Zweibrücken Von Knaubern, Schwenkern und Baumarkt-Weltmeistern

Welch netter, höflicher Mensch: Per Handschlag begrüßte Frank Sauer einige der gut 100 Zuschauer, die am Samstagabend zu seiner Vorstellung in die Festhalle nach Blieskastel kamen. Aber der Kabarettist kann auch anders. Das bewies er bei seinem gut anderthalbstündigen Auftritt. Das Publikum feierte ihn am Ende begeistert.

Gemütlich und ein bisschen eng ist es im Foyer der Bliesgauhalle. Der Zuschauer ist nah dran an der Bühne, kann Mimik und Gestik des Künstlers genau beobachten. Frank Sauer hat dem Publikum etwas mit auf den Weg oder besser gesagt auf die Schnellstraße zu geben. Geschwindigkeit, subsumiert unter dem Motto „Mit Vollgas in die Sackgasse“, ist nämlich das Thema des Abends. Mit Vollgas ist Frank Sauer vor gut einem Jahr in Richtung seines neuen Wohnorts Blieskastel gedüst. Bei Kaiserslautern trat er ordentlich aufs Gaspedal und, schwupps, landete er in Metz. „So klein ist das Saarland.“ Aber Sauer will es sich mit seinen Mitbürgern nicht verscherzen, berichtet vom Einbürgerungstest. Gestrenge Jurymitglieder, die statt Hüte Kappen und statt Halskrausen Lyonerringe trugen, befragten ihn: „Unn?“ Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort: „Ei gudd.“ Bestanden. Der Saarländer als Baumarkt-Weltmeister, als Knauber und Schwenker ist ihm nicht mehr fremd. Auch wisse er, dass hier einiges „mitgehol“ wird, was andernorts gestohlen wäre. Er liebe den Lebensstil der Saarländer, ihr Laissez-faire. Mit Verve macht der Kabarettist Tempo. Da erfänden die Menschen Apparate und Geräte, die das Leben erleichtern. Aber statt die gewonnene Zeit zu genießen, stürzten sie sich in immer neue Aktivitäten. Das Schlimme sei, dass „stets mehr Leistung in weniger Zeit gefordert wird“. Muße oder Warten, Zeit, die jeder nutzen könne, um seinen Gedanken nachzuhängen, seien heute verpönt, stellt der Künstler fest. Jede freie Minute werde auf dem Smartphone herumgedaddelt. In einer herrlichen Wartezimmer-Szene schildert der Blieskasteler, wie er einen Dauertelefonierer zum Aufhören bewegt: einfach das eigene Handy zu jenem hinhalten, so tun, als würde ein Bekannter am Ende der Leitung mithören, und das Ganze kommentieren. Als ein Phänomen unserer Tage macht Sauer die „Abkürzeritis“ aus. Zahlen und Buchstaben in einer kruden deutsch-englischen Mischung aneinandergereiht. „W8 4 me“ heißt „wait for me“, also warte auf mich, „abs310“ meint abstreiten. „Da möchte man doch Gehirnlappen-Herpes kriegen“, bilanziert Sauer. Furchtbar findet er Satzamputationen wie „Ich kann Kanzler“. Wo spielt Langsamkeit eine Rolle? Im Sport sicher nicht, bekräftigt der Künstler und nimmt das Stichwort zum Anlass, um über divenhafte Fußballer herzuziehen. Wunderbar mimt er die verkappten Freaks und verhinderten Showtalente, die auf dem Platz einen schwanenseegleichen Tanz an der Eckfahne zeigen. Manch Kalauer und auch nachdenkliche Töne flicht Frank Sauer in seine Passagen ein. Was ist der Preis für unsere Freiheit, auf den Autobahnen rasen zu dürfen? Na ja, gerade mal 3000 Tote im Jahr im Straßenverkehr. Dafür lohne es sich nun wirklich nicht, die ISA, die Intelligent Speed Adaption oder automatische Tempoanpassung, zu propagieren. „Da hält der ADAC zu Recht dagegen.“ Doch Sauers Füllhorn birgt noch mehr Erkenntnisse. Er referiert über die Gefahren von Krankenhauskeimen, eine irrwitzige Odyssee bei Ikea und die Bedeutung der richtigen Balance im Leben. An guten Tipps mangelt es dem Künstler nicht, und dankbar werden diese, weil witzig und pointiert daherkommend, vom Publikum konsumiert. Die wahre Ruhe finde der Mensch nur, wenn er sich fortbewegt; ins Universum, wo es weder Zeit noch Raum, sondern nur unendliche Stille gibt. Dahinter stecke ein Plan, ein geordnetes Bewusstsein. Gleich darauf bricht er mit einem herzhaften Coup die meditative Stimmung. Mit kräftigem Applaus danken die Zuschauer für die neuen Einsichten, für Sprach- und Wortakrobatik und nicht zuletzt für die gelungenen Tanz- und Gesangseinlagen.

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