Rheinpfalz Braukunst unter der Mitternachtssonne

„Luthers festlicher Umtrunk“ ist ein dunkles Bier mit viel Würze: Ulrich Krebs hat versucht, mit modernen Mitteln ein „historisc
»Luthers festlicher Umtrunk« ist ein dunkles Bier mit viel Würze: Ulrich Krebs hat versucht, mit modernen Mitteln ein »historisch korrektes Bier« herzustellen.

«Kreis Germersheim.»Martin Luther mochte Bier. Genau wie Ulrich Krebs. Für den Reformator aus Wittenberg braute es Ehefrau Katharina von Bora. Der gebürtige Pfälzer stellt es selbst her. In einem kleinen Betrieb in Schweden. Der 33-Jährige arbeitet dort als Braumeister. Zum Reformationsjubiläum hat der Pfarrerssohn ein Festbier für den protestantischen Kirchenbezirk Germersheim kreiert.

Sechs Volumenprozent Alkohol, zwei verschiedene Hefen, acht Malze, sechs Hopfensorten: „Ich habe versucht, ein historisch korrektes Bier zu machen“, erläutert Krebs die Zutaten für seinen „Luther-Umtrunk“. Er wollte geschmacklich „möglichst nah an die Biere rankommen“, die im 16. Jahrhundert gebraut wurden. Entstanden ist ein dunkles Bier mit hoher Stammwürze, für den Gaumen des Bier-Laien ein ungewöhnliches Geschmackserlebnis. „Bier machen ist wie Kochen“, sagt er. „Man braucht Gespür und muss intuitiv erkennen, wie verschiedene Rohstoffe zusammenwirken.“

Internationale Brausprache: Deutsch

3000 Liter von „Luthers festlichem Umtrunk“ hat Krebs in der kleinen Brauerei in Hällefors abgefüllt. Gegründet wurde die Grythyttans Brygghus-Brauerei 2011. Sie ist laut Krebs eine von rund 180 Brauereien in Schweden. Zum Vergleich: In Deutschland waren im Vorjahr 1408 Brauerein gelistet. Inhaber Pierre Krips, dessen Frau aus einer alten Brauerfamilie stammt, hat neben dem Südpfälzer noch einige Hilfsarbeiter beschäftigt. „Ich bin dort für die gesamte Produktion verantwortlich“, erzählt Ulrich Krebs. „Ich habe freie Hand und kann mich total verwirklichen. Das ist der Traum jedes Braumeisters.“ Es war der Grund, weshalb er im November 2013 die Pfalz Richtung Schweden verlassen hat. Ohne ein Wort Schwedisch zu sprechen. Die Sprachbarriere hat er gemeistert. Schließlich ließen sich viele Wörter aus dem Deutschen ableiten, meint Krebs. Und die internationale Brausprache sei ohnehin Deutsch. Mittlerweile spricht er Schwedisch. Das Land und seine Leute empfindet er als „entschleunigt“.

Deutsches Reinheitsgebot oberste Maxime

Aufgewachsen ist Ulrich Krebs in Bellheim. Seine Eltern, Heike und Jürgen, waren 25 Jahre als Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde tätig. Im Bierdorf hat er auch seine dreijährige Lehre zum Bierbrauer gemacht. Danach hat Krebs das Abitur und „den Braumeister drangehängt“. Die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, hat er nicht bereut: „Ich kann in einer kleinen Brauerei viel ausprobieren, hochwertige Zutaten benutzen.“ Das sei eine Kostenfrage und ein Luxus, den sich viele in großem Stil produzierende Brauereien nicht erlauben könnten. Auch ein Weizenbier – es gab fast ausschließlich Importe – hat Krebs auf den schwedischen Markt gebracht: „Es funktioniert sehr gut.“ Vom deutschen Reinheitsgebot weicht der pfälzische Braumeister aber auch in Schweden nicht ab.

Mitternachtssonne hält wach

„Der Beruf des Braumeisters ist sehr fordernd“, sagt der 33-Jährige. Im Sommer arbeite er im Schnitt täglich 16 Stunden. „Bier fragt nicht nach Feierabend und Uhrzeiten“, zitiert Krebs ein Sprichwort. Die Mitternachtssonne hält wach. Kommt der Feierabend dann doch mal, findet er Ruhe in seinem Haus, Baujahr 1730, neben der Kirche. Ein bisschen erinnert ihn das an früher: „Ich hab’ ja mein Leben lang neben Kirchen gewohnt.“ Ein- bis zweimal im Jahr besucht Krebs Familie und Freunde in der Heimat. Zuletzt vergangene Woche. Seine Mutter ist Pfarrerin in Jockgrim. Voriges Weihnachten hat er dort sogar die Kirchenorgel gespielt, denn Ulrich Krebs ist ausgebildeter Organist.

Ein Pfloschen Bier

„Wer kein Bier hat, hat nichts zu trinken“, steht auf dem Etikett des Luther-Umtrunks. Ein Zitat des Reformators. Das selbst gebraute Bier seiner Gattin schätzte Martin Luther (1483−1546) übrigens so sehr, dass er während einer Reise schrieb, sie möge doch „ein Pfloschen ihres Bieres zu ihm schicken so oft sie könne“. Das schwedische Luther-Bräu anno 2017 kommt indes per Spedition nach Deutschland. Info —„Luthers festlicher Umtrunk“ wird bei Veranstaltungen zum Reformationsjahr im protestantischen Kirchenbezirk ausgeschenkt. Weitere Infos bei Jürgen Schaaf, Beauftragter Öffentlichkeitsarbeit, protestantische Kirchengemeinde Germersheim, Telefon 07274 9499920. —Im letzten Gottesdienst der Reihe „500 Jahre Reformation – ein Geschmackserlebnis“ am nächsten Sonntag, 27. August, 10 Uhr, im Gemeindehaus Germersheim, Hauptstraße 1, hält Pfarrer Peter Busch die Tischrede. Das Thema ist: „War der Evangelist Lukas ein Pfälzer? Was uns Luther in seiner Bibel verschweigt.“ Der Bläserchor Speyer übernimmt die musikalische Gestaltung. Im Anschluss ist eine gemeinsame Mahlzeit geplant. Beiträge zum Buffet sind erbeten.

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