Politik Ein Atomwaffenverbot, das für die Nuklearstaaten nicht gilt

Es soll ein Aufbruch in eine Welt ohne Atomwaffen sein: UN-Generalsekretär Antonio Guterres eröffnete gestern am Sitz der Vereinten Nationen in New York die Unterschriftenzeremonie für den UN-Vertrag über ein Atomwaffenverbot. Vertreter aus 51 Staaten wollten sofort unterschreiben. Die neun bisherigen Atomwaffenstaaten, nicht zuletzt die USA, lehnen das Abkommen aber nach wie vor ab.

Guterres sprach von einem „Meilenstein“ und räumte zugleich ein, dass es noch ein schwieriger Weg bis zur Zerstörung der Atomwaffenarsenale sei. Der Vertrag war im Juli nach mehreren Monaten Verhandlungen am UN-Hauptquartier von 122 der 193 UN-Mitgliedstaaten verabschiedet worden, darunter Österreich, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Da das Abkommen von den Atommächten sowie von der Nato boykottiert wird, hat es vorerst nur symbolischen Charakter. Das Auswärtige Amt in Berlin begründet das deutsche Fernbleiben so: „Ein mögliches Verbot, das die Nuklearwaffenstaaten nicht einbindet, wird wirkungslos sein.“ In Deutschland soll es auf dem rheinland-pfälzischen Fliegerhorst Büchel Atomsprengköpfe geben. Dass es dringend einer Einigung zur Abrüstung bedarf, zeigt nicht zuletzt der Konflikt um Nordkoreas Arsenal. Die Gleichung ist simpel: Keine Atombombe hieße kein Atomkrieg. „Die Menschheit kann einfach nicht unter dem dunklen Schatten einer nuklearen Kriegsführung leben“, sagt der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer. Und er macht klar: Ein Krieg mit modernen Atomwaffen wäre eine Katastrophe mit apokalyptischen Dimensionen. Der Vertrag schließt immerhin eine völkerrechtliche Kluft. Seit 1970 gilt zwar der Atomwaffensperrvertrag, der die Verbreitung von Kernwaffen verbietet und zur Abrüstung verpflichtet. Aber eine Ächtung von Atombomben, wie es sie für biologische und chemische Waffen gibt, existierte bisher nicht. Der neue Vertrag verbietet den Staaten den Einsatz, die Drohung mit dem Einsatz, die Entwicklung, den Test, die Herstellung, den Erwerb, den Besitz und die Lagerung von Nuklearwaffen. Zudem untersagt der Pakt die Stationierung jeglicher atomarer Waffen auf den Territorien der Vertragsstaaten. Diejenigen Staaten, die über Atomwaffen verfügen, müssen ihre Arsenale zerstören. Die sind nach wie vor enorm: Nach einer aktuellen Studie des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri waren Anfang des Jahres 14.935 Atomsprengköpfe im Besitz von neun Ländern. 93 Prozent gehören den USA und Russland, die restlichen sieben verteilen sich auf China, Indien, Pakistan, Großbritannien, Frankreich, Nordkorea und Israel, das seit den 60er Jahren über Kernwaffen verfügt, dies aber nie offiziell zugegeben hat. Zum Vergleich: In den 80er Jahren gab es weltweit 70.000 Sprengköpfe. Der Rückgang durch die Abrüstungsverträge zwischen Washington und Moskau ist aber nur bedingt ein Zeichen der Entspannung. Längst läuft eine Modernisierung der Arsenale. Der Trend geht zu kleineren Sprengköpfen. Die Gefahr, die Experten dabei sehen: Die Schwelle, die Waffen einzusetzen, könnte sinken. Alleine die USA wollen in den nächsten 30 Jahren mehr als 800 Milliarden Euro in moderne Nuklearbomben stecken. Die USA machen auch am deutlichsten gegen das angestrebte Verbot mobil. „Dieses Abkommen ist einfach schlecht“, urteilt der US-Abrüstungsbotschafter bei den UN, Robert Wood. „Es macht die Welt nicht sicherer, und es wird nicht zur Verschrottung einer einzigen Atombombe beitragen.“ So werde der Vertrag „Schurkenstaaten“ wie Nordkorea nicht davon abbringen, nach nuklearen Massenvernichtungswaffen zu gieren – und sie zu erlangen.

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