Wirtschaft Von Weinen, denen man Zeit lässt

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Siebeldingen. Hansjörg Rebholz war der erste Winzer, der mit einem ausschließlich trockenen Wein-Sortiment „Winzer des Jahres“ wurde. Längst ist der Siebeldinger Spitzenbetrieb nicht nur mit seinen Großen Gewächsen von den Weinkarten der Spitzengastronomie weltweit nicht mehr wegzudenken. Bis ins 16. Jahrhundert reichen die Anfänge des südpfälzischen Traditionshauses zurück.

Den „Ökonomierat“ im Namen des Weingutes verdankt der Betrieb dem Großvater, dem Forstwirt Eduard Rebholz, der schon in den 1950er-Jahren auf einen ungeschönten Naturwein setzte. Sein Sohn führte die trockene Linie weiter; und das zu einer Zeit, als sich ausschließlich mit lieblichen Weinen Geld verdienen ließ. Heute spricht Sohn Hansjörg gerne von seinem Vater als einem Pionier, der überall nur der „trockene Hans“ genannt wurde. Von den Kollegen wurde er belächelt, auch, weil er bereits damals keine Schönung des Weins kannte. Dabei hat er eifrig mitgeholfen, dass der deutsche Wein überhaupt salonfähig wurde. So viel Aufwand das Winzerhandwerk auch nötig macht, Hansjörg Rebholz, der nach dem plötzlichen Tod des Vaters mit gerade mal 19 Jahren, ein halbes Jahr nach dem Abitur, im Betrieb seinen Mann stehen musste, setzt auch heute voller Akribie auf den biodynamischen Anbau seiner 22 Hektar umfassenden Rebfläche. Dort reifen vor allem Riesling- und Burgunder-Trauben. Acht Mitarbeiter haben bei ihm ihr Auskommen, davon ist die Hälfte hochqualifiziert. Mit ihr teilt sich der Chef des Hauses nicht nur die anspruchsvolle Tätigkeit draußen im Weinberg. „Sie sind komplett mit dem Entstehungs- und Produktionsweg vertraut“, unterstreicht Rebholz einen ihm besonders wichtigen Aspekt. „Wer auf Dauer Qualität erzeugt, hat nun mal einen Ruf zu verteidigen.“ Er sagt das in erstaunlicher Bescheidenheit, wirkt trotz seines Selbstbewusstseins zurückhaltend und wohlüberlegt in seinen Äußerungen, es geht um den Namen, den er sich mit seinem Anspruch an sein Produkt in der Weinwelt erobert hat. Jährlich verlassen 130.000 bis 140.000 Flaschen den Betrieb. Etwa die Hälfte wird unter Direktverkauf verbucht, gut 20 Prozent sind dem Export vorbehalten, der Rest wird von Handel und Gastronomie geordert. Seinen durchschnittlichen Jahresumsatz in seinem Unternehmen beziffert der 55-jährige Weinmacher mit rund 1,5 Millionen Euro. Holland, Belgien, die Schweiz, Spanien und die USA gehören zu den bevorzugten Exportländern für das Haus Rebholz. Gerade ist der leidenschaftliche Weinmacher wieder aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt. Damit belegt er eine wichtige Erkenntnis: Der Weinbau ist heute personifizierter denn je. So bedarf es zahlreicher Besuche und Gespräche, um beispielsweise in New York in der Spitzengastronomie vertreten zu sein. Wie sonst sollen die Kunden wissen, dass manche Rebholz-Weine noch gar nicht fertig sind, sich vielmehr weiterentwickeln, versehen mit dem Anspruch des Winzers, dass „große Weine nach fünf bis zehn Jahren so interessant sein müssen wie junge“. Dabei präge die Frucht in den ersten drei oder auch vier Jahren mit ihren Aromen den Wein. Doch nicht nur jenseits des großen Teichs gilt es klar zu machen, welche enormen Produktionskosten sich hinter jenen Weinen verbergen. Die Biodynamik in ihrer ganzen Komplexität kommt ins Spiel. Für Hansjörg Rebholz ist das oft ein „Hochseilakt ohne Netz und doppelten Boden“, gesteht er nachdenklich, dabei durch und durch überzeugt von dem, was er tut. Um sich, dem „Kultwinzer“, wie ihn viele nennen, zu genügen, erzeugt er im Durchschnitt pro Hektar höchstens 5000 Liter, oft auch weniger. Erst einmal werden die Doppeltriebe entfernt, dann muss die Laubwand mehrfach entblättert werden, damit Luft das Kleinklima positiv beeinflusst, die Traubenqualität am Ende stimmt. Muss ein Durchschnittsbetrieb höchstens 200 Stunden für einen Hektar Rebfläche Arbeitsaufwand erbringen, sind es bei Rebholz und seinem Team in der Regel 700 bis 800 Stunden. Bei den kompakten Burgunder-Trauben werden die Hängel halbiert, „das schafft Platz und holt den enormen Druck auf die Trauben weg“, beschreibt er seine Philosophie. Viel Aufwand ist auch bei der Lese notwendig, setzt er doch auf den alten, klassischen Stil, den schon der Vater übte. So bleiben beispielsweise die entrappten Trauben 24 Stunden stehen, ehe sie gepresst werden. „Der von uns gepflegte Minimalismus im Wein“, gesteht der Weingutsbesitzer, „erfordert viel Sorgfalt und Geduld“. So bedingt die Zeit auf der Hefe letztlich die Stabilität des Weines. Rebholz ist kein Eigenbrötler, auch wenn in seinem Betrieb vieles völlig anders läuft als bei anderen. Für ihn hat das 1991 gestartete Projekt „Fünf Freunde“, zu dem er gehört, mit dem Erfahrungsaustausch, der Offenheit in der Kollegialität kräftig mitgeholfen, dass aus dem Armenhaus Südpfalz eine so erfolgreiche Weinregion werden konnte. Doch auch das brauchte seine Zeit. So viel Zeit, wie Rebholz heute gerne auch seinen Weinen einräumt, damit sie ihre ganze natürliche Geschmacksvielfalt entwickeln können. Ein Gutsriesling 2012 ist bei Rebholz für 10 Euro zu haben, ähnliches gilt für den Weißburgunder. Der Kastanienbusch Riesling, Großes Gewächs, kostet 40 Euro.

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