Sport Der Titel-Triumphator

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Leichtathletik: Usain Bolt holt auch mit der 4x100-Meter-Staffel WM-Gold in Peking. Die Chinesen feiern überschwänglich Silber, und die deutschen Staffeln sprinten auf Rang vier und fünf. Zehnkämpfer Ashton Eaton stellt einen Weltrekord auf, Rico Freimuth holt Bronze.

Peking. Das Vogelnest bebte, die Stimmung unter den 55.000 Zuschauern kochte. Das lag aber nicht am Weltrekord des US-Amerikaners Ashton Eaton, der im Zehnkampf seine eigene Marke um sechs Punkte verbesserte. Das lag auch nicht am Sieg der beiden jamaikanischen Sprintstaffeln und dem triumphalen Lauf des Usain Bolt. Es lag vor allem am Auftritt der chinesischen Sprinter Mo Youxue, Xie Zhenye, Su Bingtian und Zhang Peimeng, die als Dritte ins Ziel kamen und nach der berechtigten Disqualifikation der Amerikaner als Zweite gewertet wurden. Silber für vier neue chinesische Nationalhelden, diese Euphorie wird ein paar Tage anhalten. Als dann auch noch der ganze Stadionchor Su Bingtian zum 26. Geburtstag gratulierte, war die Stimmung am vorletzten WM-Tag von Peking einfach nur: grandios. Das deutsche Quartett roch an der Bronzemedaille. In ihrer Saisonbestzeit von 38,15 Sekunden liefen Julian Reus, Sven Knipphals, der 38 Jahre alte Alexander Kosenkow und Aleixo-Platini Menga auf Platz vier, nur zwei Hundertstelsekunden hinter Kanada. Und die USA um Justin Gatlin? Sie lagen aussichtsreich im Rennen, weil die Jamaikaner den zweiten Wechsel versemmelten, dann aber fanden Tyson Gay und Mike Rodgers am letzten Wechsel nicht zueinander, überliefen die Wechselmarke. Der Weg war frei für Bolt, der mit großen raumgreifenden Schritten seinem elften WM-Titel entgegenstürmte. „Die US-Boys sind an ihrem Druck gescheitert. Aber wir hatten bei 300 Meter auch ein bisschen Glück“, gestand der Superstar. „Wir sind einfach ein tolles Team.“ Ebenso klar besiegten Jamaikas Damen die US-Girls, nach der Disqualifikation der Niederländerinnen rutschte das deutsche Quartett auf den fünften Platz vor. Die Jüngste im gesamten deutschen Team, Gina Lückenkemper (18), lief auf Position drei ein großes Rennen. „Das ist hammergeil, wir sind die gleiche Zeit wie im Vorlauf gelaufen, 42,64 Sekunden. Es hat mega Spaß gemacht, weil das Stadion proppenvoll war. Ich war komplett nervös gewesen, das ist schon was anderes als eine U20–Europameisterschaft“, meinte die schnelle Dame aus Soest, die viel Sicherheit und Gelassenheit aus Peking mitnimmt. Die Mannheimerin Verena Sailer, mit Alexandra Burghardt und Rebecca Haase im Team, sagte: „Es war alles easy, alles entspannt die letzten Tage. Ein wunderbarer WM-Abschluss, nachdem es für mich bei den 100 Metern nicht so gut lief.“ Der 27-Jährige Ashton Eaton wusste um seine Chance, seinen drei Jahre alten Weltrekord zu brechen. Vor allem mit seinen glatten 45 Sekunden über 400 Meter brachte er sich in Position, die 1500 Meter rannte er bis zum Umfallen. Am Ende stand er bei 9045 Punkten mit sechs Punkten im Plus, eine superschöne Zugabe für seinen nie gefährdeten Sieg. Auch der Kanadier Damian Warner (8695) war schon am ersten Tag auf Silberkurs, als die Deutschen hinter ihm auf den Plätzen lauerten. Wer wird das Rennen um Bronze machen? Wieder Vizeweltmeister Michael Schrader, oder der junge Kai Kaczmirek aus Koblenz oder gar Rico Freimuth, dessen Vater Uwe 1988 Olympiaachter im Zehnkampf war? Karten hatte das Trio in der Vorbereitung mit Bundestrainer Rainer Pottel gespielt, der eines der Spiele „Schweinehund“ nennt. Genau den hat Freimuth auf der Zielgeraden des 1500-m-Laufs, seiner an sich schwächsten Disziplin ausgespielt und Bronze gerettet. „Ein Lebenstraum ist erfüllt. Ich hatte mir ein Ziel gesteckt und habe es erreicht. Ich hatte einen großen Vater, ich bin immer an mir gescheitert, ich glaube, ich hätte mich nicht leiden können, wenn ich es jetzt wieder nicht geschafft hätte“, sagte der 27-Jährige aus Halle/Saale. „Ich war mit mir im Reinen, hatte eine klaren Plan, war immer bei der Sache, hatte keine Flausen im Kopf und habe nicht ein einziges Mal gerechnet.“ Die 1500 Meter waren für den 95 Kilo schweren Freimuth ein Kraftakt. „Ich wusste, ich kann heute hinten spurten, weil mir das mein Herz gesagt hat, und dann habe ich nur noch dem Russen auf den Arsch geguckt, ich wusste, der hat was Blaues an.“ Ilya Shkurenev wurde mit 23 Punkten Rückstand Fünfter, das sind rund vier Sekunden auf 1500 Meter, vor Kazmirek und Schrader.

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