Rheinpfalz Die verpatzte Bilanz

Der angebliche chinesische Investor SYT hatte kurz vor der Vertragsunterzeichnung zum Kauf des Flughafen Hahns seine Gesellschaf

Mainz. Malu Dreyers Gesicht wirkte versteinert wie selten zuvor als sie gestern Nachmittag in Mainz vor die Presse trat. Eine Bilanz der ersten 100 Tage Ampel-Koalition wollte sie zusammen mit Volker Wissing (FDP) und Ulrike Höfken (Grüne) ziehen, aber schon wieder musste sie wegen des verpatzten Hahn-Verkaufs Rede und Antwort stehen. Und Höfkens einleitende Bemerkung „wir hatten einen guten Start, wenn man von den Verkaufsverhandlungen am Hahn absieht“, dürfte die Laune der SPD-Ministerpräsidentin auch nicht gehoben haben.

Dreyer hat stets behauptet, die Fehler, die zum Hahn-Debakel führten, seien im Innenministerium und vor allem beim Beratungsunternehmen KPMG gemacht worden. Doch der gestern bekannt gewordene Brief der KPMG an die Landesregierung belegt eine andere Sichtweise. Hat Dreyer Druck gemacht, um den Verkauf gegen den Rat der Berater durchzuziehen? Die Ministerpräsidentin dementierte entschlossen. Zu keinem Zeitpunkt sei Druck ausgeübt worden (Bericht auf Seite 1). Nach der Neuordnung der Gesellschafterstruktur beim vermeintlichen Käufer SYT sei nur kurz überlegt worden, die Verhandlungen auszusetzen. Die Anforderungen seien jedoch nicht gesenkt worden und bis zum Vertragsabschluss Anfang Juni nach Darstellung der Berater auch erfüllt worden. Der jetzt bekanntgewordene KPMG-Brief ist der Landesregierung im Juli zugegangen. Damals waren das Land und das Beratungsunternehmen gerade wegen der Schuldfrage aneinander geraten. Die Darstellung der KPMG sei falsch, sagte Dreyer gestern. Gerne würde sie den im Juli verschickten Antwortbrief der Landesregierung veröffentlichen, doch KPMG sei dagegen. Die Landesregierung hat sich im Juli geweigert, das Beratungsunternehmen von seiner Schweigepflicht zu entbinden. Nach dem Briefwechsel haben beide Seiten laut Dreyer vereinbart, den Streit nicht mehr öffentlich auszutragen, um den wieder offenen Verkaufsprozess nicht zu gefährden. Dabei solle es nun bleiben. Die CDU-Opposition hingegen fordert die Offenlegung des Briefwechsels. „Für uns ist nun wichtig, dass wir mehr Transparenz in diesen Prozess bringen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Martin Brandl. Die AfD verlangte, KPMG von der Schweigepflicht zu entbinden. Trotz des neuerlichen Wirbels um den Hahn zog Dreyer eine positive Zwischenbilanz ihrer Regierung nach den ersten 100 Tagen Amtszeit: Ein Schwerpunkt sei die Digitalisierung. Der Breitbandausbau gehe weiter, in Kürze solle es an 150 Standorten in Landeseigentum kostenlosen Internetzugang geben. Eingelöst habe die Regierung ihr Versprechen, 270 zusätzliche Lehrer einzustellen. Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) sagte, er wolle wichtige Straßenbauprojekte wie die zweite Rheinbrücke bei Wörth beschleunigen. Außerdem kündigte er mehr Unterstützung für Unternehmensgründer und für das Handwerk auf der Suche nach geeignetem Nachwuchs an. Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) nannte in ihrer Bilanz unter anderem die Absicht des Landes, die Klage gegen den belgischen Atommeiler Tihange zu unterstützen und Erfolge beim Artenschutz.

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