Neustadt Feuerwehr probt den Ernstfall

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184 Feuerwehrleute waren am Samstag bei einer Großübung auf der Deponie im Einsatz, darüber hinaus elf Helfer des Technischen Hilfswerks und 15 Mitglieder des Roten Kreuzes. Das Szenario: Eine 1000-Kilo-Bombe ist explodiert, es gibt viele Verletzte und es brennt. Ein schwieriger Einsatz.

Genau um 14.03 Uhr ist auf der Recyclinganlage der Firma Gerst in der Branchweilerhofstraße das erste „Tatütata“ eines Feuerwehrautos zu hören. „Das ist das Auto des Stadtfeuerwehrinspekteurs“, wissen die Männer, die für die Vorbereitungen zuständig waren. Bis vor wenigen Stunden haben sie nicht gewusst, wo die Jahreshauptübung der Feuerwehr stattfindet und welches Szenario Stadtfeuerwehrinspekteur Stefan Klein und sein Stellvertreter Markus Kruppenbacher sich haben einfallen lassen. Die anderen Feuerwehrleute haben nach wie vor keine Ahnung. „So kann sich niemand vorbereiten und die Übung ist realitätsnah“, erklärt Klein, der inzwischen eingetroffen ist. Um 14.12 Uhr werden die ersten Einheiten alarmiert - nicht nur über die stillen Funkalarmempfänger, die jedes Mitglied der Feuerwehr hat, sondern auch über Sirenen an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet. Um 14.21 Uhr fährt die Löschgruppe Haardt auf das Gelände. Im Minutentakt geht es weiter. Das erste Fahrzeug der Haardter wird vom Einsatzleiter auf die Schuttberge des „Monte Scherbelino“ geschickt. Weitere Fahrzeuge folgen. Die Feuerwehrleute des Löschzugs Nord sperren mit ihren Autos die Branchweilerhofstraße und die Verbindung zum angrenzenden Wohngebiet ab. Der Löschzug Ost legt mit Schläuchen aus dem nahen Rehbach eine Wasserverbindung, damit auch noch Wasser zur Verfügung steht, wenn die Tankwagen leer sind. Dass es an mehreren Stellen auf dem Gelände brennt, müssen Feuerwehrleute und Zuschauer sich weitgehend vorstellen, schließlich kann man nicht die ganze Recyclinganlage in Brand setzen. Nur ein Holzstapel wurde tatsächlich angezündet und der Rauch, der daraus emporsteigt, sieht offensichtlich beeindruckend aus. „Viele Leute haben gefragt, ob es hier wirklich brennt“, erzählt später einer der für die Absperrung zuständige Feuerwehrmänner. Dann ertönen Hilferufe. „Hilfe, die Leute sterben hier“, schreit es von einem Schuttberg auf der Südseite des Geländes. Zwei Sanitäter kraxeln den steilen, steinigen Berg hoch, sie sind bis zu dem Zeitpunkt die einzigen Mitglieder des Roten Kreuzes. „Wir sind erst um 14.45 Uhr alarmiert worden, da hat etwas nicht geklappt“, erklärt später Tassilo Willrich, Vorsitzender des Stadtverbands des Roten Kreuzes. Nach kurzer Zeit ist in dem Wagen, in dem die Einsatzzentrale der Feuerwehr ist, klar, dass an drei Stellen Hilfe benötigt wird. Auf dem Schuttberg im Norden sind mehrere „Schwerverletzte“ des THW. Der Weg auf den Berg ist steil und matschig, die Fahrzeuge können nicht ganz hoch fahren. Feuerwehrmänner und -frauen rennen hoch, es brennt. Ein Feuerwehrmann hilft einem „Opfer“ den Berg herunter. „Er ist noch ansprechbar und kann laufen“, erklärt der Feuerwehrmann. Die anderen „Verletzten“ sind weitaus übler zugerichtet. Eine Spezialschmink-Gruppe des Roten Kreuzes aus Alzey hat die Opfer täuschend echt geschminkt. Die Feuerwehrleute legen sie auf Decken, kümmern sich um die Erstversorgung. Wirklich übel sieht THW-Mann Richard Nickodemus aus, der mit Alufolie umwickelt auf einer Decke liegt, Brandwunden überziehen sein Gesicht, in seiner Brust steckt ein dicker Glassplitter. „Ich habe Brandverletzungen zweiten Grades im Gesicht, einen offenen Unterschenkel- und einen offenen Oberarmbruch, Glassplitter in der Brust, eine sehr niedere Herz- und Atemfrequenz und bin nicht ansprechbar“, sagt Nickodemus. Unterdessen wird auf dem südlichen Berg vom Löschzug Süd ein Dummy, der in einem Auto eingeklemmt ist, mit Brechstange, Rettungszylinder und anderen Geräten befreit. Der Zugführer ist nicht ganz zufrieden: „Ihr habt die Plane mit den Geräten zu nahe an das Auto gelegt.“ Am Eingang der Recyclinganlage wird ein großer Container aufgestellt. Er dient als Wasserpuffer, in den Wasser aus dem Rehbach gepumpt wird. Der Gefahrstoffzug ist eingetroffen, legt einen Dekontaminationsplatz an, um so zu verhindern, dass Dreck und Schadstoffe von dem Gelände auf die Straße laufen. Auf dem nahen Parkplatz des VfL hat das Rote Kreuz einen Sammelplatz eingerichtet. Von dort aus sollen die „Verletzten“ in Krankenhäuser gebracht werden. Neun „Verletzte“ werden es am Ende sein. Schwierig ist die Bergung von zwei „Verletzten“, die auf den Führerständen der beiden Förderbänder auf der Anlage gearbeitet haben. Sie müssen aus einer Höhe von über fünf Metern auf den Boden geholt werden. Einer kommt in einen Spezialanzug und wird mit einem Flaschenzug herabgelassen. „Wenn der reißt, gibt es einen THWler weniger“, witzelt jemand. Doch natürlich geht alles gut. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt Klein am Ende der Übung. Der Einsatz sei sehr schwierig gewesen. Aus einigen Problemen, die aufgetreten sind, wolle man lernen. So haben beispielsweise nicht alle Sirenen funktioniert.

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