Rheinpfalz Abschreiben erwünscht

Mannheim. Bis zum 31. Oktober wird im großen Jubiläumsjahr die „Mannheimer Lutherbibel“ entstehen. Die kühne Idee dahinter: Die Heilige Schrift soll von Hand abgeschrieben werden.

„Die Schnapsidee stammt von mir“, sagt Stefan Scholpp und lacht. Der Pfarrer merkte schnell, dass der Gedanke, die Bibel von Hand abzuschreiben, in seiner Gemeinde überwiegend auf Begeisterung stieß. Kirsten de Vos, Sprecherin der Evangelischen Kirche in Mannheim, spricht von einem „verwegenen Projekt“. Schließlich werden die 1189 Kapitel am Ende geschätzt 3500 Seiten füllen, die als „Mannheimer Lutherbibel“ am Reformationstag, dem 31. Oktober, in einem festlichen Gottesdienst an der Christuskirche präsentiert wird. Fünf Bände und ein Registerband mit Informationen zu den Bibelstellen, Schreibern, Projektförderern sowie Erfahrungsberichten. Buchpaten werden die Arbeit an dem Unikat koordinieren. Mit dem Projekt wolle er die Bibel ins Gespräch bringen, sagt Scholpp. Der Pfarrer an der Christus-Frieden-Gemeinde ist sich zudem sicher, dass das Abschreiben eines Textes grundsätzlich dazu führt, sich mit ihm auseinanderzusetzen und ihn zu verstehen. Soweit so gut. Aber welches Handwerkszeug ist nötig, um einer Bibelabschrift gerecht zu werden? „Diese wird deutlich dicker werden als eine gedruckte, denn es bedarf eines anderen Papiers“, erläutert Michael Wegner. Mit dem ehemaligen Synodenvorsitzenden und Vorstandsmitglied des Bibliographischen Instituts holte sich Scholpp ebenso einen Buchexperten ins Boot wie mit Klaus Hohlfeld, früherer Direktor der Stadtbibliothek Mannheim und zugleich Gemeindemitglied. Die Fachleute entschieden sich schließlich für ein 90 Gramm schweres, lichtbeständiges und nicht durchsichtiges Papier, das mit einem dokumentenechten, weich gleitenden Kugelschreiber beschrieben wird. Mit Linien bedruckt wurde das Papier in der Druckerei Schwörer. Gebunden wird die Bibel von Annette Schrimpf, Inhaberin der gleichnamigen Buchbinderei. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in der Quadratestadt, so dass die Bibel komplett „made in Mannheim“ sein wird. Mitschreiben kann jeder – unabhängig von Konfession, Glauben und Alter. Allein-Schreiber sind ebenso herzlich eingeladen wie diejenigen, die sich als Gruppe betätigen wollen. Das Beherrschen perfekter Schönschrift ist keine Voraussetzung. Wird einmal ein Fehler gemacht, wird dieser durchgestrichen und ausgebessert. „Das war früher in den Klosterbibliotheken nicht anders, als die Mönche Bücher übersetzten und abschrieben“, so Hohlfeld. In Anlehnung an diese Zeit, wird der Konfirmandensaal in der Christuskirche einmal im Monat zum „Skriptorium“ werden. Los ging es am 2. April. Dienstags bis freitags von 13 bis 17 Uhr können in der Kirche selbst Psalmen abgeschrieben werden. Auch das Schreiben zu Hause, im Schulunterricht, im Jugendtreff oder in den Gemeinden ist möglich. Ein Informationsblatt mit ausführlichen Hinweisen, beispielsweise zum Hochstellen von Verszahlen, gibt es mit dazu. Die Projektkosten beziffert Pfarrer Scholpp mit rund 10.000 Euro. Sie werden über eine Kollekte mitfinanziert. Zusätzlich werden Sponsorengespräche geführt. Das Mitmachen selbst ist kostenlos. Papier und Stifte werden von der Gemeinde gestellt. Noch Fragen? Weitere Auskünfte, Termine des Skriptoriums sowie die Schreibmaterialien gibt es im Pfarramt in der Werderstraße 15. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 10 bis 12 Uhr, und mittwochs, 16 bis 18 Uhr. Dort kann man sich anmelden und für eine bestimmte Bibelstelle registrieren lassen.

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