Frankenthal Unfallflucht als Massenphänomen

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Rumms – aussteigen, gucken, wegfahren: Bei mehr als jedem vierten Unfall in Frankenthal macht sich der Verursacher einfach aus dem Staub, allein 467 Mal im vergangenen Jahr. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert die Polizei mit immerhin 353 000 Euro. Besonders häufig finden Unfallfluchten auf Parkplätzen statt.

Samstagvormittag, Hektik auf dem Supermarktparkplatz: Menschen mit vollen Einkaufswägen laufen kreuz und quer, Neuankömmlinge suchen nach einer Lücke. Beim Rückwärtsfahren kracht’s: Die linke Ecke des Stoßfängers streift den Kotflügel des Nebenmanns. Der Fahrer – ein älterer Herr jenseits der 70 – steigt aus und entscheidet sich nach kurzem Blick fürs Weiterfahren. Müsste man ihn konstruieren, sähe so ein für Frankenthal typischer Fall von Unfallflucht aus. Von 467 Unfällen im vergangenen Jahr, in denen der Verursacher davongebraust ist, ohne sich um den Schaden zu kümmern, passieren die meisten auf Parkplätzen. Und: Nach Erfahrung der Beamten sind „nicht wenige Rentner“ unter den Verursachern, berichtet Alexander Koch, Sachgebietsleiter Verkehr bei der hiesigen Polizeiinspektion. Mehr als die Hälfte der übers Jahr angezeigten Fälle konnten die Ermittler nach eigenen Angaben 2015 aufklären. Dazu steht ihnen ein inzwischen gut gefüllter Werkzeugkasten zur Verfügung (siehe „Zur Sache“). Tatsächlich sieht die Polizei die hohe Anzahl von Unfallfluchten, aber nicht ausschließlich als Produkt individuellen Fehlverhaltens. „Es gibt Faktoren, wie die Verkehrsraumgestaltung oder die Anordnung von Stellplätzen, mit denen sich Konflikte beim Ein- und Ausparken reduzieren lassen“, sagt Inspektionsleiter Heiko Arnd. Viele städtische Parkplätze in Frankenthal und andernorts seien in den 1970er- und 80er-Jahren angelegt und markiert worden. „Seitdem sind die Autos aber um 20 bis 30 Zentimeter in die Breite gegangen“, erklärt der Polizeichef. Am Beispiel des VW Passat – ein Auto, das besonders häufig auf den Straßen dieser Republik unterwegs ist – haben die Frankenthaler Ordnungshüter herausgearbeitet, was diese Entwicklung konkret bedeutet. Beispiel eins: der Parkplatz am Dathenushaus. Die quer zur Carl-Theodor-Straße angeordneten Parklücken sind 2,20 Meter breit. Inklusive seiner Außenspiegel hat der Passat das stattliche Maß von 2,06 Meter; bleiben fürs Rangieren und Aussteigen also links und rechts gerade einmal sehr knappe sieben Zentimeter. Beispiel zwei: die Westliche Ringstraße zwischen Wormser Straße und Max-Friedrich-Straße. Hier sind die ebenfalls quer zur Fahrbahn angeordneten Stellplätze sogar nur zwei Meter breit. Ein Passat passt in die eingezeichneten Lücken also gar nicht mehr rein. Dass die beiden genannten Örtlichkeiten prädestiniert sind für Parkrempler und damit auch für Unfallfluchten, hat nach Überzeugung von Verkehrsfachmann Koch nicht allein mit den Dimensionen einer Parklücke zu tun. Ein umlaufender Bürgersteig plus Verkehr aus mehreren Richtungen wie am Dathenushaus oder auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite abgestellte Autos wie in der Westlichen Ringstraße stellen zusätzliche Erschwernisse dar. „Deshalb wird bei uns auch jede kritische Stelle untersucht. Auf dieser Basis möchten wir der Stadt dann Vorschläge unterbreiten, wie eine Gestaltung optimiert werden kann“, sagt Inspektionsleiter Arnd. Dinge zu verbessern, würde freilich auch bedeuten, auf den einen oder anderen Parkplatz zu verzichten.

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