Zweibrücken Ordnungsamt gibt sich widerborstig

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Halteverbot ist Halteverbot, dachte sich Bernd Lohrum und zückte sein Handy. Er fotografierte das Auto des Ordnungsamts, das vorm evangelischen Krankenhaus parkte. Das gefiel den beiden Hilfspolizisten, die gegenüber Knöllchen verteilten, überhaupt nicht: Sie verlangten Lohrums Personalausweis. Der Zweibrücker weigerte sich. Die Ordnungshüter riefen die Polizei − und veranlassten, dass Lohrum Post bekommt: Er sollte 30 Euro zahlen, weil er sich weigerte, den Ordnungsbeamten seinen Ausweis zu zeigen.

Seit dem 3. Februar fragt sich Bernd Lohrum, ob beim Zweibrücker Ordnungsamt eigentlich alles in Ordnung ist. „Was für andere verboten ist, nehmen die sich raus. Das kann doch nicht sein“, berichtet er, was ihm durch den Kopf ging, als er am evangelischen Krankenhaus vorbeilief. Die Hilfspolizisten parkten dort, wo sonst niemand parken darf. „In der Nähe waren noch Parkplätze frei“, sagt Lohrum. Zwar nicht direkt in der Reihe gegenüber, aber in den Seitenstraßen. Lohrum fotografierte das Auto des Ordnungsamtes − „weil mir das Bild so gut gefiel“, wie er mit leichter Ironie zugibt. Irgendwo veröffentlichen wollte er es nicht, sagt er. Und selbst wenn: „Es war eine Straßenszene. Die zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes waren nicht auf dem Bild.“ Nur ihr Auto. Lohrum zeigte ihnen das Foto, als sie ihn darauf ansprachen. Dennoch erklärten die beiden Beamten, Lohrum verletze mit dem Bild ihre Persönlichkeitsrechte. Was er da mache, sei verboten. „Wo steht, dass man das Auto des Ordnungsamts nicht fotografieren darf?“, fragte Lohrum. Antwort bekam er keine. Er solle sich ausweisen, habe es stattdessen geheißen. „Ich bin nicht verpflichtet, mich ihnen gegenüber auszuweisen“, antwortete der 56-Jährige nach eigener Darstellung. Und hatte damit Recht. Denn im rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz steht: „Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können die Identität einer Person feststellen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr oder zum Schutz privater Rechte erforderlich ist.“ Doch bestand bei dem, was Lohrum tat, weder eine Gefahr noch verletzte er Rechte. Denn er fotografierte lediglich das Auto, nicht die beiden Mitarbeiter des Ordnungsamts. In den paar Minuten, die die Auseinandersetzung dauerte, seien der Mann und die Frau nicht nur pampig, sondern auch handgreiflich geworden, behauptet Lohrum. Die Beamtin habe ihn von hinten angerempelt, als er das Foto machte. Und als er nach dem ersten Wortwechsel habe gehen wollen, habe sie ihn „mit ausgestrecktem Arm zurückgestoßen“. Daraufhin verlangte Lohrum, die Beamten sollten ihre Dienstausweise zeigen, was sie jedoch nicht taten. Obwohl sie es eigentlich müssen, denn sie tragen keine Namensschilder. Stattdessen ging der Hilfspolizist ans Auto und präsentierte Lohrum ein Schreiben. Darin stehe, das Ordnungsamt dürfe überall parken, wenn es im Einsatz ist. Das mag ja sein, sagte Lohrum, doch er bleibe dabei und belasse seinen Ausweis im Geldbeutel. Daraufhin, so Lohrum, habe das Duo in Blau ihm mit der Polizei gedroht. Er, Lohrum, hatte nichts dagegen: „Bei denen weise ich mich aus, bei ihnen nicht.“ Die Polizei kam, hörte sich die Sache an, notierte Lohrums Personalien und ließ ihn gehen. Den Hilfspolizisten ließ die Sache aber offenbar keine Ruhe: Ein paar Tage später bekam Lohrum Post vom Ordnungsamt. Er solle 30 Euro Verwarnungsgeld zahlen − weil er seine Personalien nicht preisgab. Doch wie hatte das Ordnungsamt herausgefunden, wer er ist und wo er wohnt? Das Ordnungsamt hatte die Personalien von der Polizei bekommen − was jedoch nicht unüblich ist, das nennt sich Amtshilfe. Lohrum las den Brief und zahlte nicht. Die Stadtkasse wollte daraufhin das Geld eintreiben. Als Lohrums Anwalt sich einschaltete, zog sich die Stadtkasse zurück. Das Ordnungsamt blieb jedoch dabei: Lohrum sollte zahlen, weil er seinen Personalausweis nicht gezeigt hatte. Auch ein Anruf Lohrums im Rathaus brachte nichts: „Man ist da auf dem Standpunkt: ,Wenn unsere Leute was aufschreiben, dann sind sie im Recht’’’, schildert er seinen Eindruck des Telefonats. Die Begegnung vorm Krankenhaus war nach Bernd Lohrums Worten seine erste Auseinandersetzung mit dem Ordnungsamt. Und sie hat Eindruck hinterlassen. „Es ist absolut nicht in Ordnung, wie die Mitarbeiter unbescholtene Bürger behandeln. Auch wenn die das meinen: Die haben nicht unbegrenzt recht.“ Der Auffassung sei man keineswegs, sagt der Beigeordnete Henno Pirmann, der als Dezernent für das Ordnungsamt zuständig ist. „Bei uns hat nicht automatisch der Bedienstete recht − aber auch nicht der Bürger.“ Alles werde geprüft. Er wollte vergangene Woche den Vorfall und das Auftreten der Hilfspolizisten nicht näher kommentieren. Am Freitag sagte er dann im RHEINPFALZ-Gespräch, die Sache werde nicht weiter verfolgt, Lohrum müsse nicht zahlen. „Aber nicht weil die Zeitung angerufen hat, sondern weil wir die Aktenlage geprüft und uns entschieden haben, das einzustellen“, so Henno Pirmann. Er betont, die Beamten hätten korrekt geparkt. Die Stadt habe dem Ordnungsamt eine Ausnahmegenehmigung erteilt, die das Parken auch im eingeschränkten Halteverbot zulässt. Das sei durch Paragraf 46 der Straßenverkehrsordnung gedeckt: „Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen“, etwa „von den Halt- und Parkverboten“. Doch gilt das ganz generell, ohne Auflagen? „Wenn jetzt in unmittelbarer Nähe ein Parkplatz frei wäre, müssten sich die Kollegen natürlich dorthin stellen“, sagt Pirmann. Doch seien beispielsweise schon 200 Meter Entfernung nicht zumutbar. „Es gibt ja Fälle, in denen man sein Auto in der Nähe haben muss, weil man sein Material braucht.“ Bernd Lohrum freut sich, dass das Verwarnungsgeld vom Tisch ist. „Aber die Stadt sollte mit ihren Mitarbeitern vielleicht noch mal darüber reden, wie man mit Bürgern umgeht.“

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