Rhein-Pfalz Kreis Die Rückkehr der Sumpfschildkröte

Seit acht Jahren wird am Altrhein bei Bobenheim-Roxheim erfolgreich die Europäische Sumpfschildkröte wiederangesiedelt. Über die Rückkehr dieses urigen Reptils und die Besonderheiten des Naturraums am Oberrhein informieren nun zwei Tafeln, die am Wassersportverein direkt am Uferweg aufgestellt wurden. In zwei Boxen liegen Informationsbroschüren für Spaziergänger bereit.

„Der Oberrhein zwischen Bingen und Iffezheim gehört zu den Regionen Deutschlands, die über eine besonders hohe Vielfalt an wildlebenden Tier- und Pflanzenarten verfügen“, erläuterte der Landesverbandsvorsitzende des Naturschutzbunds (Nabu) Deutschland, Siegfried Schuch, am Freitag bei der Einweihung der beiden Infotafeln. Im Rahmen des Bundesprogramms „Biologische Vielfalt“ sei diese Landschaft als „Hotspot der Artenvielfalt“ ausgewählt worden. Mit dem 2013 aufgelegten, über sechs Jahre laufenden Programm „Lebensader Oberrhein – Naturvielfalt von nass bis trocken“ wollen der Nabu Rheinland-Pfalz und der Nabu Baden-Württemberg mit Projekten wie der Entwaldung von Dünen, der Nachzüchtung alter Pflanzenarten und der Wiederansiedlung von in freier Wildbahn ausgestorbenen Tierarten den Naturschutz am Oberrhein voranbringen, so Schuch. Das Programm wird mit 4,5 Millionen Euro vom Bund sowie den beteiligten Ländern und Nabu-Verbänden finanziert. Ein Bestandteil in der Region ist das im August 2008 am Bobenheim-Roxheimer Altrhein gestartete Auswilderungsprojekt für Sumpfschildkröten, das in das länderübergreifende Projekt eingegliedert wurde. Die Sumpfschildkröten, die in Deutschland auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere stehen, passten perfekt ins Programm, weil sie ein Areal benötigen, das Nässe und Trockenheit bietet, sagte Walter Gramlich. Er betreut für den Nabu das Auswilderungsprojekt am Altrhein. Die Kulturlandschaft rund um Bobenheim-Roxheim mit ihren ehemaligen Rheinarmen und ausgebaggerten Weihern biete den Sumpfschildkröten einen idealen Lebensraum. „Wir haben hier viele Flachwasserzonen und Bereiche mit Totholz“, erklärte Gramlich. „Daneben gibt es sonnige Flächen, wo die Weibchen ihre Eier vergraben können.“ 105 Europäische Sumpfschildkröten wurden laut Gramlich bislang am Altrhein ausgesetzt. Dass Spaziergänger dort ein Exemplar zu Gesicht bekommen, sei aber sehr unwahrscheinlich. „Die Tiere sind extrem scheu und fliehen bei der geringsten Störung“, sagte er. Wer die im Verborgenen lebenden Tiere beobachten wolle, brauche viel Geduld. Die Aufzeichnungen von Experten bestätigten, dass sich die Tiere prächtig entwickelt haben. So habe sich das Anfangsgewicht von 2008 ausgewilderten Sumpfschildkröten inzwischen verdreifacht, und ihre Größe habe sich von acht auf 15 Zentimeter fast verdoppelt, erläuterte Gramlich und betonte: „Die erste Stufe des Projekts ist gelungen, die Sumpfschildkröten haben sich hier etabliert. Lebensraum, Klima und Futterangebot scheinen zu passen.“ Mit Nachwuchs sei allerdings erst in einigen Jahren zu rechnen. Denn geschlechtsreif werden Sumpfschildkröten der einheimischen Unterart, die in Gefangenschaft 70 Jahre alt werden können, erst mit zehn bis 15 Jahren. „Die Infotafeln weisen Spaziergänger auf die Besonderheiten des Naturraums Altrhein hin“, sagte Bobenheim-Roxheims Bürgermeister Michael Müller (SPD). Auch Hannes Kopf, Vizepräsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd wies auf den Bildungsaspekt hin. Um insbesondere Kinder für das Thema Naturschutz zu sensibilisieren, sei es wichtig, dass sie Pflanzen und Tiere in der freien Natur erleben können. „Das ist hier am Altrhein möglich“, meinte Kopf.

x