Rhein-Pfalz Kreis Putzig und total verschnarcht

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Die Haselmaus steht so gar nicht gerne im Mittelpunkt – Sie lebt sehr versteckt und schläft am liebsten

Ludwigshafen

. Voll zum Verlieben ist die Haselmaus, dieses daumengroße, putzige Geschöpf. Allein schon wegen der schwarzen Kulleräuglein. Oder dem Stupsnäschen. Oder den kleinen Pfötchen ... Aber das Fellknäuel ist keineswegs zum Wildtier des Jahres gewählt worden, weil ihr Anblick enthusiastische Entzückungsrufe auslöst, sondern weil die Maus gar keine Maus ist. Kein Witz – da beißt die Maus keinen Faden ab. Wieder so ein Tier, das kaum jemand zu Gesicht bekommt. Haselmäuse sind klein, leise, nachtaktiv und sie verstecken sich gut. Gleich vier Faktoren, die es Menschen beinahe unmöglich machen, sie in der Natur zu entdecken. „Obwohl ich seit 30 Jahren fast täglich im Wald bin, habe ich noch keine fünf Haselmäuse gesehen“, sagt Bildungsförster Volker Westermann vom Forstamt Pfälzer Rheinauen. Der fünfte Faktor, warum die Tierchen selten zu sehen sind, ist: Ihr Bestand ist bedroht. Und weil sie klammheimlich leben, merkt eben auch keiner, dass sie verschwinden. Also will die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild mit der Auszeichnung „Tier des Jahres“ auf die Maus, die keine Maus ist, aufmerksam machen: den Kletterkünstler im Strauchdickicht. Ob kleinste Zweige oder glatte Baumstämme – eine Haselmaus kann sie erklimmen. Sie braucht denn auch Vielfalt um sich rum. „Strukturreiche Wälder nennen wir Förster das“, sagt Westermann. „Monotone Landschaften können sie nicht ernähren, sie braucht Knospen, Blütenpollen, Beeren, Nüsse, aber auch Insekten werden verputzt.“ Eine Lieblingsspeise ist die Haselnuss, die der Maus, die – richtig – gar keine Maus ist, den Namen gibt. Die Haselmaus erinnert in ihrer Form und Größe an eine „echte“ Maus, ist aber der kleinste Vertreter europäischer Bilche. Damit ist sie mit dem Siebenschläfer verwandt. Bei ihm steckt auch im Namen, was er und seine kleine Verwandte lieben: ausgiebig pofen. Das geht den ganzen Winter so. Da können wir heute noch lange zwischen Sträuchern und Ranken stöbern, wir werden den kleinen Nager nicht entdecken, der ist erst wieder im April aktiv – also zumindest nachts. Denn die Haselmaus verschläft nicht nur die kalte Jahreszeit, sondern auch fast jeden Tag. Sie liegt in einem faustgroßen Nest aus Laub und Gras, das sie geschickt zwischen dünne Zweige ins Brombeerdickicht oder in Baumhöhlen baut. Die Kobel mit einer Eingangsöffnung ähneln dem Nest des Zaunkönigs. Besonders kuschelig: In der Mitte der Schlafhöhle befindet sich eine eng gewobene, wärmende Kammer. „Gerne nutzen die putzigen Tierchen für ihren Nestbau auch Nistkästen für Vögel“, erklärt der Bildungsförster. Und was hat es nun mit dem geschickten Kletterer auf sich? Bislang ging’s hier ja nur ums Kuschelmäuschen ... „Nur nicht neidisch werden“, sagt Westermann und lacht. Dann erzählt er uns, dass Haselmäuse eben nachts unterwegs sind und dann auch viel klettern. Sie verfügen über eine Fähigkeit, die nur wenigen Tieren und dem Menschen vorbehalten ist: Sie können einzelne Finger einander gegenüberstellen und diese auch krümmen. Damit sind sie in der Lage, fest zuzupacken. Auch an den Hinterpfoten können Haselmäuse jeweils die erste Zehe einer anderen Zehe gegenüberstellen. Wird die letzte Zehe zudem im rechten Winkel abgespreizt, schaffen es die Haselmäuse, auch die glattesten Baumstämme zu erklimmen. Dass die Vorderpfoten etwa um 30 Grad nach außen gerichtet sind, unterstützt die Fähigkeit zum absolut sicheren Greifen und Klettern noch zusätzlich. Balance halten die Tiere mit ihrem Schwanz – „ganz ähnlich wie Eichhörnchen“, meint der Forstexperte. Der ist deshalb auch – anders als bei Mäusen – dicht behaart und gut sechs Zentimeter lang. „Also so lang wie Haselmäuse groß sind. Wenn sie bei Kälte in den Energiesparmodus fallen, ziehen sie ihn sich bis über den Kopf wie wir die Bettdecke.“ Da haben wir’s. Schon wieder geht es ums Schlafen. Wir fallen bei Temperaturen unter Null auch gleich in den Energiesparmodus und wünschen uns ein warmes Kugelnest. Wenngleich das zumindest einer Maus auch schon zum Verhängnis geworden ist. Denn bei einer Exkursion mit der Rucksackschule haben Kinder so einen Ballen aus Ästen zu Westermann getragen und wollten wissen, was das ist. „Die Kugel muss sich gelöst haben und auf den Weg gerollt sein. Noch während ich das Gebilde inspiziere, kommt ein verschlafenes Mäuschen raus, erschrickt und läuft weg. Wenn es danach kein warmes Nest mehr gefunden hat – oh weh ...“ Pssst, dann wollen wir mal nicht weiter stören. Wir stehen immer noch vor der perfekten Haselmaus-Heimat: Ein artenreiches Strauchdickicht am Waldesrand. Doch erst wenn hier Wildkirsche, Brombeere und Elsbeere wieder Blätter tragen, sollten die possierlichen Tierchen mit einem langgezogenen „Ziiip“ aus ihrem Winterschlaf aufwachen.

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