Rheinland-Pfalz Das Risiko der Promille-Radler

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Beim Weinstraßen-Erlebnistag reiht sich ein verlockender Ausschank an den nächsten. Viele Zecher lassen denn auch am letzten Sonntag im August vorsichtshalber ihr Auto in der Garage stehen. Keine gute Idee ist es allerdings, stattdessen auf den Drahtsesel umzusteigen. Die Kombination von Alkohol und Radfahren ist nicht nur unfallträchtig – es drohen auch gravierende Sanktionen.

NEUSTADT. Es passierte vor drei Jahren auf dem gemeinsamen Heimweg von einem feucht-fröhlichen Weinstraßen-Erlebnistag nach Ludwigshafen. Ein Radler geriet irgendwie nach links aus der Spur und touchierte seinen neben ihm fahrenden Bekannten. Beide stürzten und verletzten sich. Ein besorgter Passant informierte die Polizei über den Unfall. Die Beamten kamen, sahen und ordneten eine Blutprobe an. Ergebnis beim Unfallverursacher: 2,02 Promille. Das hatte gravierende Folgen. Zuerst wurde dem Mann eine Geldstrafe von 500 Euro wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung aufgebrummt. Damit, so dachte der Betroffene, wäre der Fall erledigt. Großer Irrtum. Nun folgte, was bei Radlern, die mit mindestens 1,6 Promille erwischt werden, unweigerlich folgt: Die Führerscheinstelle verlangte von dem Ludwigshafener, das Ergebnis einer Medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) – im Volksmund „Idiotentest“ – beizubringen. Gilt doch ein Radfahrer mit 1,6 Promille laut Rechtsprechung als absolut fahruntüchtig, bei einem Autofahrer liegt diese Grenze schon bei 1,1 Promille. Bei Zeitgenossen, die in einem so betrunkenen Zustand noch auf den Sattel klettern, stellt sich die Frage nach ihrer körperlichen und charakterlichen Fahreignung. Mit der MPU soll eine Prognose darüber abgegeben werden, ob der Kandidat auch künftig sturzbetrunken am Verkehr teilnehmen und damit zur Gefahr für sich und andere wird oder ob er sich einsichtig zeigt. Vor allem trinkfeste Probanden haben erfahrungsgemäß Mühe, einen solchen Test, der mehrere hundert Euro kostet, zu bestehen. Der Ludwigshafener ließ die von der Führerscheinstelle gesetzte Frist verstreichen. Danach kam es knüppeldick: Die Behörde kassierte nicht nur die Fahrerlaubnis fürs Auto, sondern verbot ihm auch das Radeln. Ein solches Totalfahrverbot, das sich auch auf Mofas und Pedelecs erstreckt, ist in Rheinland-Pfalz seit 2012 zulässig. Damals entschied das Oberverwaltungsgericht in Koblenz, dass eine MPU von einem Radfahrer verlangt werden kann, der mit mindestens 1,6 Promille unterwegs ist. Die Richter folgten damit der Rechtsprechung, wie sie in den meisten anderen Bundesländern bereits üblich war. Das Verwaltungsgericht in Neustadt wies denn auch im Dezember einen Eilantrag des Ludwigshafeners ab, mit dem der das Totalverbot kippen wollte: Wer so betrunken noch Fahrrad fährt, „stellt mit jedem Fahrzeug eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar“. Für eine solche Verurteilung zum Fußgängerdasein muss der betrunkene Radler noch nicht einmal in einen Unfall verwickelt sein. Das ist einem vor einem Jahr bekanntgewordenen Beschluss des Neustadter Verwaltungsgerichtes zu entnehmen. Damals ging es um einen Drahtesel-Kapitän aus dem Rhein-Pfalz-Kreis, der nachts in eine Polizeikontrolle geriet. Er hatte an einem Sommerabend im Nachbardorf ein Fest besucht und befand sich auf dem Heimweg. Möglicherweise war es bei ihm die Tatsache, dass er kurz vor Mitternacht ohne Licht auf der Straße unterwegs war, die die Aufmerksamkeit der Ordnungshüter auf ihn lenkte. Seine Blutprobe ergab zwar „nur“ 1,73 Promille, die Folgen waren aber ähnlich schmerzlich. Zuerst kam die Geldstrafe über 1000 Euro wegen fahrlässiger Trunkenheit, dann die MPU-Aufforderung von der Kreisverwaltung. Weil auch dieser Radler eine entsprechende Bescheinigung nicht beibringen wollte (oder konnte), verlor er nicht nur seine Auto-Fahrerlaubnis, sondern kassierte auch noch ein Fahrverbot für Zweiräder. Beide Eilentscheidungen des Neustadter Gerichtes wurden rechtskräftig. Kritiker dieser Rechtslage verweisen auf die Gefahr, dass sich Zecher künftig wieder häufiger hinters Steuer setzen könnten. Wird doch Autofahrern in der Regel nur die Fahrerlaubnis für ihr „Heiligs Blechle“ entzogen. Radfahren ist dann, zumindest bis zur nächsten Alkohol-Kontrolle, noch erlaubt. Wieder andere halten das Risiko für gering: Wann wird man schon mal kontrolliert? Aber wie leicht kann man auch in einen Unfall verwickelt werden. Außerdem: Auch wer mit deutlich weniger als 1,6 Promille radelt und alkoholbedingte Ausfallserscheinungen – Beispiel: Fahren in Schlangenlinien – zeigt, muss mit Punkten in Flensburg und einem finanziellen Aderlass rechnen.

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