Neustadt Selbstbedienung am Acker

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Haßlocher Landwirte sind immer wieder mit Zeitgenossen konfrontiert, die ohne Erlaubnis auf ihren Äckern stoppeln oder gar Feldfrüchte ausbuddeln. Was viele nicht wissen oder wissen wollen: Das ist Diebstahl und strafbar.

In Zeiten von Krieg, Armut und Hunger hatten die Menschen gar keine andere Wahl, als Felder nach Liegengebliebenem zu durchsuchen. Doch auch heute noch gibt es in Haßloch Leute, die in den Feldern „stoppeln“. Allerdings: Wer den Landwirt nicht nach seiner Erlaubnis fragt, begeht rechtlich gesehen Diebstahl. „Es gibt immer wieder Leute, die mit dem Rad durchs Feld fahren und sich ihre Lebensmittel beschaffen“, klagt Christian Deyerling vom Gemüsehof Deyerling über die Selbstbedienungsmentalität mancher Haßlocher. Vor allem auf seine Kohlrabi hätten es die Radler abgesehen. Wenn so ein Diebstahl ein Einzelfall sei, „ist das mit Sicherheit kein Beinbruch – aber in Haßloch leben 20.000 Leute, stellen Sie sich vor, wenn das jeder machen würde“, sagt der Landwirt, der auf seinen Feldern außer Kohlrabi noch Spargel, Erbsen, Kartoffeln und Zucchini anbaut. Dabei unterstellt Deyerling nicht allen Stopplern böse Absicht. „Die Leute können nicht unterscheiden, ob ein Feld schon abgeerntet ist“, sagt er. Bei seinen Kohlrabifeldern gehe er aber immer zweimal durch, damit die kleineren Exemplare noch genug Zeit zum Reifen haben. Wenn er wie jetzt bei den späteren Kartoffelsorten gerade am Roden auf dem Feld sei und die Leute ihn um Erlaubnis fragten, habe er gegen das Stoppeln der kleinen Kartoffeln, die durch die Maschine gefallen sind, nichts einzuwenden, sagt der Landwirt. „Wenn man mich auf dem Feld fragt, gibt es mit Sicherheit selten ein Nein.“ Doch sonst sei es ihm nicht recht, schließlich könne das unbefugte Herumlaufen in den Feldern auch erheblichen Flurschaden anrichten. Sich einfach ohne Erlaubnis an Feldfrüchten zu bedienen, könne überdies negative gesundheitliche Folgen haben, warnt Deyerling. „Karotten, Zwiebeln oder Radieschen können auch behandelt sein – wenn die Wartezeit nach dem Spritzen nicht beendet ist, droht Durchfall.“ Auch Andreas Kling vom Lehmgrubenhof kennt die Stoppler. Nicht immer seien es Bedürftige. Kartoffeln machen seinen Worten zufolge die Hälfte seiner Betriebsfläche aus. „Solange es beim eigentlichen Stoppeln bleibt, ärgern wir uns nicht direkt“, sagt er. Doch es gebe auch Fälle, wo Kartoffeln oder Spargel gezielt ausgebuddelt würden. Die Kartoffeln, die zu klein für die Maschine sind, selbst aufzusammeln, lohne sich nicht, meint der Landwirt. Insofern richteten die Stoppler keinen direkten wirtschaftlichen Schaden an. Dafür allerdings einen indirekten: „Die kaufen dann keine Kartoffeln“, so Kling. Die Zuckerrüben und das Getreide, die auf Klings übrigen Flächen wachsen, seien für Stoppler dagegen nicht so interessant. Dafür aber die Nussbäume am Ackerrand, die oft geplündert würden. „Jedes Jahr schreibt’s die Gemeinde ins Amtsblatt“, sagt der Landwirt – doch das Problem tauche trotzdem immer wieder auf. „Ein Teil der Leute fragt um Erlaubnis“, räumt Kling ein. Wegen der Unfallgefahr sei es ihm allerdings nicht recht, wenn die Stoppler direkt hinter der Erntemaschine herlaufen, um Kartoffeln zu sammeln. „Früher durfte ab 11. 11., also ab Martini, gestoppelt werden“, erzählt Gerd Schmitt vom Hilbenhof, der Getreide, Zuckerrüben, Mais und Raps kultiviert. Doch da heute auch noch nach diesem Datum geerntet werde, gebe es diese Regelung nicht mehr. Für ihn ist vor allem die Unverschämtheit, die landwirtschaftlichen Produkte einfach als Allgemeingut zu sehen, ein Ärgernis. Wenn er nach ein paar Kolben Mais für die Hasen oder ein paar Ähren für einen Strauß gefragt werde, sage er nicht nein, so Schmitt. „Aber das Problem ist: einfach hingehen und holen – das ärgert einen am meisten.“

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