Speyer In Speyer werden Lebensmittel auf Radioaktivität geprüft

Am Dienstag vor 30 Jahren ist bei Tschernobyl ein Atomreaktor bei vollem Betrieb explodiert. Der bis dahin kaum für möglich gehaltene größte anzunehmende Unfall (GAU) war doch passiert. Die lebensbedrohlichen Folgen sind noch nicht beseitigt.

„Die Folgen dieser Katastrophe beschäftigen auch unsere Lebensmittelüberwachung bis zum heutigen Tag“, ließ der rheinland-pfälzische Verbraucherschutzminister Gerhard Robbers (SPD) am Dienstag in einer Pressemitteilung anlässlich des 30. Jahrestages der Tschernobylkatastrophe mitteilen. Und in der Tat sind die Folgen von Tschernobyl noch heute in Deutschland zu spüren. 1907 Proben von in Rheinland-Pfalz erlegten Wildschweinen hat das Institut für Lebensmittelchemie am Landesuntersuchungsamt in Speyer im Jahr 2015 untersucht, so Stellvertretende Institutsleiterin Gisela Ruhnke. Bei 113 davon wurde eine radioaktive Belastung festgestellt, die den Grenzwert überschritt. Der höchste gemessene Wert lag bei 4651 Becquerel pro Kilogramm. Ab 600 Becquerel pro Kilogramm darf ein Nahrungsmittel nicht mehr zum Verzehr zugelassen werden. Becquerel ist die international gültige Einheit, in der die Aktivität einer Menge einer radioaktiven Substanz gemessen wird. In Speyer werden nicht nur eigene Messungen gemacht und Proben erlegter Schweine ausgewertet. Auch Fleisch im Verkauf wird stichprobenartig untersucht, so Ruhnke. Ebenso werden hier alle landesweiten Messergebnisse gesammelt. In Rheinland-Pfalz gibt es insgesamt acht Stellen, die Wildschweinfleisch auf radioaktive Belastung testen. Sieben davon sind im Pfälzerwald und eine im Hochwald zu finden, Diese Regionen waren von der Katastrophe besonders betroffen. Gefährlich ist in Deutschland vor allem das radioaktive Isotop Caesium 137, das sich nach Tschernobyl im Boden abgelagert hat. Mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren hat sich seit der Katastrophe erst die Hälfte des freigesetzten Materials abgebaut. In weiteren 30 Jahren wird noch ein Viertel der ursprünglichen Menge vorhanden sein. Aber nicht nur Wildschweine, sondern alle Lebensmittel werden in Speyer auf Radioaktivität getestet. Wildpilze etwa, die ihre Nahrung aus saurem Boden ziehen, können mit Caesium 137 verseucht sein. Hier wurde jedoch im vorigen Jahr kein Fall einer Grenzwertüberschreitung festgestellt, so Ruhnke. „Allerdings haben wir da auch wenige Proben, da wir wenig bekommen“, schränkte sie ein. Pilze würden hauptsächlich von Privatpersonen zum Eigenverzehr gesammelt und da gebe es keine Pflicht, die gesammelten Pilze testen zu lassen. Wildschweine hingegen, die bejagt und wirtschaftlich verwertet werden, müssen alle getestet werden. Vor allem durch Hirschtrüffel, eine Delikatesse für die Schweine, nehmen diese Caesium 137 in ihren Körper auf. Ohne Kontrolle käme das strahlende Fleisch dann direkt beim Menschen auf den Teller. Dies zu verhindern ist Aufgabe des Speyerer Instituts für Lebensmittelchemie. Dank seiner Arbeit kann Ruhnke sagen: „Kein Fleisch im Handel ist über dem Grenzwert.“

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