Kusel Letzter Wille nur ein frommer Wunsch

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Was Bürger ärgert: Wenn ein Ehepaar ein Leben lang zusammen war, möchte es oft auch im Tod vereint sein. Doch Doppelgräber sind selten geworden. Die Alternative, das Einbetten einer Urne in ein bestehendes Grab, wird daher immer häufiger. Das wünschte auch Martina Neu-Slominski aus Pfeffelbach für ihre Eltern. Der Gemeinderat aber stellte sich stur.

PFEFFELBACH. Gut zwei Jahre liegen zwischen dem Tod ihres Vaters Ewald Neu und ihrer Mutter, die an Weihnachten starb. „Ihren letzten Wunsch konnte ich nicht mehr erfüllen“, schildert Martina Neu-Slominski der RHEINPFALZ. In das Erdgrab des Vaters wollte sie die Asche der Mutter beisetzen. Nach ihrem Antrag sei der Gemeinderat allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass es besser sei, wenn alles so bleibe wie es ist, zitiert Neu-Slominski die für sie so verletzende Absage. Sie moniert die „eiserne Haltung“ und eine Friedhofsordnung, die „in Stein gemeißelt“ scheint. Für Pfeffelbachs evangelischen Pfarrer, Günter Lötzbeyer, ist das Bedürfnis der Hinterbliebenen nachvollziehbar: „Wenn zu Lebzeiten der Wunsch geäußert wurde, plagt die Angehörigen oft ihr Gewissen, wenn sie diesen nicht erfüllen können.“ In der Bestattungskultur sei heute so viel möglich: anonym, Rasengrab, Urne – „nur in diesem Punkt sind viele Gemeinden stur“, wundert sich der Theologe, der schon an Ratssitzungen zu diesem Thema teilgenommen hatte. Dabei scheitere es in den Dörfern ja eher nicht am Platz, weiß er. Lötzbeyer vermutet vielmehr unterschiedlich ablaufende Ruhezeiten als Grund. Damit verbunden ist, dass die Grabfelder nicht mehr der Reihe nach abgeräumt werden können – eine Erschwernis für Friedhofsarbeiter. „Es tut weh, wenn ich das Grab meiner Mutter sehe, das ganz isoliert auf der Urnenfläche liegt“, sagt Neu-Slominski. Andere Gemeinden würden die Praxis des Hinzulegens erlauben. Wenn es schon bei ihren Eltern nicht geklappt hat, wünscht sie sich wenigstens für die Zukunft, dass flexibler auf Wünsche der Hinterbliebenen reagiert werde. Denn ein einziges Grab bedeute für diese auch weniger Kosten und Aufwand. Alle Friedhöfe der Verbandsgemeinde Kusel schreiben nach Angaben der Verwaltung rote Zahlen. Das Ziel scheint daher: Je mehr Gräber verkauft werden, desto günstiger die Bilanz. Finanzielle Gründe hätten den Wunsch der Bürgerin allerdings nicht zum Scheitern gebracht, stellt Pfeffelbachs Ortsbürgermeister Frank Aulenbacher klar. „Wir würden sogar besser fahren, wenn ein Grab doppelt belegt wäre, anstatt ständig Platz für neue Gräber vorzuhalten“, sagt er. Seit Jahrzehnten gebe es in Pfeffelbach aber nur noch Einzelgräber. In den vergangenen Jahren sei er in mehreren Fällen von Hinterbliebenen angesprochen worden, die ein Grab gemischt nutzen wollten. „Wir haben uns deshalb mehrfach damit im Ortsgemeinderat befasst.“ Nach Beratung mit der Verwaltung bestehe jedoch keine absolute Rechtssicherheit bei der Bestattung einer zweiten Leiche in einem bestehenden Grab – egal in welcher Form. „Die Satzung wäre somit in diesem Bereich nach aktueller Rechtslage anfechtbar, zumindest was die spätere Räumungsverpflichtung betrifft“, sagt Aulenbacher. Da das Thema in mehreren Sitzungen öffentlich diskutiert worden sei, stelle er sich die Frage, warum man sich nicht im Vorfeld in die Meinungsbildung einbringe? Insgesamt bemühe sich die Gemeinde, dem Willen der Verstorbenen und Hinterbliebenen entgegen zu kommen, betont er und stellt in Aussicht: „Wenn sich die Rechtsgrundlage ändert, sind wir für diese Praxis offen.“ Zwei Grundlagen gilt es zu beachten: Die gesetzliche Ruhefrist von 15 Jahren sowie die Friedhofssatzung, die in den meisten Gemeinden aber 25 oder 30 Jahre erlaubt. Dieser in der Satzung festgeschriebene Zeitraum – beispielsweise 30 Jahre – wird durch eine nachträglich hinzugelegte Urne nicht verlängert. Das hat zur Folge, dass die zweite Bestattung eine kürzere Ruhezeit haben wird, als in der Satzung festgeschrieben wurde. Die Gemeinden handelten in diesem Fall also bewusst gegen ihre eigene Satzung, sagt Büroleiter Uwe Stoll. Die Rechtssicherheit sei damit nicht gegeben – wenn es auch seines Wissens in der Verbandsgemeinde noch keine Klagen gab. In den vergangenen Jahren haben die Gemeinden Etschberg, Reichweiler, Schellweiler, Selchenbach, Theisbergstegen und Oberalben ihre Friedhofssatzungen dahingehend geändert, dass eine Urne nachträglich in ein Grab hinzukommen darf. Dort gilt also die Praxis, dass Paare zumindest für 15 Jahre noch im Tod vereint sein können. In Oberalben etwa kann eine Urne in ein bestehendes Erdgrab dazugelegt werden, wenn nicht mehr als 15 Jahre zwischen den Todeszeiten liegen, um die gesetzliche Ruhefrist einzuhalten. Die Ruhezeit des Erstverstorbenen (30 Jahre) verlängere sich durch eine Zweitbelegung nicht. „Für diese Praxis mussten wir nur die Friedhofssatzung ändern“, sagt Ortsbürgermeister Walter Dick. Er räumt ein, dass die Gemeinde nun zwar weniger verdiene: Die Zweitbelegung mit einer Urne koste nur die Hälfte der Erstbelegung. „Aber man tut den Leuten damit ja auch einen Gefallen“, weiß Dick. (suca)

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