Landau OB Thomas Hirsch will Stadt zu einer Marke machen

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Herr Hirsch, machen wir ein kleines Quiz. Ich nenne ein Schlagwort, Sie ergänzen den Stadtnamen. Quadratestadt – Tor zur Welt – Messestadt und Bierkulturstadt.

Mannheim, Hamburg, München und noch mal München. Okay, aber eigentlich hatte ich bei der Messe an Leipzig und beim Bier an Bamberg oder Kulmbach gedacht. Wie schafft man es, dass eine Marke eindeutig wird? Die Frage würde ich anders formulieren: Was muss eine Stadt ins Schaufenster stellen, um eindeutig als Marke wahrgenommen zu werden. Der Versuch, die Stadt in breiter Vielfalt darzustellen und für jeden etwas zu bieten, ist aller Ehren wert. Aber ein Standortprofil im Wettbewerb der Kommunen und Regionen muss anders aussehen. Was bewerbe ich, um attraktiv zu sein und Aufmerksamkeit zu wecken? Nehmen Sie Hamburg: Wenn die Stadt als Tor zur Welt beworben wird und ihre Bürger das leben, hat sie ein Alleinstellungsmerkmal. Das muss natürlich authentisch sein und das Lebensgefühl der Menschen abbilden, denn es geht nicht nur um die Außendarstellung, sondern auch darum, nach innen zu wirken. Dann frage ich jetzt einmal anders herum. Was fällt Ihnen zu Zuffenhausen ein? Ein wichtiger Automobilstandort. Berlin? Bundeshauptstadt Ich denke inzwischen eher an Pannenflughafen. Das ist wahrscheinlich der journalistische Blick. Speyer? Der Dom. Und Neustadt? Wein. Sie arbeiten seit Ende 2014 am Thema Stadt als Marke. Was erhoffen Sie sich davon? Insgesamt wird in Landau schon seit über zehn Jahren im Stadtmarketing daran gearbeitet, und es gab auch schon viele gute Ansätze. Aber meines Erachtens brauchen wir für die Zukunft einen roten Faden. Zurzeit entwickelt sich eine neue Generation des Stadtmarketings, die auf Markenbildung setzt. Wenn alle auf Vielfalt setzen, kommt am Ende nur Einheitsbrei raus. Deswegen geht es um stärkere Profilierung der jeweiligen Standorte. Eine Marke soll Lust auf die Stadt machen. Es gilt, wesentliche Merkmale des Profils herauszuarbeiten. In unseren schnelllebigen Zeiten braucht man solche Unterscheidungshilfen. Tempo, Maggi oder Uhu sind Marken, die fast jeder kennt. Alle drei sagen per se gar nichts aus über das jeweilige Produkt. Kann man daraus nicht schließen, dass erst die Qualität stimmen muss und sich die Marke dann von selbst herausbildet? Wir werden am 5. Juli von Professor Zenker hören, wie er den Sinn einer Marke erklärt. Etwas zu bewerben, das man nicht einhalten kann, wird keinen Erfolg haben. Anderseits nützt es nichts, etwas Gutes zu haben, ohne dass andere davon wissen. Beides muss zusammenpassen und herausgearbeitet werden, um eine starke und funktionierende Marke zu bekommen. Sie haben sich über das Thema ja auch mit Schwäbisch-Hall ausgetauscht. Die betonen etwas ganz Kompliziertes, mir fällt aber immer nur Bausparkasse ein. Wie schafft man es, dass sich eine Marke in den Köpfen festsetzt? Ja, Schwäbisch-Hall war von der Bausparkasse geprägt, auch wirtschaftlich und finanziell. Aber dann gab es Umstrukturierungen in der Welt der Banken und der Bausparkassen. Deshalb muss sich die Stadt neu aufstellen. Dabei muss man über den Tellerrand hinausschauen. Anderes Beispiel: Bei München denke ich immer zuerst an Oktoberfest. Ist eine solche Verengung ein Problem? Ein Stück weit schon, aber unseren Prozess wollen wir ja auch nicht auf nur ein Schlagwort verengen. Wir haben in einer Umfrage über 90 Gegebenheiten abgefragt, von der Ringstraßenarchitektur bis zur Weinlandschaft. Das müssen wir jetzt zu Gruppen verdichten. Dabei werden wohl neun oder zehn Bausteine rauskommen. Da das erwähnte Schaufenster begrenzt ist, können aber nicht alle Bausteine im Schaufenster aufgetürmt werden. Vielmehr gilt es diejenigen herauszustellen, die für Landaus Attraktivität