Speyer Der herzliche Ordnungshüter der Kirche

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Immer, wenn unsere Biberfamilie den Rhein bei Speyer entlang paddelt, machen wir einen Abstecher zum Dom, der ja nur einen Katzensprung vom Flussufer entfernt liegt.

Sogar wir Biberkinder werden stets ganz ruhig und andächtig, wenn Papa Nagbert das mächtige Eingangstor öffnet und wir in den großen, hohen Kirchenraum treten. Vorne am Altar steht eine wunderschöne Muttergottes-Figur, bei der Mama Naglinde immer eine Kerze für ein besonderes Gebet entzündet. Gerade, als wir das Spendengeld einwerfen, kommt ein freundlicher Mann auf uns zu und streckt uns eine Streichholzschachtel entgegen. „Seit den schlimmen Terroranschlägen in Paris werden besonders viele Kerzen aufgesteckt“, meint er leise, und füllt den Vorrat der Teelichter auf. „Woher weißt du das denn?“, fragt Nessy erstaunt. „Arbeitest du denn hier in der Kirche?“ „Aber ja“, antwortet der Mann freundlich. „Ich heiße Markus Belz und bin der Domsakristan.“ „Von diesem Beruf habe ich noch nie gehört“, sage ich ehrlich, und ich kann mir nicht mal das Wort merken. „Na, du weißt doch, dass ein Dom eine große Kirche ist. Und wie in jeder anderen Kirche auch gibt es neben dem Altar eine Sakristei. Das ist der Raum, in dem alle Dinge aufbewahrt werden, die man für den Gottesdienst braucht – vom Messbuch über das Altarkreuz bis zu den Gewändern des Bischofs, der Pfarrer und der Messdiener. Als Domsakristan bin ich dafür verantwortlich, dass in der Sakristei alles in Ordnung und immer gut für den Gottesdienst vorbereitet ist.“ „Aber jetzt ist doch gar kein Gottesdienst, und du bist trotzdem da“, meint Nals ein bisschen vorwitzig. „Allerdings“, pflichtet ihm Markus Belz bei. „Ich bin den ganzen Tag im Dom, denn ich habe auch die Aufsichtspflicht darüber, dass in der Kirche alles ruhig ist und sich jeder Besucher wohlfühlt. Schon um sechs Uhr morgens sperre ich das große Eisentor auf, durch das ihr auch gekommen seid. Dann müssen die abgebrannten Opferlichter entfernt und alte Kerzen ausgetauscht werden. Bevor um sieben Uhr die Frühmesse beginnt, muss ich schon alles für den Gottesdienst vorbereitet haben: Die Mikrofone müssen aufgestellt und die Lautsprecher angeschaltet werden, der Altar wird mit einem Tuch eingedeckt, das Messbuch an der richtigen Stelle aufgeschlagen, der Kelch für den Messwein und die Schale für die Hostien vorbereitet und das Gewand für den Pfarrer ausgelegt, damit er sich ohne Mühe umziehen kann. Auch während der Messfeier steht der Sakristan parat und achtet beispielsweise darauf, das Touristen die Messfeier nicht stören. Und nach dem Gottesdienst muss alles wieder aufgeräumt und saubergemacht werden“, erklärt der Sakristan uns ausführlich. „Läutest du denn auch die Glocken?“, will Nessy wissen. „Manchmal ja“, erwidert Markus Belz, „aber das ist nicht so spektakulär wie ihr jetzt vielleicht denkt. Die Glocken des Doms werden für die meisten Gelegenheiten automatisch über den Computer gesteuert. Vom Dreiergeläut für einfache Werktagsgottesdienste bis zum vollen Neun-Glocken-Klang bei Hochfesten wie Ostern und Weihnachten kann man alles programmieren. Und auch wenn es ein Extrageläut gibt, brauche ich nur ein paar Tasten zu drücken“, erzählt er und lädt uns ein, alles anzuschauen: „Kommt doch mal mit, ich zeige euch, wo der Glockenkasten hängt und wie schön es in der Sakristei aussieht.“ Markus Belz ist wirklich nett: Weil er selbst so begeistert von seinem außergewöhnlichen Beruf ist, bei dem er – wie er sagt – „ganz nah dran am Schöpfer, dem echten großen Chef im Himmel“ ist, will er diese Freude auch gerne mit anderen teilen. Bevor wir uns aber in der Sakristei umsehen dürfen, holt der Sakristan noch schnell eine Kiste, in der die Kerzen für den Adventskranz geliefert wurden. „Mal schauen, ob es auch die richtigen sind“, sagt er augenzwinkernd, und wir dürfen beim Auspacken helfen. Weil die Farbe der katholischen Kirche in der Adventszeit lila ist, sind auch die Kerzen lila. „Aber halt!“ ruft Nessy: „Die Lieferung ist falsch! Da hat sich eine rosarote Kerze eingeschmuggelt!“ Der Domsakristan kann sie beruhigen und meint: „Das hat schon seine Richtigkeit. Die rosafarbene Kerze ist für den dritten Adventssonntag bestimmt. Diesen Sonntag nennt man auch Freudensonntag oder Gaudate, weil das Weihnachtsfest nicht mehr weit ist. Um dieser Vorfreude symbolisch auch auf dem Adventskranz Ausdruck zu geben, ist eine Kerze rosarot.“

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