Sport Am Ende zählt nur das Ergebnis

Eine letzte Umarmung im Nationaldress? Bastian Schweinsteiger (rechts), hier mit Thomas Müller, will in Ruhe darüber nachdenken.

Marseille. Wer nur sieben Tore in einem Turnier schießt, der verpasst dann eben das siebte der sieben möglichen Spiele: Wegen ihrer eklatanten Abschlussschwäche war für die spielerisch überlegene deutsche Fußball-Nationalmannschaft im EM-Halbfinale am Donnerstag in Marseille beim 0:2 (0:1) gegen Gastgeber Frankreich Endstation. Der Traum vom „Doppeltitel“ ist für den Weltmeister ausgeträumt.

Vor zwei Jahren noch ließ die Mannschaft sich von Helene Fischer zum Sieg tragen. Nun war sie diesen Sommer nicht mehr gefragt. Das Schlagersternchen macht ja auch gerade Pause – die hat sie allerdings unterbrochen, um jüngst beim 60. Geburtstag von Schalke-Boss Clemens Tönnies zu trällern. Statt „Atemlos“ heißt es nun also „Au revoir“. Der aus Winnweiler im Donnersbergkreis stammende Mark Foster liefert unfreiwillig den Hit des Fußball-Sommers. In der Kabine vor den Spielen hat Jérôme Boateng die Playlist bestimmt. Scharfer Hiphop. Und die Jungs haben einen auf cool und Gangster gemacht. Doch die Franzosen haben der hippen Gang die Hosen runtergezogen. Wie eng Glück und Pech in einem Spiel beieinanderliegen können, philosophierte Joachim Löw nach dem Spiel. Der Bundestrainer wollte seinem Kapitän Bastian Schweinsteiger keinen Vorwurf machen nach dessen Handspiel kurz vor der Pause. Doch es leitete die Niederlage ein. Nach einer Ecke von Frankreichs Fußball-Asterix Antoine Griezmann sprang der Ball an die Hand des gemeinsam mit Patrice Evra zum Ball gehenden deutschen Spielführers. Schiedsrichter Nicola Rizzoli hatte es gar nicht gesehen, aber nach kurzer Rücksprache mit den Assistenten gab es eine Gelbe Karte für Schweinsteiger. Und dann schnappte sich Griezmann, Frankreichs Super-Stürmer, den Ball. „Ich wollte Verantwortung übernehmen“, sagte der 25-Jährige, der Manuel Neuer problemlos überwand. An diesem Abend vor einer sehr stimmungsvollen Kulisse in Marseilles Fußball-Tempel Vélodrome hatte die deutsche Mannschaft aber nicht nur kein Glück, sondern auch noch Pech dazu. Denn auch das zweite Tor der Franzosen war ärgerlich. Joshua Kimmich, der gegen Frankreich rechts verteidigte, meinte, „dass die Franzosen auf unsere Fehler gelauert haben“. Den das Spiel entscheidenden hat der junge Münchner gemacht, als er sich unter Bedrängnis entschied, mit dem Ball nach innen zum eigenen Tor zu ziehen. Schneller als er schauen konnte, war der Ball weg, Manuel Neuer konnte nur abklatschen: vor die Füße von Griezmann, der sich nicht bitten ließ und sein zweites Tor machte (72.). Er war der umjubelte Spieler der Partie. „Heute ist relativ wenig schiefgelaufen. Ich muss der Mannschaft ein Riesenkompliment aussprechen, weil wir insgesamt die bessere Mannschaft waren. Wir haben wahnsinnig viel investiert, hatten eine unglaublich gute Körpersprache, eine machtvolle Körpersprache, haben in den Zweikämpfen gut gespielt, haben viel nach vorne gespielt. Es ist unglücklich, durch so eine Aktion in Rückstand zu geraten“, erklärte Löw nach dem Spiel. „Wir hatten den Franzosen einiges voraus“, befand der Südbadener, für den die Ausfälle in dem Spiel mitentscheidend waren, weshalb er die Niederlage auch halbwegs gefasst wegsteckte. Was die Zukunft nun bringt, das wollte er so kurz nach dem Abpfiff offen lassen, weil der Stachel nun auch erst mal tief sitze. Vor seine Mannschaft hat er sich aber gestellt. „Sie hat alles umgesetzt, war mutig, hat alles riskiert nach vorne.“ Und an diesen guten Aktionen war bei seinem Turnierdebüt Emre Can (22) vom FC Liverpool beteiligt, der Sami Khedira bestens vertrat – allerdings einen ganz anderen Zug zum Tor hat und auch eine gute Chance verbuchte. Das Turnier-Aus hat den Spielern die Laune verhagelt. „Wir sind alle unendlich enttäuscht“, meinte Schweinsteiger. Toni Kroos, der Lenker des deutschen Spiels, war so geknickt wie alle anderen auch. Er hatte nicht das Gefühl, viel falsch gemacht zu haben. Das einzige Manko war, dass „wir kein Tor gemacht haben“. Das war nicht nur gegen die Equipe Tricolore das Problem. „Wenn man uns etwas vorwerfen kann, dann, dass wir nicht so kaltschnäuzig waren und Chancen nicht so konsequent genutzt haben wie bei der WM“, meinte Kroos. Und das hat auch der gegen Frankreich gelbgesperrte Mats Hummels so gesehen. „Es hat vor allem einer gefehlt, der den Ball reinschießt“, lautete sein nüchternes Fazit. Das nächste Länderspiel wird am 31. August gegen Finnland sein. Bis dahin wird sich zeigen, ob der Kader sein Gesicht verändert. Im Falle von Lukas Podolski stehen die Zeichen eigentlich auf Abschied. Der 31-jährige Stürmer von Galatasaray Istanbul hat seinen Kurzauftritt im Achtelfinale gegen die Slowakei bekommen, als das Spiel schon entschieden war, sich von den Fans feiern lassen. Ein nettes Adieu für die Kölner Frohnatur, die in Marseille auch das passende Schlusswort parat hatte: „Am Ende zählt im Sport immer das Ergebnis.“ An einen freiwilligen Rückzug denkt Podolski nicht: „Ich stehe voll im Saft.“

Er hat noch nicht genug: Gegen die Slowakei erhielt Lukas Podolski seinen Kurzeinsatz. Er stehe noch immer „voll im Saft“, sagt
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