Rheinland-Pfalz Risiken am Nürburgring nicht beachtet

Der Rechnungshof sieht schwere Versäumnisse der Landesregierung beim „Zukunftskonzept“ für die Rennstrecke im Jahr 2010. Der Pachtvertrag war unzureichend geprüft, eine Finanzierungslücke nicht im Haushalt dargestellt.

MAINZ (kad). Als die Landesregierung im Frühjahr 2010 mit dem Hotelier Jörg Lindner und dem Geschäftsmann Kai Richter einen Betriebspachtvertrag unterschrieb, sollte dies die Rettung für den Nürburgring sein. Im Sommer 2009 war gerade die Privatfinanzierung gescheitert. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) versprach weiterhin, die Steuerzahler würden mit dem Ausbau nicht belastet. Der Rechnungshof beziffert nun den Schaden für das Land mit 384 Millionen Euro und möglichen weiteren 80 Millionen Euro durch ein Zinsabsicherungsgeschäft. Die Regierung habe Fehler beim Betriebspachtvertrag gemacht, höhere Pachten angenommen, als am Markt zu erzielen waren, sie habe bei der Vergabe des Kreditauftrags über 330 Millionen Euro an die landeseigene Förderbank ISB Anzeichen für ein Misslingen des Projekts nicht beachtet und sie habe eine Finanzierungslücke ihres Modells über 130 Millionen Euro nicht ausreichend im Haushalt abgebildet. Zu diesem Ergebnis kommen die Rechnungsprüfer in Speyer in ihrem gut 150-seitigen Gutachten, das Rechnungshof-Präsident Klaus Behnke gestern am späten Nachmittag Landtagspräsident Joachim Mertes (SPD) in Mainz übergab. Die im Mainzer Landtag vertretenen Fraktionen SPD, CDU und Grüne hatten den Rechnungshof nach der Insolvenz des Nürburgrings im Sommer 2012 um die Prüfung gebeten. Die Veröffentlichung wurde mehrfach verschoben. Maßgebliche Architekten des Zukunftskonzeptes waren der damalige Wirtschaftsminister und heutige Fraktionsvorsitzende der SPD, Hendrik Hering, und Finanzminister Carsten Kühl (SPD), der Nachfolger von Ingolf Deubel wurde. Deubel war nach der gescheiterten Privatfinanzierung zurückgetreten. In einer ersten gemeinsamen Stellungnahme des Finanz- und des Infrastrukturministeriums beschwert sich die Landesregierung, der Rechnungshof habe ihre Stellungnahme nicht ausreichend berücksichtigt. Die Entwicklung im Jahr 2012 und die Insolvenz seien nicht vorhersehbar gewesen. Fraktionschef Hering sagte, die Regierung habe „retten wollen, was noch zu retten war“. Der grüne Koalitionspartner der SPD sieht sich in seiner Kritik bestätigt. „Das Projekt Nürburgring 2009 war ein großer politischer Fehler der früheren Landesregierung“, sagte Fraktionschef Daniel Köbler. Schlussfolgerungen will er erst nach gründlicher Bewertung ziehen. CDU-Fraktionsvizechef Adolf Weiland will prüfen lassen, ob es sich bei dem Konzept um einen Täuschungsversuch gehandelt habe vor der Landtagswahl 2011. Der Bericht bedürfe gründlicher parlamentarischer Aufarbeitung.

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