Bad Dürkheim Bad Dürkheim: Strengere Regeln für Wurstmarkt-Frühschoppen

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Die Stadt will Grills und Musikgeräte verbieten.

Die morgendliche Vesper gehört irgendwie mit dazu. Am Vormarktmontag pilgern die Freunde des „Literarischen Frühschoppen“ tatsächlich in aller Frühe zu den Schubkärchlern, um sich die besten Sitzplätze in der Nähe der Bühne zwischen den Ständen 20 und 24 zu sichern. Kaffee in der Thermoskanne, Wein und Wasser für die erste Schorle und Lewwerworscht und Co. als deftiges Frühstück helfen die Wartezeit bis zum Auftakt des Musik- und Reime-Reigens um 10 Uhr zu überbrücken. Die Zäppler machen dem Vernehmen nach dennoch ihr Geschäft – nicht zuletzt, weil der eine oder andere den offiziell auf 8 Uhr vorgegebenen Beginn großzügig nach vorn verlegt(e). Seit geraumer Zeit hat indes nicht nur die Lautstärke des Publikums in gleichem Maße zugenommen, wie seine Aufmerksamkeit gegenüber den eigentlichen Akteuren auf der Bühne schwand. Einige Mundartpoeten haben sich in den letzten Jahren deshalb zurückgezogen. Hier denkt die Stadt zum 600. Wurstmarkt eine dauerhafte Lösung gefunden zu haben: Mit der Premiere von „Pälzer Poesie“ im Bierzelt wurde eine separate Veranstaltung für die leisen Töne geschaffen, die gut ankam und fortgesetzt wird. Derweil die eher lauten (Lied-)Vorträge mit den „Anonyme Giddarischde“ als Flaggschiff den eigentlichen „Literarischen“ bestreiten dürfen. Der ist längst vom Geheimtipp über den Publikumsrenner zum „Event“ geworden, im Vorjahr hat Bürgermeister Glogger gar einen „starken Festivalcharakter“ beobachtet. Tischgrills in den Ständen, Gasgrills und Heizplatten in den Gängen sind längst gang und gäbe. 2016 schleppte dann eine Gruppe von Fußballern in einem Stand abseits des Bühnenstandorts gar eine größere Musikapparatur an und dröhnte zu deren gewaltigen Klängen nicht nur sich selbst, sondern auch die Umgebung zu. Bernd Heussler vom Marktbüro, der dagegen zunächst mit guten Worten einschreiten wollte, sah sich nach eigener Schilderung nicht nur wüsten Beschimpfungen und Beleidigungen, sondern auch der Androhung von Schlägen ausgesetzt, als er die Polizei hinzurief, die die Musikbox letztlich beschlagnahmte. Parallel dazu droht unterdessen auch die Quantität und „Qualität“ der mitgebrachten Getränke ins Uferlose zu steigen: Neben Wein auch flaschenweise Schnaps, zum Teil in zwei bis drei Kühltaschen angeschleppt. Und wozu ein Dubbeglas, wenn man es direkt aus der Flasche laufenlassen? „Die, die saufen wollen, saufen sowieso“, klang Reinhard Brenzinger (SPD), der Moderator des Happenings, im Wurstmarkt- und Festausschuss (WuFA) leicht resigniert. Den anderen Besuchern will man entgegenkommen. So dürfen die Schubkärchlern künftig nicht nur, sondern sollen geradezu bereits um 6.30 Uhr öffnen (aber keine fünf Minuten früher und Schnapsstände weiterhin erst um 8 Uhr). Dadurch, so denkt auch Christoph Glogger, wird sich das Mitbringen von Wein relativieren. Es generell zu verbieten, wie Markus Wolf es mit dem Hinweis ans Publikum anregen wollte, „wir sind früher da, ihr kriegt was“, geht wohl nicht, wie Glogger anmerkte: Die städtische Verordnung dazu greift erst bei Getränken ab 15 Prozent Alkoholgehalt. Heussler erinnerte zwar daran, dass die Zäppler quasi Hausrecht in ihrem Stand haben: „Die können das theoretisch verbieten.“ Dass die Betonung auf theoretisch liegt, machte das kurze Auflachen von Vater und Sohn Wolf vom Stand 24 deutlich ... Analog dazu sollen die Essensstände früher öffnen, so eine Bitte aus Zäpplerkreisen. In den Ständen selbst soll gestattet werden, ein Frühstück anzubieten, eventuell auch von „fliegenden“ Beschickern. Von Rührei war beispielhaft die Rede, wie sie manche Besucher auf eigenen Kochgeräten gern zubereiten. Dies geht künftig nicht mehr: „Das Zubereiten warmer Mahlzeiten wird vollständig unterbunden“, lautete der Beschluss in Amtsdeutsch. Der Brandschutz springt da ohnehin im Dreieck. Nicht erlaubt werden zudem Musikgeräte oder -instrumente. Optimiert werden soll dafür die Liveübertragung des Frühschoppens in alle Schubkarchstände durch mehr Lautsprecherboxen. Hier möchte die Stadt nach Möglichkeit einen Synergieeffekt erreichen: Weil wegen des Musikfeuerwerks ohnehin sämtliche Stände beschallt werden müssen, will man dieses Equipment doppelt nutzen. Dafür wird das musikalische Pyrospektakel eigens vom Schlusstag auf den Vormarktdienstag verlegt. Von der flächendeckenden Tonübertragung erhofft man sich zugleich mehr Aufmerksamkeit und weniger eigene Lautstärke im Publikum. Bislang hat sich deren Eigendynamik Bahn gebrochen, weil die Leute, die etwas weiter weg saßen, das, was sich auf der Bühne abspielte, weder optisch noch akustisch noch mitbekamen.

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