Neustadt Neustadt: Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer im Interview

Neustadts Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer spricht über schöne und schwere Momente und sein Verhältnis zum OB.

Interview: Heute werden es 20 Jahre, dass Ingo Röthlingshöfer sein Amt als Bürgermeister von Neustadt angetreten hat. Das feiert er am Donnerstag mit Wegbegleitern, die zum Teil zu Freunden wurden, im Herrenhof. Wir sprachen mit dem CDU-Mann über schöne und schwere Momente, sein Verhältnis zum OB und über Haare. Herr Röthlingshöfer, was ist denn das Besondere daran, als Bürgermeister 20. Dienstjubiläum zu feiern? Schließlich hängt die Qualität der Arbeit nicht allein davon ab, wie lange jemand im Amt ist. Natürlich ist Qualität nicht eine Frage von Jahren. Aber in meinem Beruf arbeite ich mitten im Leben und sehe mich Jahr für Jahr mit gesellschaftlichen Herausforderungen direkt konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. Da ist so ein Jubiläum ein Punkt, an dem ich innehalte und zurückblicke. Blicken Sie gern zurück? Klar, da hat sich viel ereignet und wir haben noch mehr bewegt. Mit wunderbaren Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, aber auch mit einem Umfeld, das ich vielleicht etwas altmodisch als „gewogen“ bezeichnen möchte. Das heißt nicht, dass es nie Auseinandersetzungen gegeben hat. Ich mag es, wenn Menschen sich engagieren und sich für ihre Sache einsetzen. Denn Bürgermeister-Arbeit ist am Ende immer Team-Arbeit. Trotzdem wollten Sie bereits 2002, im damals fünften Amtsjahr, Oberbürgermeister werden. Warum? Die CDU suchte gegen den damaligen SPD-OB Jürgen Weiler einen Kandidaten, und da bot sich das an. Mit meiner Erfahrung heute bin ich teilweise sogar froh, dass es nicht so schnell geklappt hat. Damals war ich vielleicht noch ein wenig grün hinter den Ohren. Das bin ich auf keinen Fall mehr. Gescheitert ist Ihre Nominierung daran, dass es CDU-intern Konkurrenz gab. Was folgte, waren bislang knapp 15,5 gemeinsame Jahre mit Parteifreund Hans Georg Löffler. Wie würden Sie diese in wenigen Sätzen zusammenfassen? Hans-Georg Löffler und ich sind zwei völlig unterschiedliche Typen, und das ist sicherlich eine wechselseitige Herausforderung. Was ich aber zu schätzen gelernt habe, ist der Handlungsspielraum in meinen Handlungsfeldern, den er mir bis heute eingeräumt hat. Die Eigenständigkeit, die jeder Dezernent für seinen Aufgabenbereich bei ihm hat, gibt es selten in anderen Verwaltungen. Außerdem finde ich gut: Wir tragen Probleme nicht in der Öffentlichkeit aus. Und es gibt seit Urzeiten eine kleine Runde, bei der in angenehmer Umgebung bei Essen und Trinken schon so manches auf den Tisch gekommen ist. Das hat natürlich auch mal dazu geführt, dass so ein Treffen deutlich bis in den nächsten Tag hinein angedauert hat. Ist Ihre jetzige OB-Kandidatur eine späte Wiedergutmachung? Dafür scheint die CDU 2014 ja den Bruch der Koalition mit den Freien Wählern in Kauf genommen zu haben. Für Wiedergutmachung gibt es keinen Grund. Ebenso wenig, wie es 2014 einen Koalitionsbruch gab. FWG und CDU sind damals bewusst ohne Koalitionsaussage in die Stadtratswahl gegangen. Jede andere Darstellung dient der medialen Inszenierung. Als Bürgermeister wurden Sie immerhin dreimal wiedergewählt. Ein Automatismus, da die CDU stets in der Regierung saß oder ist es nicht so einfach zu beschreiben? Ich habe das Verhältnis zu den anderen Parteien im Neustadter Stadtrat immer als gut, stellenweise sogar als freundschaftlich empfunden. Spannung gibt es überall, wo Menschen zusammenkommen. Aber letztendlich geht es um die Sache und um das Wohl Neustadts. Und in meinem privaten Umfeld spielen politische Positionen schon lange keine Rolle mehr, was so manchen Beobachter ab und an erkennbar irritiert. Aber für mich zählt zuerst der Mensch. Viele politische Beamte kommen heutzutage direkt aus der Verwaltung in eine Führungsposition. Gut oder schlecht? Die CDU in Neustadt hat ja auch schon erklärt, Stadtkämmerer Ulrich soll Bürgermeister werden, wenn Sie die OB-Wahl im September gewinnen sollten … Es gibt in der Tat zwei entgegengesetzte Linien: Die einen setzen auf Erfahrung, die Vertrauen und Zuverlässigkeit schafft. Und die anderen setzen auf Innovation und Überraschung für die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl, am liebsten mit einem auswärtigen Kandidaten. Wenn ich mir zum Beispiel anschaue, was wir an neuen Aktionen allein im Kulturbereich innerhalb von nur zwei Jahren auf die Beine gestellt haben, sehe ich mich gut positioniert. Konnten Sie sich Ihre Dezernate stets aussuchen? Soziales, Schulen, Kultur? Was würde Sie mal besonders reizen, auch losgelöst von Neustadt? Und dann gibt es noch Jugend, Familie und Senioren, Flüchtlinge sowie Wohnen. Es gab Volkshochschule, Integration und Tourismus. Ich habe in Neustadt schon viele Felder beackert und kenne mich aus. Innere Sicherheit wäre für mich, egal in welcher Form, ein Herzensthema, ebenso wie der Baubereich in der Verwaltung in Neustadt. Und losgelöst von der Stadt würde ich gern meine Dozententätigkeit weiter ausbauen. In zwei Jahrzehnten dürfte es ungezählte öffentliche Auftritte gegeben haben. Erinnern Sie sich an den peinlichsten und an den schönsten? Peinlich: Na ja, bei einer Veranstaltung der Weinbruderschaft mehrmals „Meine Damen und Herren“ zu formulieren, obwohl nur Männer im Saalbau sitzen. Schön: Den Klemmhof-Mietern die Nachricht zu überbringen, dass sie wieder in ihre Wohnungen zurück können, aus denen sie zuvor evakuiert wurden. Und wo wir gerade dabei sind: die einfachste und die schwerste Aufgabe bislang? Ich bleibe nur beim schwersten Teil: Das war die menschliche Bewältigung der Klemmhof-Krise mit schlaflosen Nächten und tief verzweifelten, existenzbedrohten Bewohnern. Haben Sie jemals versucht, auch Ihre Frisur in den Griff zu bekommen? Und wieso fiel die Entscheidung für einen Bart? Meine Haare: Ganz schwierig. Und seitdem ich so viel Fahrrad fahre, hinterlässt der zwingend notwendige Helm immer wieder deutliche Spuren. Und der Bart – ich lese morgens in der Früh schon die RHEINPFALZ. Dann sind im Bad die Gedanken oftmals woanders als bei einer spurenfreien Rasur. Der Bart bleibt auch künftig dran. Der Blick nach vorn: Werden Sie auch Ihr 25. Dienstjubiläum feiern? Erst mal feiere ich morgen im Herrenhof mein 20. Und ansonsten gibt’s in der Pfalz immer einen Grund zum Feiern. Warten wir es ab.

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