Neustadt Verbraucherzentrale kritisiert Preispolitik von Gasversorgern

Die Gasversorger würden gesunkene Beschaffungspreise nicht vollständig an ihre Kunden weitergeben. Diesen Vorwurf erhebt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und legt dazu eine Studie vor. Die regionalen Gasversorger kritisieren die Erhebung als verkürzend und an der Realität vorbei.

Im Juni 2013 kostete eine Kilowattstunde Gas an der Börse 2,58 Cent, im Januar 2016 nur 1,91 Cent. Daraus schließt Hans Weinreuter, Energiereferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, dass ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Vergleich zu 2013 im Jahr 133 Euro sparen müsste. Da dies nicht der Fall sei, erhöhten die Unternehmen entweder ihre Gewinnspanne oder kauften schlecht ein. Die Verbraucherzentrale hat in einer Studie Steuern, Abgaben und Netzkosten der Versorger zusammengestellt. „Das sind die Kosten, die für jeden öffentlich sind“, erklärt Weinreuter. Vereinfacht dargestellt, wurden bei der Studie für einen Haushalt die Preise ermittelt und davon Steuern, Abgaben und Netzkosten abgezogen. „Was übrig bleibt, ist die Unternehmensspanne, um die Kosten der Beschaffung zu decken sowie eine Gewinnmarge abzuführen“, so Weinreuter. Diese Unternehmensspanne ist bei den Gemeindewerken Haßloch in den genannten zweieinhalb Jahren um 133 Euro gefallen, also genau um den Betrag, den Weinreuter als durchschnittliche Senkung der Gaspreise an der Börse annimmt. Nicht schlecht schneiden die Stadtwerke Deidesheim (minus 120 Euro) und die Stadtwerke Lambrecht (minus 96 Euro) ab. Bei den Stadtwerken Neustadt ist die Spanne um 65 Euro gefallen. Bei den Gemeindewerken Weidenthal ist sie deutlich angestiegen auf ein Plus von 124 Euro. „Ich will eine Tendenz aufzeigen. Seit dem Wegfall der Ölpreisbindung für Gas vor etwa vier Jahren fehlt dem Verbraucher eine Orientierung, weil er die Gaspreise an der Börse weniger im Kopf hat als die Preise für Benzin an der Tankstelle“, so Weinreuter. Der Energieberater räumt ein, dass die Studie eine Durchschnittsbetrachtung sei, die das individuelle Einkaufsverhalten der Versorger nicht berücksichtige. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Versorger 80 Prozent der Menge ein Jahr im Voraus einkaufen und sich 20 Prozent auf dem Tagesmarkt beschaffen.“ An dieser Stelle setzt die Argumentation von Holger Mück, dem Geschäftsführer der Stadtwerke Neustadt, ein: „Die Annahmen sind nicht branchenüblich. Wir kaufen teilweise über drei Jahre im Voraus ein. Das Wagnis, 20 Prozent unserer Menge kurzfristig zu besorgen, möchte ich unseren Kunden nicht zumuten.“ Für die Bestandskunden müsse man sich spätestens ein Jahr im Voraus eindecken. Laut Mück würden die Kunden vom Preisverfall an der Börse noch profitieren, aber eben mit einer Zeitverzögerung. Umgekehrt würden Preissteigerungen auch nur mit Verzögerung ankommen. „Das ist eine Spielerei, die nicht viel mit der Realität zu tun hat“, so sein Fazit. Das von der Verbraucherzentrale propagierte Einsparpotenzial bei einem Wechsel rechnet sich laut Mück nur kurzfristig: „Das sind Kampfpreise im Internet, die keine Marge beinhalten. Diesen Unternehmen geht es um den Wechsel. Meistens nach dem Wegfall der Preisgarantie und einer Bonuszahlung holen sie sich im zweiten oder dritten Jahr das Geld zurück.“ Fast identisch argumentiert Michael Frech, Geschäftsführer der Stadtwerke Lambrecht. Auch dort ist das Einkaufsverhalten ein anderes. „Wir kaufen mindestens zwei Jahre im Voraus ein“, so Frech. Der Lambrechter Haushalt werde zeitverzögert von den gesunkenen Preisen profitieren. Die gestiegene Unternehmensspanne für die Weidenthaler Werke erklärt sich unter anderem mit der Preiserhöhung zum Jahreswechsel, die aufgrund zu tief kalkulierter Preise in den Vorjahren erforderlich war (wir berichteten). Werkleiter Rolf Bischler wirft der Verbraucherzentrale vor, alle Unternehmen mit der gleichen Brille zu betrachten. Die Gemeindewerke mit weniger als 1000 Endkunden könnten nicht Preise anbieten wie Unternehmen mit 100.000 oder 500.000 Kunden. „Wir sind auf die Loyalität unserer Kunden angewiesen, die mit den Gemeindewerken in der Kommune auch die eigene Entscheidungshoheit in der lokalen Politik erhalten möchten und den lokalen Bezug zu ihrer Marke“, so sein Kommentar. Für den täglichen Einkauf, wie in der Studie zu 20 Prozent unterstellt, hätten die Gemeindewerke weder das Personal noch die erforderliche Informationstechnik. Energiereferent Hans Weinreuter erklärt, dass es mit der Studie darum gegangen sei, die Verbraucher wach zu rütteln und deutlich zu machen, dass sie jeden Monat Geld sparen könnten. Wer wechseln wolle, könne sich bei den Büros der Verbraucherzentrale in Kaiserslautern und Ludwigshafen auch einen individuellen Beratungstermin geben lasse. Eine Wechselberatung koste fünf Euro. (wkr) Kontakt Die Studie der Verbraucherzentrale ist im Internet unter www.vz-rlp.de einsehbar. Termine bei der Energieberatung werden unter der Nummer 06131/28480 oder unter info@vz-rlp.de vergeben.

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