Neustadt Foto-Kampagne für gutes Miteinander

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„Neustadt steht zusammen“: So lautet der Titel einer Foto-Kampagne, die am Sonntag auf dem Hambacher Schloss gestartet ist.

Viele Menschen kamen, Ur-Neustadter, solche mit anderen Wurzeln,  Flüchtlinge. Mit ihrem Engagement werben sie für Freundschaft jenseits von Fragen der Herkunft. Thomas Brenner ist bereit: Der Kaiserslauterer Fotograf hat den Siebenpfeiffer-Saal im Hambacher Schloss zum Foto-Studio umgestaltet. Ein Kreuz auf dem Boden zeigt, wo seine Model-Duos stehen sollen. Am Laptop neben Brenner können sie dann das Foto aussuchen, das ihnen gefällt und das auch zu ihrem kurzen Text passt. Wer genau gerade fotografiert worden ist, darum kümmert sich Jens Wagner, mit dem Brenner seit 20 Jahren zusammenarbeitet. Beide sind aber auch deshalb ein eingespieltes Team, weil sie diese Foto-Kampagne zur Flüchtlingssituation schon in anderen Städten verwirklicht haben. Seit 2017 ist auch Neustadt dabei. Von 11 bis 17 Uhr dauert die Fotosession an diesem Sonntag. Schon kurz nach 11 Uhr kommen die ersten – Mitglieder des Vereins Bildung und Integration mit ihren Schützlingen. Den Auftakt machen dabei Eredesvinda Lopez, auch Integrationsbeauftragte der Stadt, und Rohdan Mohammadi. Seit einem Jahr lebt der 29-jährige Afghane hier, spricht schon ausgezeichnet Deutsch, startet im Herbst eine Karosseriebauer-Lehre. Dass das Bild von Lopez und ihm, wenn aus den Fotos Plakate geworden sind, öffentlich in der Stadt aufgehängt wird, sei kein Problem. „Ich mache gerne mit, denn so kann ich zeigen, dass jeder, der sich integrieren will, das auch kann, zum Beispiel mit Hilfe unseres Vereins.“ Zigmal „blitzt“ es bei jedem Doppelporträt, das Brenner schießt. „Das ist gut, vielleicht noch ein wenig freundlicher gucken“, ruft er, wohl wissend, dass es gar nicht so leicht ist, zu zweit am Kreuzchen zu stehen und alle sehen zu. Die vier Geschwister Dalia, Moussa, Lana und Ghaleb Shidadeh meistern die Aufgabe allerdings mit Bravour. Erst seit knapp zwei Wochen in Neustadt, hat sie Karin Jörns mitgebracht. Sie engagiert sich seit längerem für den Vater der Kinder, privat und über die Ökumenische Integrationshilfe Winzingen. Der Flüchtling aus der syrischen Stadt Aleppo ist mittlerweile anerkannt, durfte jetzt seine Frau und die Kinder nachholen. Eine Wohnung für die Familie zu finden sei schwer, so Jörns Erfahrung, derzeit lebe sie in Mobilhomes in Lachen-Speyerdorf. Zwei Zehntklässlerinnen der Realschule plus gehen noch mal kurz vor die Tür, suchen einen Spiegel. „Die Haare ...“, meint Fotograf Brenner und grinst vielsagend. Wobei die Jungs nach seiner Erfahrung auch ein wenig eitel seien. Spätestens jetzt zeigt sich, dass es nicht nur um Flüchtlinge geht, sondern einfach um Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, die gemeinsam in Neustadt leben und Freunde geworden sind. Wie die Realschülerinnen Celine Henrich und Dimitra Samourkasidou, die aus Griechenland kommt und seit zwei Jahren in der Pfalz zu Hause ist. Auf ihrem Doppelporträt ist schwer zu sagen, wer wer ist. Ebenso verwischen die Grenzen bei dem Duo Jeyon Antony, in Deutschland geborener Schülersprecher der Realschule plus mit tamilischen Wurzeln, und seinem afghanischen Freund Wasim Amrir. „Jeyon ist ganz deutsch, auch wenn er nicht so aussieht“, sagt Lehrerin Jutta Reiser, die das nicht zum ersten Mal erklärt. Zusammen mit ihrer Kollegin Gabi Hufschmidt hat sie die Schülerinnen und Schüler hinauf aufs Schloss begleitet, vorher wurde die Aktion im Unterricht besprochen. „Humanität, Menschlichkeit, Integration“, nennt Schülersprecher Jeyon Stichworte. „Die Menschen sehen auf den Fotos, dass wir bunt sind“, hatte es der junge Afghane Mohammadi zuvor zusammengefasst und mit „Wir“ nicht nur die Neustadter, sondern alle Menschen gemeint. Am Ende des Tages ist das Duo Brenner/Wagner zufrieden. Wegen der symbolischen Kulisse Hambacher Schloss, der guten Stimmung unter Models und Besuchern, vor allem aber wegen der insgesamt 25 Doppelporträts, die das Zeug dazu haben, demnächst im Neustadter Straßenraum präsentiert zu werden. Überlegt wird jetzt noch, zusätzlich direkt in Schulen zu gehen. Danach wird es eine weitere öffentliche Foto-Aktion geben, zentral in der Stadt. Nicht Doppelporträts sind dann gefragt, sondern Neustadter, die sich öffentlich zu einem guten Miteinander bekennen.|ahb

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