Politik Eine Million Euro für Helmut Kohl

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Köln. Das von Heribert Schwan und seinem Mitautor Tilman Jens verfasste Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“ habe das Persönlichkeitsrecht des 87-Jährigen schwer verletzt, entschied das Landgericht Köln gestern. Es bestätigte das Verbot von 116 Textpassagen des im Oktober 2014 erschienenen Buchs. In den beanstandeten Passagen ging es um Äußerungen Kohls über andere Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Der Vorsitzende Richter Martin Koepsel betonte, einiges, was Kohl in dem Buch zugeschrieben werde, sei „so gar nicht gefallen“ oder aber „völlig aus dem Zusammenhang gerissen“. Im übrigen gelte, dass sich Kohl vertraulich geäußert habe. Die Beklagten hätten sich eine „Deutungshoheit“ schon zu Lebzeiten des schwer erkrankten Altbundeskanzlers angemaßt. Die Anwälte der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie des zur Verlagsgruppe Random House gehörenden Heyne-Verlags kündigten an, vor dem Oberlandesgericht Köln in Berufung zu gehen. „Wir sind zuversichtlich, dass dieses Urteil keinen Bestand haben wird“, sagte Rechtsanwalt Roger Mann. Schwan wies den Vorwurf der Verfälschung von Zitaten zurück. Dies sei „grob falsch“, sagte der Autor nach der Urteilsverkündung. In dem Zivilverfahren hatte Kohl die Autoren Schwan und Jens sowie den Verlag auf fünf Millionen Euro verklagt. Nach Angaben des Gerichts handelt es sich bei dem nun angesetzten Betrag von einer Million Euro um die höchste Summe, die bisher nach deutschen Recht verhängt wurde, weil Persönlichkeitsrechte durch unzulässige Veröffentlichungen verletzt wurden. Kohls Anwalt Thomas Hermes sagte, die Zuerkennung eines Fünftels der geforderten Summe sei ein „Schritt in die richtige Richtung“. Er werde mit seinem Mandanten prüfen, ob er Berufung gegen das Urteil einlegt. Kohl hatte 2001 und 2002 lange Gespräche mit Schwan geführt, damit der Journalist als Ghostwriter die Memoiren des Altkanzlers verfassen konnte. Schwan nahm die Gespräche auf Tonkassette auf. Bevor der vierte und letzte Band der Memoiren erscheinen konnte, zerstritten sich beide. Schwan verfasste daraufhin eigenmächtig ein Buch. Nach Überzeugung des Gerichts durfte nur Kohl selbst entscheiden, welche seiner Aussagen veröffentlicht werden sollten. Schwan habe mit dem Buch seine Verschwiegenheitspflicht verletzt. Als Opfer dieses Vorgehens habe Kohl ein Recht auf Genugtuung. Dies wiege in diesem Fall schwerer als das öffentliche Interesse. Zwar solle die Presse mit dieser Entscheidung nicht eingeschüchtert werden, doch müsse hier „eine spürbare Konsequenz“ folgen, sagte Richter Koepsel. Kommentar, Hintergrund: Seite 2 |dpa/afp

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