Landau Knalleffekt hoch drei

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Wir schreiben das Jahr 1295 nach Christus. Auf dem erst 400 Jahre später erbauten Deutschen Tor in Landau liegt Schnee. Voller Optimismus macht sich Alice Rutherford ans Werk. Einen Antrieb soll sie bauen, damit dieser Schriftsteller Jules Verne um die Welt reisen kann. Zum Glück hat sie mit Georgius einen Mann im Ohr, der ihr flüstert, wie sie den Wasserstoff entzünden muss. Mit der Knallgasprobe wird der Schriftsteller zufrieden sein. Übrigens: Jules Verne ist Saarländer.

Bierernst ging es bei der Weihnachtsvorlesung der Uni Landau am Mittwoch und Donnerstag nicht gerade zu. Das sollte es auch nicht. Zum dritten Mal bereits hat der Fachbereich Chemie zur Weihnachtsvorlesung geladen und dabei wieder eine explosive Vorstellung gegeben. Noch in die letzten Winkel des Hörsaals quetschten sich Studenten, Schüler und Uni-Mitarbeiter, um das Spektakel zu sehen. Zustände, wie sie sonst nur am Semesteranfang herrschen. Bei der Knallgasprobe sollte es nicht bleiben. Mittels Aluhüten und Rucksäcken reisten Jules (gespielt vom Saarländer Jan Becker) und Alice (Alexandra Schmelzer) um die Welt. Immer im Gepäck ihr zunächst noch geisterhafter Mentor Georgius Agricola, der mit bissig-bayrischen Kommentaren gegen seine Assistentin, Botaniker, Theologen oder auch Geisteswissenschaftler nicht spart. Dass hinter der Paraderolle der Pfälzer Philip Jung steckt, merkt niemand. Während Jules, der Geisteswissenschaftler, die Weihnachtsbräuche überall auf der Welt erforscht, sucht Alice nach spannenden Experimenten, um zurück in Landau ihren Meister Georgius „George“ Agricola zu überraschen. In Russland mischt sie zwei Flüssigkeiten und erzeugt Wodka, der im Dunkeln leuchtet. Auf Hawaii lässt sie einen Vulkan ausbrechen und trifft auf die materielle Form ihres Mentors, der dort nach Steinen sucht – „die Einzigen, die mich verstehen“. Außerdem beenden die Reisenden die Bierknappheit auf Hawaii, natürlich auch streng wissenschaftlich. Auf Sri Lanka versuchen sich dann alle drei an der Herstellung von Laternen und kommen endlich in das gelobte Weihnachtsland, die USA – 600 Jahre vor deren Gründung. Dort treffen sie Santa Claus und den Coca-Cola-Schlitten. Denn Coke existiert dort bereits seit 2000 Jahren. Nur nicht für den Weihnachtsmann, weshalb Georgius und Alice ein Getränk herstellen, das Cola und Fanta zugleich sein möchte. Nach einem kleinen Umweg über Mexiko, wo sie die Zitronenbatterie erfinden, kehren sie zurück nach Landau und feiern Weihnachten – was selbst den chronischen Miesepeter Georgius am Ende verzückt. Auch Jules kommt aus dem Saarland mit Ballons angeflogen, die er zum krönenden Abschluss in drei kleine Feuerbälle verwandelt. Was die begeisterten Zuschauer nicht wissen: Es ist das letzte Weihnachten von Georgius alias Philip Jung und Alice alias Alexandra Schmelzer. Denn die beiden Laienschauspieler nähern sich dem Ende ihres Studiums. Doch die Planungen für die nächste Weihnachtsvorlesung laufen bereits: „So viel darf man verraten: Die Reise wird mit Jules Verne weitergehen“, so Jan Becker, Aushilfs-Geisteswissenschaftler und Chemiestudent im sechsten Semester, der zum ersten Mal in einer Hauptrolle bei der Weihnachtsvorlesung mitwirkte. (seak)

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