Pirmasens „Pflegenoten sagen nichts aus“

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Das Notensystem für Pflegeheime ist in Verruf gekommen und soll abgeschafft werden. Auch schlechte Häuser bekamen gute Noten. Mängel in der Pflege beispielsweise können mit einer gut lesbaren Speisekarte ausgeglichen werden. Was sagen Pflegeheime und Pflegekassen?

Um es vorweg zu nehmen: Alle befragten Pflegeheime fanden es gut, dass die Schulnoten für Pflegeheime abgeschafft werden sollen, da sie wenig aussagekräftig sind. Gleichzeitig sind aber auch alle gespannt, was nun kommt. „Wenn alle 1,0 oder 1,2 haben, kann man nicht unterscheiden, welches ist gut oder weniger gut. Das Problem ist: Wie kommen die Noten zustande?“, bringt es Martin Wustrau, Heimleiter von Pro Seniore am Exerzierplatz, auf den Punkt. Die Prüfer vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) kämen einmal im Jahr unangemeldet und schauten sich pro Bewohner eine dreiviertel Stunde lang nur die Dokumentation an, bei einer Gesamtprüfzeit von einer Stunde pro Bewohner. „Pflege ist aber eine Dienstleistung. Die Prüfer können nicht wissen, wie die Mitarbeiter arbeiten“, legt er den Finger in die Wunde. Wustrau fände es daher besser, wenn ein Mitarbeiter des MDK unangemeldet die Mitarbeiter des Pflegeheimes eine Woche lang begleiten würde, „um zu sehen, wie wir arbeiten. Dann kann er sagen, was gut läuft und was nicht.“ Christiane Bauer, Heimleiterin beim ASB-Seniorenzentrum in der Steinstraße, merkt an, dass es nach einer Prüfung durch den MDK eine Mängelliste gebe, die abgearbeitet werden müsse, die sei aber für den Verbraucher nicht sichtbar. Auch beruhten die Noten nur auf Stichproben von neun Bewohnern, drei aus jeder Pflegestufe. Es komme dann darauf an, ob etwaige Problemfälle zufällig erwischt würden. Als Verbraucher solle man sich einen persönlichen Eindruck von der Einrichtung machen, von der Atmosphäre, vom Geruch, und schauen, wie die Leute dahocken, ist ihre Empfehlung. Auch Christoph Prost, Heimleiter des Caritas-Altenzentrums St. Anton, empfiehlt, sich vor Ort ein persönliches Bild von einer Einrichtung zu machen: Wie ist der bauliche Zustand? Wie wird mit Dementen umgegangen? Es sei wichtig, persönliche Empfehlungen einzuholen. Aber er sagt auch: „Wir brauchen ein Bewertungssystem als Entscheidungshilfe für die Kunden. Ein System, in dem gravierende Mängel deutlich gemacht werden, etwa wenn es Probleme im Umgang mit Medikamenten gibt. Es ist eine Gewichtung nötig.“ Der Heimleiter der Seniorenanlage Haus Gräfenstein in Rodalben, Oliver Milse, meint: „Transparenz herüberzubringen ist schwer. Wie soll man einen Bericht von 139 Seiten kurzfassen?“ Martina Sand, Heimleiterin des Hauses Bethanien, begrüßt, dass es ein neues System geben wird. Sie hofft auf aussagekräftige Kriterien, und dass man sich das Ergebnis beim Bewohner anschaut. Sie findet es gut, dass bei dem vom Pflegebeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, geplanten Pflegequalitätsausschuss auch die Verbände der Pflegebetroffenen eine Stimme bei der Aufstellung der Kriterien haben sollen. Gleichzeitig hofft sie aber, dass das Ganze nicht zu sehr institutionalisiert wird und nicht zu viel Pflegebeiträge kostet. Auch die DAK Rheinland-Pfalz gesteht ein: „Die bisherigen Noten haben ihren eigentlichen Zweck grob verfehlt. Das System muss komplett überarbeitet werden.“ Es müsse transparent sein, wo Qualität in der Pflege stattfindet, so Pressesprecher Claus Uebel gegenüber der RHEINPFALZ. Er wünscht sich eine Benotung, die sich rein auf das Pflegerische stützt. Für die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland sind die Pläne der Bundesregierung „nachvollziehbar“. „Denn ein Benotungssystem, das hauptsächlich die Schulnote eins vergibt, wird der Funktion als Orientierungshilfe nicht gerecht“, so Pressereferent Jan Rößler. Nötig sei ein Verknüpfungsmodell, das die Ergebnisqualität der Pflege misst und verständlich abbildet. Flächendeckende Qualitätsprüfungen durch den MDK will er erhalten sehen, jedoch sollten verbindliche Aussagen zur Pflegequalität gemacht werden. In der Übergangszeit bis zu einem Neustart sollten die bisherigen Informationen weiterhin verfügbar bleiben und aktualisiert werden, sagt Rößler. (arck)

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