Ludwigshafen Bewegender Appell an das Tätertrio

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Für mehrere Jahre sollen drei junge Ludwigshafener hinter Gitter, die im letzten Sommer einen 78-jährigen Rentner in dessen Edigheimer Wohnung überfallen, misshandelt und beraubt haben. Das hat gestern die Staatsanwaltschaft vor der Großen Jugendkammer des Frankenthaler Landgerichts gefordert. Am dritten Prozesstag sind viele Tränen geflossen.

Die drei 18, 19 und 20 Jahre alten Angeklagten verfolgten die Verhandlung wie bisher schweigend, mit versteinerten Minen und teilweise gesenkten Blicken. Beobachtet wurden die Jugendlichen dabei jedoch wieder von ihren großen Familien auf den Zuschauerbänken. In den traurigen dunklen Augen der Männer und den verweinten Gesichtern einiger Frauen waren deutlich die Verzweiflung, der Schmerz und die unendliche Enttäuschung darüber zu lesen, was ihnen ihre Söhne, Brüder, Cousins und Neffen mit dem brutalen Verbrechen angetan haben, das diese Ende Juli gemeinschaftlich begangen hatten. Den drei Angeklagten gegenüber saß als Nebenklägerin die Tochter des Edigheimer Opfers, das erst zehn Tage nach dem Raubüberfall entdeckt worden war. Der Leichnam des Rentners war zu diesem Zeitpunkt bereits stark verwest. Der Tote lag auf dem Bauch, die Hände waren auf dem Rücken gefesselt, in seinem Mund steckte noch ein Knebel. Ob der Mann infolge der Misshandlungen und Fesselungen erstickt ist oder an einem Stress-Herzinfarkt verstarb, konnte die Obduktion nicht mehr klären. Die zierliche blonde Frau schluchzte, als der Staatsanwalt den gewaltsamen Tathergang in seinem Plädoyer noch einmal Revue passieren ließ. Und ergriff selbst in einem bewegenden Appell an die drei jungen Männer und deren Familien das Wort. Sie habe zwar seit Längerem keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater gehabt. Aber in ihrem Geldbeutel habe immer ein Foto „ihres Papas“ gesteckt. Und in ihrem Kopf sei der Gedanke gewesen, sich irgendwann einmal auszusprechen, erzählte die Frau. Sie habe ihrem Vater, dem alten Italiener aus Edigheim, der sein Leben genossen habe, in diesem Prozess wenigstens ein Gesicht geben wollen. Ihr Leben und das ihrer Familie sei seit der Todesnachricht nicht mehr wie es einmal war. Es sei grauenvoll gewesen, in einem Schutzanzug die Wohnung auszuräumen, deren Fußboden von Leichenwasser durchtränkt war. Die Beerdigung habe sie mehrfach verschieben müssen, weil niemand ihr habe sagen können, an welchem Tag und wie ihr Vater verstorben sei. „Für die Opfer gibt es bei einer solchen Tat keine gerechte Strafe“, schloss die Tochter ihre Rede. Dass die drei jungen Männer große Schuld auf sich geladen haben und um eine mehrjährige Freiheitsstrafe nicht herumkommen, davon sind auch die drei Verteidiger der Jugendlichen überzeugt. Aber sie machten auch deutlich, dass die Angeklagten noch eher Jungen als erwachsene Männer mit vernünftiger Lebensplanung sind, dass sie keine von Grund auf bösen Menschen oder gar Monster sind, dass sie bei ihrem aberwitzigen Plan vom großen Geld durch einen Raub nicht im Sinn hatten, einen anderen Menschen zu töten. Besonders schwer hatte es dabei der Verteidiger des mutmaßlichen Anstifters E., der seit August in Schifferstadt in Untersuchungshaft sitzt und in der Jugendstrafanstalt durch aggressives Verhalten sowie fehlendes Verantwortungsbewusstsein für seine Taten aufgefallen ist. Während der Staatsanwalt für E. eine achteinhalbjährige Freiheitsstrafe fordert, wollte der Verteidiger keinen Antrag zur Dauer der Gefängnisstrafe stellen. Er plädierte aber dafür, den Jugendlichen in einer Entziehungsanstalt unterzubringen und ihm eine Therapie zu ermöglichen. Vorbildlicher verhält sich dagegen der angeklagte M. seit August in der Jugendstrafanstalt in Wittlich. Für den 19-Jährigen, der sich gestellt und umfassend ausgesagt hatte, fordert der Staatsanwalt viereinhalb Jahre Haft. Der Verteidiger plädierte demgegenüber für eine Haftstrafe von unter vier Jahren für Raub mit Todesfolge. Sein Mandant habe den Tod des Opfers nicht in Kauf genommen, wies der Verteidiger den versuchten Totschlagsvorwurf zurück. Die Verteidigerin des jüngsten Täters plädierte dafür, den 18-Jährigen mit unter drei Jahren Haft zu bestrafen, weil dem türkischen Staatsbürger ansonsten die Abschiebung drohe. Im Unterschied zum Staatsanwalt, der sechseinhalb Jahre fordert. Ihr Mandant habe auf Anordnung des älteren E. gehandelt, weil er Angst vor diesem gehabt habe. Das Urteil der Großen Jugendkammer am Landgericht wird am Freitag. 2. Mai, 9 Uhr, verkündet.

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