Neustadt „Neustadt bei Sturm Egon mit blauem Auge davon gekommen“

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Meinung am Montag: Das Sturmtief „Egon“ hat in der Stadt weniger Schäden angerichtet als in anderen Teilen Deutschlands.

Herr Bramenkamp, Sie haben sich inzwischen ein Bild gemacht von den Schäden, die der Sturm Egon angerichtet hat. Wie sieht es aus im Wald?

Nach den ersten Eindrücken, die wir Revierleiter gesammelt haben, sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen. Der Sturm hat natürlich zugeschlagen, oben am Weinbiet mit bis zu 150 Kilometer pro Stunde. Das halten viele Bäume nicht aus. Es gibt aber auch Baumarten, die solchen Sturmstärken widerstehen können. Wir haben Glück hier in Neustadt, weil wir auf den Höhen hauptsächlich Kiefern haben. Die Kiefer wurzelt sehr tief und ist damit recht gut verankert. Können Sie den Schaden beziffern? Ich schätze, dass wir weniger als 100 Festmeter Schadholz haben. Dabei handelt es sich meist um Einzelwürfe, ganze Kahlflächen sind wohl nicht entstanden. Nach dem Sturm war unter anderem zu lesen, der Zustand des Waldes habe sich in den vergangenen zehn Jahren verbessert. Können Sie das für Neustadt bestätigen? Zehn Jahre sind für den Wald ein relativ kurzer Zeitraum. Wir Förster bemühen uns um einen stabilen Waldaufbau. Wir schauen, dass wir Baumarten fördern, die Krankheiten, Sturm und Trockenheit besser gewachsen sind. Das sind bei uns vor allem die Laubhölzer, aber auch die Lärche und die Douglasie wird gefördert. Dadurch wird der Wald stabiler, gesünder und artenreicher. Welche Bäume sind denn besonders schlecht geeignet? Die Fichte gehört ganz klar zu den Verlierern bei uns im Pfälzerwald, weil es recht trocken ist, die Böden häufig felsig und nährstoffarm sind. Sie wird weiter an Flächenanteilen verlieren, das ist ganz klar. Zugunsten von Laubbäumen? Genau. Zum Beispiel von Buchen und Eichen, aber wir experimentieren auch ein bisschen. Wir pflanzen auch mal andere Baumarten, zum Beispiel die Robinie, die Kirsche oder den Baumhasel. Auch klassische Wildobstarten, die zwar langsam wachsen, bei uns aber vermutlich wegen des Klimawandels eine bessere Zukunft haben. Klimawandel ist ein guter Stichpunkt. Was bedeutet das für den Wald genau? Die Zusammensetzung der Baumarten wird sich auch bei uns im Pfälzerwald ändern. Die Fichte kann, wie gesagt, Wetter-Extremen schlecht trotzen. Sie braucht viel Feuchtigkeit. Es gibt viele Borkenkäferarten, die sich auf die Fichte spezialisiert haben. Jetzt ist es im Moment ja ziemlich frostig. Das ist doch schlecht für die Schädlinge, oder? So leicht, wie viele Menschen glauben, sterben Schadeninsekten bei Frost nicht. Sie haben so eine Art Glycerin in ihrer Lymphflüssigkeit, das wirkt wie ein Frostschutzmittel. Es muss schon längere Zeit deutlich unter Null Grad sein, bis das nicht mehr funktioniert. Schadinsekten kriegen aber schnell Probleme, wenn sich durch viel Feuchtigkeit im Frühjahr Pilze bilden, die Eier und Larven befallen. Dann überleben die das Frühjahr nicht. Und wie groß ist die Chance, dass das passiert? Die Wetterdaten der vergangenen zehn, 20 Jahre zeigen, dass wir immer weniger Niederschläge haben. Das langjährige, jährliche Mittel von rund 650 Millimeter wurde in den letzten Jahren in Neustadt nicht mehr erreicht. Dann ist die zunehmende Trockenheit die größte Gefahr ? Ja. Kollegen von mir in der Südpfalz haben eine Leitung im Boden verlegt und festgestellt, dass der Boden nur 30 Zentimeter tief feucht und darunter staubtrocken war. Da war von Regen oder Schnee nichts angekommen |Interview: Kathrin Keller

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