Politik Erst Alternativen prüfen, nur notfalls zu Hause bleiben

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Geschlossene Kindertagesstätten: ein Problem für erwerbstätige Eltern. Nach dem ersten Streiktag gestern müssen sich Betroffene auch in der kommenden Woche um Betreuungsalternativen kümmern. Ein Blick auf die aktuelle Rechtslage.

Meine Kita ist geschlossen. Was soll ich als erstes machen?

Frühzeitig mit dem Chef über die Situation sprechen um gemeinsam eine Lösung zu finden. Einige Arbeitgeber bieten zum Beispiel an, von zu Hause aus zu arbeiten. Manche Eltern dürfen ihre Kinder mit an den Arbeitsplatz bringen. Die IG Metall schlägt Unternehmen ein neues Modell vor: Kita-Konten. Dabei sollen Betroffene von der Arbeitszeit freigestellt werden und diese Zeit zumindest teilweise später nacharbeiten. Vereinzelt bieten Betriebs-Kitas mehr Plätze an. In einigen Städten öffnen zumindest einzelne Kindergärten ihre Türen. „Wir bemühen uns um Notdienstregelungen“, sagt Verdi-Verhandlungsführer Onno Dannenberg im Gespräch mit der RHEINPFALZ.  Dürfen berufstätige Eltern notfalls einige Tage lang zu Hause bleiben? Im Grunde schon. Dazu verweisen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Paragraf 616 besagt, dass der Arbeitnehmer in Ausnahmefällen „vorübergehend“ der Arbeit fern bleiben darf und trotzdem weiter Lohn erhält, wenn es einen „in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden“ gibt. Wichtig dabei: Die Regelung gilt nur, wenn der Betroffene vorher alle Alternativen vergeblich geprüft hat, also alle Betreuungsmöglichkeiten für das Kind. Einfach nicht zur Arbeit kommen - kann das zu Problemen bis hin zur Kündigung führen? „Der Arbeitnehmer trägt die Beweislast, dass er keinen Ersatz gefunden hat“, sagt Thomas Prinz von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und ergänzt: „Der Streik war schon seit ein paar Tagen angekündigt.“ Somit sei es für die Eltern meist möglich gewesen, vorübergehend Ersatz für die Kinderbetreuung zu organisieren. In jedem Fall gilt: Zuerst mit dem Chef sprechen. Können Betroffene spontan Urlaub beantragen? Der Arbeitgeber muss sich beim Urlaub „nach den Wünschen des Arbeitnehmers“ richten, sagt Onno Dannenberg (Verdi). Demnach ist spontaner Urlaub möglich. Es sei denn, betriebliche Gründe sprechen dagegen. So steht es im Bundesurlaubsgesetz. Was ist zu beachten, wenn ich Kinder anderer Eltern mitbetreue? Die Kita ist geschlossen, die Kinder kommen bei Nachbarn oder Freunden unter: Oft ist das die unkomplizierteste Lösung für das Betreuungsproblem. Wer fremde Kinder beherbergt, sollte aber unbedingt haftpflichtversichert sein. Denn wenn einer der kleinen Gäste etwas kaputt macht, haftet der Gastgeber, wie es vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft heißt. Vergleichbar ist das mit einem Kindergeburtstag. Auch dabei übertragen die leiblichen Eltern der Kinder die Aufsichtspflicht auf den Erwachsenen, der die Kinder einlädt. Können Eltern nach dem Streik die Kita-Gebühren zurückfordern? Erst einmal nein. „Es bestehen keine Rechtsansprüche“, sagt Ronald Richter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein. Dabei sei unwichtig, wie lange die Kitas geschlossen bleiben, sagt Richter gegenüber der RHEINPFALZ. Allerdings empfiehlt er – sollte der Streik lange andauern – beim Jugendamt anzufragen. Aus Kulanz könnten sich die Kommunen durchaus für eine anteilige Rückzahlung entscheiden, so Richter. Noch besser stehen die Chancen beim Kostgeld. Wer für das Mittagessen seiner Kita-Kinder zahlt, gibt einen bestimmten Betrag für eine konkrete Leistung. Hier lohnt es sich, nachzufragen.

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