Zweibrücken Zombies und Fleischkonsum

„Schwein“: Fleischkonsum und Treibhauseffekt sind die Themen, die Maler Karl Geistlich aus Offenbach an der Queich auf diesem Ge
»Schwein«: Fleischkonsum und Treibhauseffekt sind die Themen, die Maler Karl Geistlich aus Offenbach an der Queich auf diesem Gemälde zueinander in Beziehung bringt.

Aus der Blutwurst läuft Blut. Taube Ohren legt der Pfälzer Künstler Karl Geistlich in Aspik ein. Und der Mensch mutiert zu fremdbestimmten Monstern. Die Öl- und Acrylgemälde des in Offenbach am Glan lebenden Malers sind keine leichte Kost. Er hat aber auch angenehme Themen auf die Leinwand gebracht. Wie andere Pfälzer Künstler findet Geistlich das Schöne im Wald, und den hat er beeindruckend und groß in einem Gemälde gewürdigt.

Karl Geistlich, 1960 in Pirmasens geboren, hat den Anspruch, in seiner Malerei, politisch zu sein. Was heute nicht mehr viele Künstler sind, sofern man von politischen Kunstveranstaltungen wie der Kassler Documenta absieht. Geistlich kombiniert aber die Kunst und das Politische und erhöht nicht einfach eine politische Aktion kurzerhand zur Kunst, wie bei den Documenta-Künstlern geschehen. Das Politische ist zwar immer in der Kunst zu finden, allein dadurch, dass die Denkrichtung geändert wird und Fragen übrig bleiben. Sofern es echte Kunst ist und nicht einfach Dekoration. Geistlich, der bis vor zwei Jahren in Hauenstein ein Atelier hatte, ist ein politischer Künstler. Die Botschaft hat er sehr subtil in seiner Malerei untergebracht. Erst der zweite Blick offenbart, dass aus der Blutwurst das Blut herausläuft oder bei dem Gemälde „Schüssel“ der Fressende ein widerlich blutverschmiertes Gesicht hat. Oder das lustige Kind, das Münzen wirft. Die Generalsuniform ist erst beim genaueren Hinsehen zu erkennen. „Der Krieg ist ein Kind“ ist der Titel dieser Arbeit. Viele seiner Gemälde – zu sehen sind 32 Arbeiten, vom Kleinformat bis zu 1,80 mal 2,50 Meter groß – kommen ohne Titel aus. Die fremdbestimmten Zombies etwa, die sich vor blutrot-dunklem Horizont erheben und auf den Betrachter zuwanken, an Fäden von fremder Hand geführt. Hier bleibt Geistlich nicht subtil zurückhaltend, sondern wird ausnahmsweise direkt. Wieder etwas subtiler wird Karl Geistlich dagegen in dem Werk „Schwarze Sonne“. Die verdunkelte Sonne steht über einem noch leicht aufgewühlten Meer, in dem zerfetzte Flaggen von China, den USA, Nordkorea und anderen hochgerüsteten Staaten schwimmen. Der Hauensteiner gibt damit einen Ausblick, was beim großen Knall in Fernost letztlich übrig bleiben wird. Karl Geistlich hat große Vorbilder, und die verschweigt er auch nicht. Auf einem Gemälde ohne Titel beispielsweise huldigt er dem Berliner George Grosz und lässt nackte Brüste mit maskenhaften Gestalten und dunklen Herren auftreten. Oder die Anleihen bei Salvador Dali in den Bildern mit den fremdbestimmten Wesen. Geistlich greift Impulse aus der Kunstgeschichte auf und liefert neue Interpretationen. Ein großes Thema seiner Malerei ist der übertriebene Fleischkonsum. Die Kreatur hinter der leckeren Wurst bleibt meist verborgen bis auf die Arbeit „Schwein“, bei der das zweifelnd dreinschauende Tier den Betrachter ansieht, während sich im Hintergrund ein Unwetter karibischen Ausmaßes zusammenbraut. Den Zusammenhang zwischen Massentierhaltung und Treibhauseffekt haben viele noch nicht verinnerlicht. Geistlich bringt mit dem Schwein auf der Leinwand gleich mehrere Aspekte zusammen. Der Glaube spielt auch eine große Rolle in seiner Kunst. Auf vielen Bildern signiert Karl Geistlich mit einem detailreich ausgearbeiteten Kreuz zusätzlich zum Namen. Das Kreuz taucht auch in den Gemälden immer wieder auf. So in dem Werk „Ausblick“, das die Sicht auf die Landschaft draußen durch ein Kreuzfenster ermöglicht. Geistlich entwickelt einen ganz eigenen Blick auf die neutestamentarische Geschichte. Die wird in dem lebensgroßen Jesus am Kreuz deutlich, der den großen Ausstellungssaal dominiert. Jesus hängt da mit nacktem Oberkörper und Jeans bekleidet. Der Blick des Heilands ist das Besondere. Der Jesus nach der Interpretation von Geistlich schaut nicht leidend auf die Welt, sondern in einer fast schon amüsierten Art, auf jeden Fall aufmunternd und gut gelaunt. „Ich möchte keinen Jesus am Kreuz, der leidet, sondern Kraft ausdrückt und sagt, dass er immer noch was bewirkt“, erklärt Geistlich dazu. Ausstellung Karl Geistlich: „Der zweite Blick“, Malerei, Kreisgalerie, Dahn, Schulstraße 14, Telefon 06381/3222, bis 15. Oktober, Öffnungszeiten: täglich von 15 bis 18 Uhr.

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