Speyer Speyerer Klinik zögert mit Behandlung eines Babys

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Ein Elternpaar aus Bad Dürkheim hat einen Albtraum hinter sich. Zwei Wochen nach der Geburt in Speyer ist die kleine Tochter krank geworden. RS-Virus haben die Ärzte im Ludwigshafener St.-Anna-Stift diagnostiziert. Zuvor hatte es eine Odyssee durch das Speyerer Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus gegeben.

Es ist ein Mädchen. Die Eltern sind überglücklich über die Geburt ihres dritten Kindes. Das Speyerer Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus haben sie sich für die Entbindung ausgesucht, weil an der mit fast 3000 Kinder im Jahr größten Geburtsklinik des Bundeslandes die Kinderklinik direkt an die Geburtsabteilung angeschlossen ist. „Das hat uns Sicherheit gegeben“, sagt der Vater. Zum Glück habe es keinen Grund gegeben, die Kinderärzte in Anspruch zu nehmen. Mutter und Kind seien gesund entlassen worden. Zwei Wochen später sei seine Frau erneut stationär aufgenommen worden, berichtet der Vater von Wochenbett-Problemen der Mutter. Das Baby habe sie mit ins Krankenhaus genommen. „Alles war in Ordnung, bis die Kleine nachts gehustet und nach Luft gerungen hat“, schildert der Mann Stunden voller Angst und Sorge. „Meine Frau hat die Symptome mit dem Handy aufgenommen.“ Am nächsten Morgen habe sie der Stationsschwester die Geräusche vorgespielt und um eine kinderärztliche Untersuchung gebeten. „Dafür haben unsere Kinderärzte keine Zeit“, habe die Fachkraft erklärt und zur Vorstellung in der Kinder-Notaufnahme im Haus geraten. „Nach mehr als zweieinhalb Stunden Wartezeit in der Kinder-Ambulanz haben wir es nicht mehr ausgehalten und sind nach Ludwigshafen gefahren“, sagt der Vater. Sein Kind habe Erstickungsanzeichen gezeigt, immer stärker gehustet, nicht getrunken. Bei der Entlassung seiner Frau aus der Klinik habe eine Stations-Pflegekraft gemeint, ein Facharzt sollte das Baby in den nächsten Tagen noch einmal anschauen. So lange wollten die Eltern nicht warten. Im Annastift sei ihre Tochter sofort behandelt und stationär auf der Isolierstation aufgenommen worden. Diagnose: RSV (Respiratory syncytial virus). Nach vier Tagen mit Monitor-Überwachung und Inhalationen hätten sie ihre Tochter gesund nach Hause holen können. „Vielleicht ist der Zustand des Kindes bei uns nicht richtig eingeschätzt worden“, räumt Dr. Axel Bosk, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus in Speyer, ein. Auf RHEINPFALZ-Nachfrage bestätigt er die Vorstellung des Kindes in der Kinder-Notfallambulanz am 8. März um 8.57 Uhr. Üblicherweise schätzten in der Ambulanz zuerst Pflegekräfte die Dringlichkeit ärztlicher Behandlung ein. „Dieser Fall wurde als harmlos eingestuft“, erklärt Bosk die lange Wartezeit. „Als die Kinderärztin das Kind um kurz vor 12 Uhr untersuchen wollte, waren die Eltern nicht mehr da.“ Dass die Stationsschwester die Eltern zur Notaufnahme geschickt habe, sei vorschriftsmäßig, betont der Chefarzt. Das Kind sei als Begleitperson der Mutter und nicht als Patient vom Krankenhaus aufgenommen gewesen und somit nicht stationär zu behandeln. „Der Weg über die Notaufnahme war der Richtige.“ RSV sei eine Viruserkrankung, an der im Winter zahlreiche kleine Kinder litten, so Bosk. „In Spitzenzeiten nehmen wir zehn RSV-Kinder auf unserer Isolierstation auf.“ Je kleiner die Kinder, desto gefährlicher sei RSV, sagt Bosk. Den Virus, der Atemwegserkrankungen auslöse, habe sich der Säugling aller Wahrscheinlichkeit nach nicht im Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus zugezogen, sagt er. „Den fängt man sich draußen ein.“ Für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene sei er ungefährlich. Ein Medikament dagegen gibt es demnach nicht. „Wir können nur Symptome behandeln.“ Für die Not der Eltern bringe er jedes Verständnis auf, bedauert Bosk den unglücklichen Verlauf in der Speyerer Klinik. Gerne würde er ein Gespräch darüber mit Mutter und Vater führen. „Vielleicht haben wir die akute Situation nicht ernst genug genommen“, urteilt der Chefarzt. „Daraus wollen wir lernen.“

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