Zweibrücken Stanley Kubricks Mann fürs Deutsche

In Saarbrücken wird er wohl immer im Schatten des anderen, des größeren, international bedeutenderen Regisseurs Max Ophüls stehen, dabei wurde auch Wolfgang Staudte (1906-1984) in Saarbrücken geboren. Ein neues Buch wirft Schlaglichter auf sein Leben und seine Filme, die das Nachkriegsdeutschland so nachhaltig prägten – und zeigt, dass Staudte durchaus international geschätzt wurde. Stanley Kubrick wollte ihn und niemand anderen, als es darum ging, seine Filme zu synchronisieren.

Kubrick (1928-1999), einer der Top Ten aus dem Regisseurs-Olymp, wollte Staudte als Synchronregisseur für drei seiner 13 Filme: „Uhrwerk Orange“ (1971), „Barry Lyndon“ (1972) und „Shining“ (1980), beim nächsten Film „Full Metal Jacket“ (1987) lebte Staudte nicht mehr. Perfektionist Kubrick verpflichtete für die Synchronfassungen gerne Ausnahmeregisseure und überprüfte das Resultat auch. Zwar berichtet der Saarbrücker Filmwissenschaftler Nils Daniel Peiler in seinem Beitrag nicht, wieso Kubrick auf Staudte kam, aber Kubrick hatte eine besondere Beziehung zu Deutschland. Er war mit der deutschen Schauspielerin Christiane Harlan verheiratet, sein deutscher Schwager Jan Harlan war sein ausführender Produzent seit den 70er Jahren. Staudte war ein Synchronpionier als Schauspieler („Im Westen nicht Neues“ von Lewis Milestone, 1930) und Regisseur („Iwan, der Schreckliche“ von Sergej Eisenstein, 1945), so Peiler. Staudte machte seine Arbeit so gut, dass er als einziger drei Filme synchronisieren durfte. Kubrick, der jeden Synchronsprecher erst nach Hörprobe absegnete, wusste wohl auch, dass Staudte namhafte Schauspieler verpflichtete. Er nahm Jörg Pleva für alle Hauptrollen: Malcolm McCowell, Jack Nicholson und Ryan O’Neal, die vertraute Stimme kam beim deutschen Publikum gut an, wie Peiler vermutet. In „Uhrwerk Orange“ meisterte Staudte den Einsatz der Kunstsprache Nadsat mit russischen Anleihen und erfand neue Schimpfwörter. In „Barry Lyndon“ schaffte er es, dass die Ironie des Erzählers erhalten bleibt, und in „Shining“ rettete er die Anspielungen zu US-Filmen für das deutsche Publikum. Angesehen von dem Nachdruck eines Interviews, das Pit Klein 1979 für den SWR mit Staudte führte, bietet Peilers Betrag den größten Aha-Effekt. Lesenswert sind auch der Nachdruck der Beiträge der Zeitschrift „Film-Dienst“ (Heft 21/2006) zu Staudtes 100. Geburtstag, in denen Schauspieler wie Götz George (er begann seine Karriere in Staudtes „Kirmes“), Armin Mueller-Stahl, aber auch Kritiker wie Peter W. Jansen und Politiker wie Oskar Lafontaine sich an Begegnungen mit Staudte erinnern. Die anderen (mitunter schwer lesbaren, weil sehr wissenschaftlichen) Texte befassen sich mit Einzelaspekten zu den Filmen „Die Mörder sind unter uns“ (1946), „Der Untertan“ (1951), „Rosen für den Staatsanwalt“ (1959), „Kirmes“ (1960) und „Herrenpartie“ (1963). Lesezeichen Uschi Schmidt-Lenhard/Alf Gerlach (Herausgeber): „Wolfgang Staudte – nachdenken, warum das alles so ist“. Schüren Verlag Marburg 2017, 224 Seiten, 57 schwarzweiße Abbildungen, 24,90 Euro.

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