Kusel Durst nach Hochprozentigem führt hinter Gitter

Der Anklage-Vertreter sah Hopfen und Malz bereits verloren: Bewährung? Die Frage stelle sich erst gar nicht mehr. Und weil nun auch der Strafrichter nicht das allerkleinste Indiz erkennen konnte, das die Sozialprognose eher heiter als dunkel bewölkt hätte zeichnen können, führt der Weg direkt ins Gefängnis. Ein 46-Jähriger muss für fünf Monate hinter Gitter. Zu der Haftstrafe verurteilt worden ist er wegen Diebstahls geringwertiger Sachen.

Diebstahl ist nicht gleich Diebstahl. Wenn der Wert der gestohlenen Güter nicht allzu hoch ist, fällt auch die Strafe milder aus. „Geringwertige Sache“ markiert nun eine Grenze, die sich nicht auf einen finanziellen Betrag beziffern lässt. Als Faustregel allerdings gilt in etwa: Kostet das Diebesgut weniger als 50 Euro, sind Strafverfolger eher geneigt, darin eine Bagatelle zu erkennen. Eine Verfahrenseinstellung aber kam im konkreten Fall nicht in Frage. Auch wenn der Angeklagte, der jetzt vor dem Strafrichter am Kuseler Amtsgericht hat Platz nehmen müssen, sich mit Artikeln für „nur“ 20,96 Euro eingedeckt hatte. Der 46-Jährige war Mitte Juni beim Landendiebstahl erwischt worden. Bedient hatte er sich in einem Einkaufsmarkt der Kreisstadt. Dort hatte er sich, offenbar Durst leidend, mehrere Flaschen mit hochprozentigem Inhalt aus einem Regal gegriffen. Vier davon ließ er in seinem Rucksack verschwinden, den Rest trug er in Händen zur Kasse, legte sie aufs Band, wollte sie auch zahlen. Allerdings hatte eine aufmerksame Mitarbeiterin des Markts beobachtet, wie der Mann weitere Flaschen im Rucksack verstaut, dieselben vor der Kasse allerdings nicht mehr zutage gefördert hatte. „Er war mir aufgefallen, ich bin ihm nachgegangen“, sagte die Markt-Mitarbeiterin aus, die als Zeugin zu der Verhandlung geladen war. Nicht geladen waren Zugbegleiter, die den 46-Jährigen einen Monat zuvor, im Mai, ohne Ticket in einem Eurocity und am selben Tag noch einmal in einem Intercity erwischt hatten. Jenen Zeugen hatte das Gericht die Anreise von Kassel aus erspart. Auf dem Heimweg in den Landkreis Kusel war der Mann beim Schwarzfahren ertappt worden. Die Anklage wegen „Erschleichens von Leistungen“, wie die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Entrichtung des Beförderungsentgelts genannt wird, war allerdings mit Blick auf die zu erwartende Verurteilung wegen des Diebstahls eingestellt worden. Und dies, obwohl das Schwarzfahren zumindest auf dem Papier einen höheren Schaden verursacht hatte: 88 Euro hätten die beiden Tickets gekostet, die der Mann „gespart“ hatte. In Kusel gestohlen hatte der 46-Jährige zwei Flaschen Wodka und zwei weitere voller Doppelkorn. Erst hatte er zu den Vorwürfen gar nichts sagen wollen. Später ließ er mit gesenktem Haupt leise vernehmen: „Ich weiß nicht, immer wenn ich betrunken bin, passieren so Sachen“. Das Geld reiche irgendwann nicht mehr, er brauche Nachschub, bediene sich dann selbst. Der Mann bezieht nach eigenen Angaben Hartz-IV-Leistungen und verdingt sich zudem als Euro-Jobber. Dass die Sozialprognose des Gerichts ungünstig ausfiel und daher eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht in Frage kam, erklärte sich. Denn es nahm geraume Zeit in Anspruch, als der Richter am Ende der Beweisaufnahme das Strafregister des Mannes vorlas. Nicht weniger als zwölf Mal hat er schon mal mehr, mal weniger Zeit im Gefängnis verbracht. Er hat nicht eine einzige Bewährungsfrist straffrei überstanden. |cha

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