Kreis Südliche Weinstraße Herz an Herz

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Herxheim. Manchmal hat Romantik einen Docht. Zwölf Kerzen flackern am Freitag, in Einmachgläsern versenkt, vorm Schönstatt-Zentrum in Herxheim. In zwei Sechserreihen aufgestellt, bilden die Windlichter einen kurzen Gang. Sie führen hinein in die Marienpfalz, wo an diesem Abend ein Candle-Light-Dinner mit Mehrwert geplant ist, heißt es in der Einladung. Es ist die erste von fünf Veranstaltungen bei der Marriage Week in diesem Jahr, der Woche der Ehepaare. Während eines Viergangmenüs sollen Paare über ihre Beziehung und die Liebe zueinander sprechen. Dafür bleibt oft keine Zeit, denn Beziehung bedeutet häufig Alltag. Es wird über alles Mögliche geredet − über Stress bei der Arbeit, über Schulprobleme der Kinder, über Ärger mit den Nachbarn. Die eigene Beziehung muss da häufig hinten anstehen. Dabei „trägt eine gelungene Beziehung zur Gesundheit bei“, erklärt der Herxheimer Allgemeinmediziner Hans-Josef Werner, einer der Organisatoren des Abends. Zwei, die aus diesem Alltag bewusst ausbrechen möchten, sind Cäcilia und Peter Weber. „Hier hat man Zeit, über sich zu reden“, sagt Cäcilia Weber. Sie und ihr Mann Peter waren schon im vergangenen Jahr bei diesem speziellen Abend dabei. „Das tut einfach gut.“ Kurz darauf sitzen die beiden an einem der 18 mit Herzen und Kerzen dekorierten Tische im Speisesaal. Die leise Hintergrundmusik sorgt für einen angenehmen Klangteppich, eine wohlige Atmosphäre erfüllt den Raum. Man fühle sich wie „auf einer Insel, nur für sich alleine“, sagt Cäcilia Weber. Was an den Nachbartischen gesprochen wird, bekommen die Paare nicht mit. Nachdem der erste Gang verspeist ist und die leeren Teller abgetragen sind, schreiten Pia und Michael Schulze an das kleine Rednerpult in einer Ecke des Saals. „Sie haben nun die Gelegenheit, ihre Gedanken auszutauschen“, sagt Pia Schulze. „Was hat Sie denn zu Beginn Ihrer Beziehung an Ihrem Partner fasziniert?“, fragt Michael Schulze. Keine einfache Frage. Von einigen Tischen ist ein leises Stöhnen zu vernehmen. Einige machen große Augen. Nicht so Martina und Peter Julier. Im Gegensatz zum Ehepaar Weber haben sie noch keine Erfahrung mit dem Candle-Light-Dinner im Schönstatt-Zentrum Herxheim. „Wir finden es sehr reizvoll, mal über andere Dinge zu reden. Das passiert doch relativ selten“, sagt Martina Julier. Beim Gedanken an den Beginn ihrer Beziehung − der liegt immerhin schon mehr als 35 Jahre zurück − sprudelt es schnell aus beiden heraus. Martina Julier fällt sofort die Bodenständigkeit ein, die sie bei ihrem Mann vom ersten Tag an beeindruckte. Nach dem gegenseitigen Austausch von Komplimenten gesteht Peter Julier ein: „Die Gefühle sind immer da, aber so direkt gesagt hätte ich das ohne den Impuls eben eher nicht.“ Über lange Jahre verheiratet zu sein, das ist in Deutschland noch immer das bevorzugte Lebensmodell. Das zeigen nicht zuletzt die gut 400.000 Eheschließungen im Jahr 2015. Allerdings ist es bei Weitem kein Selbstläufer, auch nach Jahrzehnten noch als Paar zusammen zu sein. Viele wissen das. Im selben Jahr wurden hierzulande nämlich auch mehr als 163.000 Ehen geschieden. Zurück zu Tisch. Das Geschirr klappert wieder, der zweite Gang ist vorüber. Wieder erscheinen Pia und Michael Schulze, wieder haben sie einen Impuls für die Paare dabei. Auf den Tischen liegen gefaltete Karten bereit, die nun zum Einsatz kommen. Rote Herzchenaufkleber sollen darin platziert werden, symbolisch für all das, wofür man dem Partner dankbar ist. Peter Webers Karte zieren nach einigen Minuten fünf Aufkleber. „Ich bin dankbar dafür, dass du jeden Tag kochst“, sagt er in Richtung seiner Frau Cäcilia. Er koche selbst überhaupt nicht gerne, verrät er, deshalb sei das überhaupt nicht banal. Auch Cäcilia kann einige Herzchen einkleben. Auch an den anderen Tischen zieren viele rote Herzchen die weiße Innenseite der Faltkarte. Es sind die positiven Dinge einer Beziehung, die an diesem Abend zur Sprache kommen. „Das tut schon gut, solche Komplimente zu hören“, gibt Peter Julier zu. Es könnte ein Anstoß für den Beziehungsalltag sein. Oft − vielleicht zu oft − zählt man dem Partner nur die Dinge auf, die einen stören oder nerven. Der Mehrwert, der laut Veranstaltungstitel zum Candle-Light-Dinner hinzukommt, wird immer deutlicher sichtbar. „Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal einen Liebesbrief geschrieben?“, fragt Michael Schulze am Ende des Abends. Die Atmosphäre im Speisesaal ist nach dem wunderbaren Essen deutlich gelöst. Die Paare haben immer mehr zueinander gefunden im Laufe des Dinners. Trotzdem scheinen einige von dieser Frage derart überrascht zu sein, dass sie kichern müssen. „Das ist schon lange her“, gibt Cäcilia Weber zu. Trotzdem seien ihr die Worte ganz leicht aus der Seele gelaufen, wie sie sagt, nachdem sie die zweite Seite der Faltkarte beschrieben hat. Was sie ihrem Mann Peter geschrieben hat, verrät sie aber nicht. Die Liebe braucht eben auch Geheimnisse. Die Briefe werden eingesammelt und in den nächsten Tagen an die Paare verschickt. Es wartet also noch eine angenehme Überraschung auf die Gäste. Wahrscheinlich kommen dann auch noch einmal schöne Erinnerungen an einen tollen Abend in Herxheim hoch – auch im Alltag.

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