Donnersbergkreis Tag der Pressefreiheit: Besucherandrang im Museum

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Es war ein Abend, der zum Nachdenken anregte. Ein Abend, der zeigte, dass Presse- und Meinungsfreiheit längst nicht überall selbstverständlich sind. Es war aber auch ein launiger Abend – verbunden mit der Erkenntnis, dass es sich lohnen kann, sich für die Rechte der Menschen einzusetzen. Die zweistündige Veranstaltung der Amnesty-International-Ortsgruppe Kirchheimbolanden im voll besetzten Museum im Stadtpalais am internationalen Tag der Pressefreiheit verging am Dienstagabend wie im Flug.

„Die Würde des Menschen ist unauffindbar.“ Als Elmar Funk diesen Satz sagte, dachten die Besucher zunächst an einen Versprecher. Doch Funk, der den Abend so wunderbar – und immer mal wieder auch launig – moderierte, hatte diese Worte bewusst gewählt. Und so mancher wird sich am Dienstagabend immer mal wieder daran erinnert haben. Denn mit der Presse- und Meinungsfreiheit ist das so eine Sache. Auch in Deutschland müssen sich Journalisten immer mal wieder mit (nicht nur verbalen) Angriffen auseinandersetzen. Das verdeutlichten unter anderem Lothar Schmitz, Redaktionsleiter der SWR-Landesschau, und Andreas Bahner, stellvertretender Chefredakteur der RHEINPFALZ. Schmitz berichtete von „übelsten Beschimpfungen“, von Anfeindungen gegen seine Kollegen mit der Fernsehkamera, von Diffamierungen in sozialen Netzwerken. „Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es so etwas bei uns gibt“, sagte Schmitz – und schob nach: „Ohne freie Presse, ohne den Artikel 5 im Grundgesetz, gibt es keine Demokratie.“ Andreas Bahner berichtete, dass Redakteure der RHEINPFALZ auch immer mal wieder mit dem Vorwurf der Lügenpresse konfrontiert werden. „Das geht an die Substanz“, gestand Bahner. „Wir wollen selbstbewusst sein, aber auch selbstkritisch. Selbstbewusst, weil die Vorwürfe falsch sind.“ Natürlich müsse ein Redakteur Kritik ertragen, und es sei gut, wenn ein Leser ein wachsames Auge auf das habe, was in der Zeitung steht. „Aber bei aller Kritik sollte man auch fair sein.“ Das alles ist kein Vergleich zu dem, was Raif Badawi ertragen muss. Der saudi-arabische Blogger wurde 2014 wegen angeblicher Beleidigung des Islams zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockhieben verurteilt, nachdem er sich in seinem Blog für die Gleichbehandlung aller Menschen, unabhängig von Religion und Weltanschauung, eingesetzt hatte. Die ersten 50 Stockhiebe hat er bereits erhalten. „Er hat sie geradeso überlebt“, wie Ludger Grünewald, Sprecher der Amnesty-International-Ortsgruppe, sagte. Die weitere Bestrafung wurde vorläufig ausgesetzt. Badawi soll in diesem Jahr für seinen Mut und seine Unbeugsamkeit den Kirchheimbolander Friedenstagepreis erhalten, wie Funk sagte. Grünewald zeigte sich optimistisch, dass Badawis Frau Ensaf Haidar diesen in der Kleinen Residenz entgegennehmen kann. Aus Badawis Buch „1000 Peitschenhiebe. Weil ich sage, was ich denke“ las Lothar Schmitz. Es waren beeindruckende Passagen. „Er ist erst 32 Jahre alt. Da ist so viel Weisheit und Klugheit drin“, sagte denn auch der Landesschau-Redaktionsleiter. Elmar Funk wies auf die Erfolge von Amnesty hin – von Hafterleichterungen, Haftverkürzungen bis zu Befreiungen aus der Haft. Das Museum als Ort einer Veranstaltung zum Tag der Pressefreiheit sei ganz bewusst gewählt – betonte Funk. Museumsleiter Rainer Karneth erläuterte den Besuchern, warum. In Kirchheimbolanden fand „der Schlussakkord der Revolution für die Pfalz statt“, so Karneth. Am 14. Juni 1849 gab es im Kirchheimbolander Schlossgarten einen Kampf um die Einheit und Freiheit gegen die Preußen, bei dem 17 Freischärler den Tod fanden. Nicht zu vergessen Friedrich Glaser, 1815 geboren und 1849 gestorben, ein Kämpfer für die demokratische Bewegung in Kirchheimbolanden. „Selbst zu entscheiden, was ich sage, ist gut und ein unverzichtbarer Teil eines Rechtsstaates. Diese Freiheit gilt insbesondere für die Vertreter der Presse“, sagte Landrat Winfried Werner. Grundgedanken zur Pressefreiheit, aber auch Fälle, in denen Medien immer stärker in ihrer Berichterstattung beschnitten werden, zeigten Rita Bührmann-Dreste, Ursula Schultz, Michael Schmidt und Ludger Grünewald von der Amnesty-Ortsgruppe. Dann gab es noch einen wahren Musikgenuss: Harry Müller und Dieterich Mayer, zwei Könner ihres Fachs, zwei, die Musik leben und bei dem, was sie machen, gute Laune verbreiten. (ssl)

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