Ludwigshafen Gokart motiviert Häftlinge der JVA

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Seit sechs Jahren schon besteht die Kooperation zwischen der Justizvollzugsanstalt (JVA) und der IB Medizinischen Akademie Mannheim. Jetzt hat zum ersten Mal ein Schüler ein Praktikum in der JVA absolviert. Mit großem Erfolg, das Ergebnis: ein selbstgebautes Gokart.

Treffpunkt Metallwerkstatt. Der Weg dorthin verdeutlicht, was es heißt, in einer Justizvollzugsanstalt zu sein. Überall Gitter und andere Absicherungen, schwere Türen, viel Metall. Kein sehr einladendes Ambiente. Umso mehr fällt der Kontrast im Hof vor der Metallwerkstatt auf: Da zieht ein selbstgebautes Gokart die Blicke auf sich. „Es ist wichtig, dass die Inhaftierten neue Impulse und Anreize bekommen“, wird Anstaltsleiter Michael Händel (52) etwas später in seinem Büro über seinen Ansatz sagen und damit verdeutlichen, welch große Bedeutung das Motorsport-Gefährt hat. Dass dieses Gokart dort auf dem Hof steht und Händel mit seinem Kollegen Werner Volk nun überlegen muss, was sie mit dem Modell der Marke Eigenbau künftig anstellen – wo man es ausstellen und auch mal ausprobieren kann – ist Robert Maier zu verdanken. Der 26-Jährige ist eigentlich aus Niederbayern, ist aber wegen seiner Ausbildung zum Arbeitserzieher nach Mannheim gezogen und dort zur Medizinischen Akademie gekommen. Seit 2010 kooperiert die Schule mit der Ludwigshafener JVA. Doch Maier war jetzt der Erste, der gesagt hat: Ich möchte dort ein Praktikum machen. Durchaus ein Experiment, wie auch Händel eingesteht. Im Umgang mit den Inhaftieren brauche man eben ein gewisses Einfühlungsvermögen und eine bestimmte Art der Durchsetzungsfähigkeit. Auch Maier bekennt: „Der erste Tag war schon noch komisch.“ Doch rasch war mit Händel geklärt, dass das Praktikum für ein besonderes Projekt genutzt werden soll – Stichwort neue Reize. Maiers Arbeitsplatz: die von Alexander Göppert und Claudia Frübis geleitete Metallwerkstatt. Sechs bis zwölf Inhaftierte werden hier an den Berufsalltag herangeführt, haben werktags feste Arbeitszeiten, sind von 7.30 bis 15.30 Uhr in der Werkstatt. „Sie absolvieren hier einen Grundlehrgang Metall. Lernen das Sägen, Bohren und den Umgang mit Metall. Das ist wie in einer normalen Ausbildung“, erklärt Göppert. In der Regel gibt er kleinere Aufgaben vor, die die Inhaftierten dann an den Werkbänken zu erledigen haben. Ab und zu auch mal ein Projekt: etwa ein Schwenkgrill. Aber echte Aufträge von außen gibt es nicht, es bleibt bei Übungen. Dann kommt im März Robert Maier dazu, lernt sein Umfeld rasch kennen. „Die haben alle erzählt, dass sie schon immer mal ein Gokart bauen wollten“, erinnert er sich. Maier holt sich das Okay bei der Anstaltsleitung, erstellt einen Fahrplan und findet mit Dirk Fibitz, Betreiber einer Mannheimer Kartbahn, einen aufgeschlossenen Sponsor. Fibitz hilft dem Bauteam, besorgt ihnen Ersatzteile, stattet sie mit Rädern und Zubehör aus. Dann macht sich die Metaller-Gruppe mit dem Praktikanten an die Arbeit. „Jeder wusste was und konnte was zum Projekt beitragen. Wir haben das als Team hinbekommen und konnten auch Konflikte gut untereinander klären“, sagt Maier. Er habe seine Sorgen vom ersten Tag rasch abgelegt: „Auch die Inhaftierten sind Menschen mit Talenten.“ Seine Schulleiterin Natalia Andrade und Klassenlehrer Jürgen Geier sind froh über dieses Fazit. „Es ist gut zu sehen, in wie vielen Bereichen Arbeitserzieher tätig sein können. Toll, dass Robert der Erste ist, der den Weg in eine JVA gegangen ist“, sagt Geier. Das Ergebnis spreche für sich, lobt auch Andrade das Engagement von Robert Maier. Händel bestätigt das auf seine Art: „Wir sind offen für neue Praktikanten.“ Gestern im Hof dreht auch Fibitz noch eine Runde. Sein Daumen geht danach nach oben. Das Gokart funktioniert gut, meint der Experte zufrieden. Wenig später strahlt er noch mehr: Ein Inhaftierter hat ihm als Dankeschön ein Mini-Formel-1-Auto aus Metall gestaltet. Fibitz ist begeistert, will für das Geschenk einen Ehrenplatz suchen. Das freut auch Händel. Denn der Inhaftierte verlässt bald die JVA. Dass er das Projekt und den damit verbundenen Teamgeist so verinnerlicht habe und es ihn so begeistere, „ist ein gutes Zeichen, dass er draußen klarkommt. Und das ist ja unser Ziel.“

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