Politik Oberleutnant gibt sich als syrischer Flüchtling aus

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Die Staatsanwaltschaft spricht von einer „sehr außergewöhnlichen Geschichte“: Ein Bundeswehrsoldat soll sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und Asyl beantragt haben. In Wahrheit plante er wohl einen Anschlag. Die Ermittler gehen von Fremdenhass aus.

Die Rolle als Flüchtling spielte der Soldat offenbar überzeugend. Dem deutschen Oberleutnant aus dem hessischen Offenbach sei im Asylverfahren subsidiärer Schutz zuerkannt worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Frankfurt gestern, einen Tag nach der Festnahme des 28-Jährigen, mit. Er habe deshalb auch eine Unterkunft in einem bayerischen Flüchtlingsheim bekommen und neben seinem Sold unter dem falschen Namen auch Geld. Die Ermittler gehen in diesem äußerst ungewöhnlichen Fall von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Der Soldat wurde bei einem Lehrgang im unterfränkischen Hammelburg festgenommen. Er war im französischen Illkirch bei der Deutsch-Französischen Brigade stationiert. Aufgefallen war er bereits vor fast drei Monaten in Wien, weil er eine scharfe Waffe in einer Toilette vor den Sicherheitskontrollen auf dem Flughafen versteckt hatte. Als er die Pistole aus ihrem Versteck in einem Putzschacht holen wollte, war er am 3. Februar von den österreichischen Behörden festgenommen, aber nicht in Haft genommen worden. Für die Waffe besaß der Soldat keine Erlaubnis. Die Pistole hatte er offenbar nicht von der Bundeswehr. Üblicherweise werde so eine Tat mit einer Geldstrafe geahndet, zumal der Mann unbescholten gewesen sei, teilte die zuständige österreichische Staatsanwaltschaft mit. Die anschließenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Bundeskriminalamts (BKA) ergaben, dass sich der Soldat Ende Dezember 2015 bei der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen unter falschem Namen als syrischer Flüchtling ausgab. Anfang Januar 2016 stellte er bei der Erstaufnahmeeinrichtung im bayerischen Zirndorf einen Asylantrag. Die Behörden schöpften dem Anschein nach bei der Registrierung keinen Verdacht. Der Mann habe eine „Art Doppelleben“ als Soldat und vermeintlicher Asylbewerber geführt, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Sie verwies darauf, dass der Soldat den Ermittlungen zufolge gar nicht Arabisch könne. Der gesamte Fall sei „mehr als kurios“. Eine BKA-Sprecherin sagte: „Nur weil er in Frankreich stationiert war, heißt es nicht, dass er sich täglich dort aufgehalten haben muss. Er konnte sich in der Freizeit frei bewegen.“ Bei dem Bundeswehrsoldaten seien Anhaltspunkte für ein fremdenfeindliches Motiv gefunden worden. Daher bestehe der Verdacht, dass er mit der zuvor am Wiener Flughafen hinterlegten Waffe eine schwere staatsgefährdende Straftat geplant habe, sagte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen. Einzelheiten etwa zu möglichen Zielen waren zunächst nicht bekannt. In die möglichen Anschlagsplanungen soll ein 24 Jahre alter Student einbezogen gewesen sein. Er wurde ebenfalls festgenommen. Auch bei ihm fanden die Ermittler Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Beide Männer standen in Mail-Kontakt, der 24-Jährige studierte und wohnte im mittelhessischen Friedberg. In seiner Bleibe entdeckten die Ermittler Leuchtraketen und andere Gegenstände, die unter das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz fallen. Gegen beide Männer ordnete ein Haftrichter Untersuchungshaft an. 90 Polizeibeamte des BKA, der hessischen und bayerischen Landespolizeibehörden sowie österreichische und französische Sicherheitsbehörden hatten am Mittwoch 16 Wohnungen und Diensträume der Bundeswehr in Deutschland, Österreich und Frankreich durchsucht. Sie stellten zahlreiche Mobiltelefone, Laptops und schriftliche Unterlagen sicher. Die innenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, vermutet eine Strategie hinter dem Vorgehen des Oberleutnants. „Es muss dringend geklärt werden, ob in der rechten Szene gezielt Anschläge geplant werden, um sie Geflüchteten in die Schuhe zu schieben“, sagte sie der „Mitteldeutschen Zeitung“. Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold sagte der „Berliner Zeitung“, der Vorfall zeige, wie notwendig umfassende Prüfmöglichkeiten des militärischen Abschirmdiensts bei der Einstellung von Soldaten seien. |dpa/afp

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