Speyer „Ich wollte etwas Sinnvolles tun“

Herxheim. Andreas Gilb geht auf Tuchfühlung mit Raubkatzen, Pavianen und Nashörnern. Begleitet wurde er zeitweise von einem Filmteam der ARD, das die dritte Staffel der Vorabendserie „Das Waisenhaus für wilde Tiere“ drehte. Drei Wochen lang dauerten die Dreharbeiten im Januar 2014. Da war Gilb bereits zum dritten Mal als Volontär auf der 10.000 Hektar großen Wildtierfarm Harnas, rund dreieinhalb Autostunden von der Hauptstadt Windhoek entfernt. Freiwillige aus aller Welt kümmern sich in der „Arche Noah Namibias“ um verwaiste und verletzte Wildtiere: Von mächtigen Löwen, eleganten Geparden, frechen Pavianen bis hin zu zierlichen Erdmännchen tummeln sich viele unterschiedliche Tierarten auf der Farm. „Das ist kein Urlaub. Jeder muss überall tatkräftig mit anpacken“, blickt Gilb im Skype-Gespräch mit der RHEINPFALZ zurück. Rund 400 Tiere müssen täglich gefüttert und umsorgt werden. Das sei gar nicht so einfach, sagt Gilb, hat doch jedes Tier seinen eigenen Speiseplan. Zimperlich sein dürfe man bei der Fütterung nicht: Einen Eselskopf für die Löwen. Gedärme und Innereien für die Wildhunde. Igitt. „Ja, und das riecht auch so“, stellt Gilb fest. Neben Tätigkeiten wie Füttern, Gehege reinigen, Zäune ausbessern. Brennholz sammeln oder Wasserlöcher graben haben die Freiwilligen auf Harnas direkten Kontakt zu den (meisten) Tieren. „Da schlägt einem schon mal der Puls schneller, wenn man zum ersten Mal einem Geparden ohne schützenden Zaun gegenübersteht oder man sich in einem Rudel Paviane Respekt verschaffen muss – Bisse und Kratzer inklusive“, spricht Gilb aus Erfahrung. Wie kommt ein „Herxemer Bu“ dazu, seinen – mutmaßlich recht gut dotierten – Job als Unternehmensberater sausen zu lassen und stattdessen unter der heißen Sonne Afrikas unentgeltlich zu schuften? Irgendwie war’s Zufall, meint Andreas Gilb im Rückblick auf die vergangenen drei Jahre. Nach seinem Abitur am Landauer Otto-Hahn-Gymnasium hatte er eine Ausbildung bei der Sparkasse samt dualem Studium in Mannheim absolviert. Später wurde er Unternehmensberater für Finanzen und Rechnungswesen in Banken. „Ich war sehr stark eingespannt bei der Arbeit und merkte, ich muss eine Pause machen, es wird mir alles zu viel.“ Deshalb habe er unbezahlten Urlaub genommen. Gilb: „Während dieser Zeit wollte ich etwas Sinnvolles tun, etwas Spannendes, etwas, das den größtmöglichen Gegensatz bietet gegenüber dem, was ich normalerweise tue.“ Er durchforstete das Internet und entschied sich für mehrere Projekte. „Ich habe in Thailand mit Elefanten gearbeitet, in einer Grundschule Englisch unterrichtet.“ Dann habe er begonnen, sich für Raubkatzen-Projekte zu interessieren. Bei einem Heimaturlaub habe ihn seine Schwester auf die Fernsehserie „Waisenhaus für wilde Tiere“ aufmerksam gemacht. Im November 2012 sei er dann zum ersten Mal auf der Wildtierrettungsstation in Namibia gewesen – „ich fand das toll“. Die Freiwilligen aus aller Welt, das Leben und Arbeiten mit den Wildtieren – der Unternehmensberater hatte für sich den perfekten Ausgleich zu seiner sonstigen Tätigkeit gefunden. Seither hat ihn die Freiwilligenarbeit nicht losgelassen. Seit Juli 2014 arbeitet der 37-Jährige bei der Raubkatzen-Schutzstation „Panthera Africa“ in der Nähe von Kapstadt, Südafrika. Außerdem ist er Deutschland-Koordinator der Organisation „Walking for Lions“ die Projekte zum Schutz der bedrohten frei lebenden Löwen in Afrika durchführt. Gefragt, ob er denn überhaupt wieder in sein altes, bürgerliches Unternehmensberater-Leben zurückwolle, meint Gilb: „Ich hab meinen Job offiziell noch, habe meinen unbezahlten Urlaub noch mal um ein Jahr verlängert. Ich denke, dass ich wieder zurückkomme. Ich muss zwischendurch auch mal wieder Geld verdienen.“ Zumal sein Touristenvisum demnächst auslaufe. Doch die Sehnsucht nach Afrika und seinen Wildtieren wird bleiben.

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