besondere Bedeutung haben. Mir fallen zu Landau viele Schlagworte ein, die jeweils für sich allein genommen wenig aussagekräftig oder sogar ziemlich abgenudelt sind, zum Beispiel Uni, Festung, Wein, Schwarmstadt, Lebensqualität, freundliche Menschen, Saumagen oder Gartenschau. Was sagen Sie? Ich werde hier kein persönliches Votum abgeben, es soll ja nicht heißen, ich hätte das Ergebnis vorweggenommen. Nur so viel: Bei den bisherigen Umfrage-Ergebnissen, die ich gesehen habe, ist die eine oder andere Überraschung dabei. Wie wird denn aus der Fülle der Möglichkeiten eine Marke? Das Ergebnis unserer Umfrage bietet eine wichtige Grundlage. Wir hatten einen Workshop mit zwei Gruppen, mit Experten und mit Bürgern, um zu klären, was abgefragt werden muss. Daraus ist ein Online-Fragebogen entstanden, auf den es 1500 Rückmeldungen gegeben hat, 1050 von Landauern und 450 von Menschen aus der Region. Das ist ein sehr guter Wert, wir hatten uns mindestens je 300 Rückmeldungen vorgenommen. Nun gilt es, auf Basis der Rückmeldungen zu diskutieren, was Landau als attraktive Marke auflädt und woran wir künftig unsere Werbung ausrichten wollen. Wie gesagt: Vielfalt ist gut, aber nicht in voller Breite zu bespielen. Wer entscheidet am Ende über das Leitbild – der Rat oder die Bürger? Am Ende ist es Aufgabe des Rates, die Strukturen zu verabschieden und Mittel bereitzustellen, um das Schaufenster zu gestalten - der Weg dahin ist ein Beteiligungsprozess, wie auch die breitangelegte Umfrage zeigt. Man kann keine solche Entscheidung treffen, die nicht breit mitgetragen wird. Das Bild, das wir nach außen tragen, muss authentisch sein. Muss man eine solche Marke eigentlich beim Patent- und Markenamt schützen lassen? Nein, es geht ja nicht um einen Slogan. Es geht um Dinge, die Landau attraktiv machen, die wir leben und zu denen wir Geschichten erzählen können. Wir erfinden uns nicht neu, sondern wir präsentieren, was wir sind und haben. Darauf braucht es kein Patent! Wie lange hält eine Marke? Bilder wie „Perle der Südpfalz“ könnte ja heute niemand mehr hören. Nochmals: Eine Marke ist mehr als ein Slogan oder Claim, wie man heute neudeutsch sagt. Es geht um Image und darum, ein Bild zu zeichnen, wie sich Landau versteht. Nur Schlagworte wie Südpfalz-Metropole, Metropole der Grenzregion oder auch Gartenstadt – das wäre alles zu kurz gesprungen. Was kostet ein Markenbildungsprozess, und spielt die Marke das Geld am Ende wieder rein? Was wir beauftragt haben, kostet rund 60.000 Euro, die teils von der Stadt und teils von Unternehmen kommen. Man sagt ja schmunzelnd, Werbung kostet viel Geld und die Hälfte verpufft. Das Dumme ist nur, dass man nicht weiß, welche Hälfte. Nein, im Ernst: Wir sind noch lange nicht bei einem Werbeetat, wir sind noch bei der Grundlagenermittlung. In Zeiten knapper Mittel gilt es, gut zu planen, mit dem Ziel Stärken zu stärken und damit das Ganze nach vorne zu bringen. Dazu trägt die Marke bei. Sie sagen, dass sich Unternehmen finanziell beteiligt haben. Waren das die städtischen Gesellschaften? Nein, nicht nur. Da ist das kleine mittelständische Unternehmen mit 500 Euro ebenso dabei wie größere mit höheren Summen. Warum engagieren die sich? Weil es für sie wichtig ist, die Attraktivität des Standorts zu halten und darzustellen. Das ist zum Beispiel wichtig für die Kundenfrequenz, aber auch, um Fachkräfte zu gewinnen. Da kommt es drauf an, ob man gut von einem Standort spricht. Auch die Geschäftsadresse ist wichtig für das Image eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang: Bei unserer Umfrage haben 54 Prozent das Thema bezahlbarer Wohnraum als wichtiges Zukunftsthema genannt. Das ist auch eine Botschaft! ... für die Initiative „Landau baut Zukunft“? Ja. | Fragen: Sebastian Böckmann

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