturschutzbehörde am 1. Februar bei dem mutmaßlichen Auftraggeber sei es zu verdanken, so die Kreissprecherin, dass direkt nebenan nicht ebenfalls „alles niedergemacht“ worden sei. Den für den Kahlschlag Verantwortlichen wird die Naturschutzbehörde wohl dazu verpflichten, den alten Zustand der Wiese wiederherzustellen. Dass junge Obstbaumsetzlinge für Vögel und Kleingetier kaum die Attraktivität eines alten Baumbestandes bieten dürften, das ist auch dem Kreis klar. Mehr als die Kontrolle der Wiederanpflanzung bleibe ihm nicht zu tun, sagt Müller. Auf jeden Fall hat die Kreisverwaltung wegen der illegalen Rodung Anzeige erstattet, sagt deren Sprecherin. Damit sei der Vorfall nun Sache der Justiz. Tatsächlich seien just am vergangenen Donnerstag mehrere Anzeigen in dieser Sache bei der Kriminalpolizei in Neustadt eingegangen, bestätigte deren Sprecher Andreas Müller. Gegen den – anhand der Autonummern ermittelten – mutmaßlichen Auftraggeber des Umweltfrevels wird nun ermittelt. Eine zweite Anzeige richtet sich gegen Unbekannt und betrifft einen verletzten Mäusebussard, der am 23. Januar ebenfalls von Spaziergängerin Andrea Aeckerle-Müller gefunden worden war. Er lag unter dem großen Birnbaum, in dem die Mäusebussarde üblicherweise ihren Horst gebaut und gebrütet haben. Der Vogel kam nach einer Untersuchung durch einen Dürkheimer Tierarzt in die Haßlocher Greifvogelstation, wo er letztlich aber verendet ist. Todesursache sei mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schusswunde mit anschließender Bleivergiftung gewesen, wie Tierpflegerin Melanie Mangold aus der Art der Verletzung, der Röntgenaufnahme eines gesplitterten Flügelknochens sowie Vergiftungssymptomen schloss, die das Tier in den Tagen vor seinem Tod aufgewiesen habe. Gegenstand einer dritten Anzeige sind mutmaßliche Drohungen der Arbeiter gegenüber Bürgern, die sie ebenfalls auf ihr Tun angesprochen haben. Wer sie erstattet hat, behält der Polizeisprecher allerdings ebenso für sich, wie er den Namen des mutmaßlichen Verursachers gegenüber der RHEINPFALZ nicht bestätigen wollte. Auch der Kreis hielt sich bedeckt. Wie manch anderer im Dorf auch hat Anwohnerin Aeckerle-Müller nicht zuletzt aufgrund des Fuhrparks an dem Tag eine Vorstellung, wer den Kahlschlag verschuldet hat. Entsprechende Nachfragen der RHEINPFALZ bei dieser Adresse blieben unbeantwortet: Eine Person verwies auf eine zweite, die auf mehrere telefonische Kontaktversuche bisher nicht reagiert hat. Schuldzuweisungen sind freilich nicht Aeckerle-Müllers vorrangiges Ziel: „Ich brauche keine Namen, ich brauche Taten“, spielt sie auf die Wiederaufforstung an und weiß doch, dass viele Jahre ins Land gehen werden, bis die Obstwiese nur annähernd wieder so sein wird wie vorher.

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