Kreis Germersheim Führungszeugnis fürs Jugendcamp

Viele Vereinsverantwortliche werden sich schwer tun, von ihren Jugendbetreuern in Zukunft ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen. Es ist der Eingriff in die Privatsphäre, den sie scheuen und gleichzeitig die Angst, die Betreuer könnten sich eben wegen dieses Eingriffs aus der Jugendarbeit verabschieden. Diesen Zwiespalt versuchten zwei Informationsveranstaltungen des Kreisjugendamtes aufzulösen, schließlich gehe es dabei um den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch. Mit der Vorlage des Erweiterten Führungszeugnisses soll erreicht werden, dass einschlägig vorbestrafte Personen nicht in der Jugendarbeit tätig werden können. Hintergrund ist ein Gesetz, das seit 1. Januar 2012 in Kraft ist und allen in der Jugendhilfe hauptamtlich tätigen Personen die Vorlage dieses Führungszeugnisses vorschreibt. Und es fordert Jugendämter auf, das auf ehrenamtliche Jugendarbeit auszudehnen. Dass das nicht ganz einfach wird, machen nicht nur die Fragen der Vereinsvertreter in den Info-Veranstaltungen in Lingenfeld und Wörth klar. Volker Steinberg, Vorsitzender des Landesjugendringes Rheinland-Pfalz, sprach in Wörth von einem „schlechten Gesetz“. Nicht, dass der Schutz von Kindern schlecht wäre. Vielmehr reicht für ihn das Gesetz nicht weit genug. Der Bereich Schule beispielsweise, aber auch Kindergarten oder Krankenhaus, bleibe komplett außen vor. Vom familiären Umfeld, in dem es mit Abstand die meisten sexuell motivierten Gewalttaten gegen Kinder gibt, ganz schweigen. Dennoch, so Steinberg, müssten Vereine und Verbände jetzt das Beste daraus machen, um dem Gesetz und der Verantwortung ihren Kindern und Jugendlichen gegenüber gerecht zu werden. Deshalb hätten Verbände und Landesregierung in Rheinland-Pfalz eine einheitliche Rahmenvereinbarung geschaffen, der die Vereine beitreten sollen. „Viele übergeordnete Verbände haben die Rahmenvereinbarung bereits unterschrieben“, sagte Steinberg. Diese Rahmenvereinbarung verpflichtet die Vereine, ihre Jugendbetreuer nach einem bestimmten Kriterienkatalog unter die Lupe zu nehmen. Von Betreuern, die mit ihren Jugendlichen in Freizeiten übernachten, wenn es Einzeltraining ohne Öffentlichkeit gibt, wenn Betreuer alleine ohne Team arbeiten, sollen die Vereinsverantwortlichen ein erweitertes Führungszeugnis verlangen. Spätestens an diesem Punkt ist der Aufschrei groß. Von jedem Elternteil, das Jugendliche auf einem Ausflug oder in einer Freizeit begleitet, um zu helfen, müsste ein solches Führungszeugnis verlangt werden. Auch wenn es nur ein einmaliger Einsatz ist. „Da wird es noch schwerer, Helfer zu finden“, befürchtet der Vertreter eines Sportvereins. Andere wollen damit werben, dass sie von ihren Jugendbetreuern das Führungszeugnis verlangen. Nach dem Motto: Bei uns sind ihre Kinder in guten Händen. Allerdings weist auch Steinberg darauf hin, dass mit dem Führungszeugnis längst nicht alle Risiken ausgeschaltet sind. Nicht jeder Pädophile ist schon straffällig geworden und hat einen Eintrag im Führungszeugnis. Den Beitritt zur Rahmenvereinbarung hält Steinberg auch für den Fall hilfreich, wenn es tatsächlich zu sexuellem Missbrauch im Verein kommt. Es wird zwar nicht kontrolliert, aber die Behörde geht davon aus, dass ein beigetretener Verein seine Jugendbetreuer sorgfältig nach den Vorgaben der Rahmenvereinbarung aussucht und damit seiner Verantwortung gerecht geworden ist. Ein schlagkräftiges Argument zur Unterschrift unter die Vereinbarung liefert letztlich noch die Kreisverwaltung. Zuschüsse für Jugendfreizeiten oder Ähnliches bekommen nur noch Vereine, die der Vereinbarung beigetreten sind. An dem Punkt ist aus der ein oder anderen Ecke der Veranstaltung das Wort „Erpressung“ zu hören. Dieses Wort gefällt dem verantwortlichen Kreisbeigeordneten Dietmar Seefeldt (CDU) erwartungsgemäß nicht. „Wir sind nicht die Gesetzgeber“, stimmt er Steinbergs Kritik zu. „Aber wir alle sind in einem Boot und müssen jetzt das Beste daraus machen.“ Er verspricht, seinem Parteikollegen, Bundestagsabgeordnetem Thomas Gebhart, den dringenden Wunsch nach Nachbesserung mit auf den Weg nach Berlin zu geben. „Aber das kann dauern.“

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