Zweibrücken „Die hat ganz scheen Power“

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Bundesverteidigungsministerin von der Leyen punktet beim gestrigen Wahlkampfauftritt in der „Spalttablette“

Dass Reinhard Franke von der Marinekameradschaft Teddy Suhren Ursula von der Leyen gut fand, wundert einen nicht. Älterer Herr mit Scheitelfrisur und dunkelblauem Jacket – Franke sieht aus wie ein CDU-Wähler, und das ist nicht despektierlich gemeint. Dass Marius Kopp Ursula von der Leyen gut fand, wundert einen dagegen sehr. 20-Jähriger mit langen Haaren und Lederjacke – Kopp sieht aus, als würde er in seiner Freizeit bei sehr lauter Live-Musik direkt vor der Box den Kopf vor und zurück schleudern. Und er steht offenbar auf Blackmetal: „Batlord“ und „De Mysteriis Dom Sathanas“ sind auf seiner Jacke zu lesen. Und doch: „Ursula von der Leyen war gut. Glaubwürdig und geradlinig.“ Sagt Kopp. Sagt Franke. Die Verteidigungsministerin hat Eindruck hinterlassen in Zweibrücken, bei sehr unterschiedlichen Menschen. Eine Stunde zuvor: Einmarsch von der Leyen ins Schulungszentrum der Deutschen Vermögensberatung auf dem Flugplatz, im Volksmund Spalttablette genannt. Ein kreisrundes Gebäude mit signifikanter Einkerbung. An einer Innenseite der Einkerbung sind Stühle aufgestellt für all jene, die Ursula von der Leyen sehen wollen. Oder müssen. Denkt man zunächst, wow, hier ist aber viel Jungvolk, bemerkt man gleich darauf ihre Lehrer und weiß, okay, heute steht eine Exkursion zur Bundespolitik auf dem Stundenplan. Die ersten beiden Reihen sind gefüllt mit CDU-Prominenz aus der Region. Alt-Oberbürgermeister Jürgen Lambert sitzt weiter hinten inmitten von Schülerinnen. Einige müssen stehen, die Sitzplätze reichen nicht ganz. Pünktlich um zehn geht’s los, von der Leyen hat nicht so viel Zeit, nur eine Stunde. Und verblüfft damit, wie viele Themen sie in 60 Minuten packen kann. Um den Euro geht’s, um die Gleichberechtigung („Da haben Anita Schäfer und ich sehr dafür gekämpft“), um Hausaufgaben, die Deutschland machen muss. Der eine oder andere Schüler mag jetzt an seine eigenen Hausaufgaben denken. Doch alle hören zu, keiner daddelt auf dem Handy rum, nur ein junger Mann ziemlich weit hinten lehnt mit geschlossenen Augen an der Fensterscheibe. Vielleicht hört er aber auch besonders intensiv zu. „E zierlich Perseensche, abba die hat ganz scheen Power“, tuschelt ein Mann im Mantel seinem Nachbarn zu. Ursula von der Leyen erklärt vorne am Rednerpult gerade, sie sei stolz auf das, was Deutschland in Sachen Flüchtlingshilfe leistet. Das sei etwas ganz Besonderes. Zwischenapplaus. Den hört man bestimmt auch eine Etage obendrüber, auf der anderen Seite der Einkerbung. Dort werden gerade angehende Vermögensberater darin geschult, wie sie am besten die Menschen in Sachen Vermögen beraten. An einer Tür im ersten Stock hängt ein Schild: „Karriere 2016 – Ihre Chancen auf mehr Erfolg“. Es riecht nach Pizza, bald ist Mittagspause. Vorher aber noch Fragerunde. Das Publikum hat die Gelegenheit, Informationen direkt aus dem Verteidigungsministerium zu bekommen. Wer macht den Eisbrecher? Blackmetal-Fan Marius Kopp macht das und stellt die erste Frage. Er will wissen, wie die Nato in der Flüchtlingsfrage mit der Türkei zu verfahren gedenkt. Das Militärbündnis werde auf die Türkei einwirken, ihr deutlich machen „Wir stehen zu dir, aber du hast auch Pflichten“, entgegnet von der Leyen. Man wolle die Sache nicht militärisch eskalieren lassen. Zufrieden mit der Antwort? „Ja“, sagt Marius Kopp, der Berufsschüler ist, aber nicht hierher gezwungen wurde. „Ich bin politisch sehr interessiert, mein Vater ist bei der Bundeswehr, und ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, eine Bundespolitikerin live zu erleben.“ Weitere Schüler werden ihre Fragen los, dann ist es 11 Uhr, und die Verteidigungsministerin muss weg. Der nächste Wahlkampftermin steht an, in Nanzdietschweiler. Schlussapplaus, raus aus der Spalttablette, rein ins schwarze Auto, und weg ist sie. Marius Kopp muss auch los. Er hat noch Sportunterricht. Jürgen Klein von der Vermögensberatung, der Gastgeber, sieht erleichtert aus. Alles gutgegangen. Nur Bürgermeister Rolf Franzens Handy hat einmal mitten im Vortrag geklingelt. Aber sonst: Alles nach Plan verlaufen. Aufatmen.

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