Zweibrücken Salto mit Falco

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Am Ende sang, klatschte und bewegte sich das ganze Publikum. „Die Nacht der Musicals“, die am Donnerstag im wahrsten Sinne des Wortes die Festhalle in Zweibrücken rockte, begeisterte rund 400 junge und ältere Besucher.

Ausschnitte aus 18 Musicals haben die Veranstalter ausgewählt. Jedes einzelne setzen die Solisten, Merle Saskia Krammer, Cemile Bakanyildiz, Timothy Martin und Christian Schöne, die alle ausgebildete Sänger sind, mit der Broadway Musical Dance Company brillant um. Die Bühne, die zu Anfang in Dunkelheit gehüllt ist, lässt schemenhaft die vielen Scheinwerfer erkennen, die die Sänger und manchmal den Saal blitzartig in schillerndes Licht rückten Tänzer in Trainingsanzügen stürmen heran. Timothy Martin als Uncle Sam erscheint. Über die Videoleinwand werden – wie auch bei den anderen Darbietungen – passende Bilder eingespielt. Mit einem kräftigen Sound ertönt „Eye of the Tiger“ aus „Rocky“. Ganz ruhig dagegen war das Duett „Wahres Glück“, bevor es in „Fight from the Heart“ im wahrsten Sinne des Wortes kräftig zur Sache geht. Im Boxring liefern sich die Helden den Kampf ihres Lebens. Der Fokus ist auf Christian Schöne gerichtet: Schwarzer Ledermantel, dunkles T-Shirt mit stilisiertem Kreuz, dunkle Hose, die blonden langen Haare offen, der Kopf nach oben gereckt. Schöne ist der Jesus in „Jesus Christ Superstar“. Gestik, Mimik, Gesang – perfekt. Und um ihn tanzen, ja, sind es Teufel, sind es Engel? Nach einem eher getragenen Einstieg fetzt es plötzlich fast im Hip-Hop-Stil. Eine wahrlich einschlagende Version des Traditionsmusicals. Ein Salto bildet den Auftakt zu „Falco“. In den angedeuteten typischen Kostümen der Mozart-Ära finden sich nach und nach alle Tänzer ein. „Vienna Calling“ und der einst so umstrittene Hit „Jeanny“ setzen die Darsteller meisterhaft in Szene. Da erscheint auf der Leinwand ein Bild des jungen Mozart. „Rock Me Amadeus“ lässt die Festhalle erbeben. Hunderte Köpfe zucken mit. Wieder ist es Schöne, der im rot-glänzenden Mozart-Kostüm – mit hochgestecktem Pferdeschwanz –Auge und Ohr magisch auf sich zieht. Ist das nicht doch Udo Lindenberg? Nein, nur ein Double, das ihm im Aussehen und auch stimmlich gleicht. In grauer Uniform taucht das „Mädchen aus Ostberlin“ auf, und in einem melancholischen Duett besingen die beiden die Stimmung, die vor dem Mauerfall zwischen dem Mann aus dem Westen und der Frau aus dem Osten herrschte. Primaballerina, Kasatschok, Wodka – alle Klischees, die sich mit Moskau verbinden lassen, setzt das Tanzensemble um. Nicht weniger eindrücklich die Einlage „Gitarren statt Knarren“. In der Dunkelheit leuchten die Instrumente der Musiker, die am Ende die Waffenträger besiegen – welcher Hit könnte politisch aktueller sein? Zum Schluss natürlich der Namensgeber des Musicals „Hinterm Horizont“, in den der Saal einfällt. Wow! Heiße Szenen spielen sich ab und mittendrin einmal mehr Schöne, in glitzernder Corsage, eingefärbten Nylonstrümpfen, abartig hohen Schuhen und sonst fast nichts. Der Sänger mit der gigantischen Tenorstimme gibt im Ausschnitt von „The Rocky Horror Show“ den „Sweet Transvestite“. In diesem Outfit stakst er gar in den Zuschauerraum und lässt sich von den Frauen bewundern. Immerhin organisiert er für Petra, die an diesem Tag Geburtstag hat, ein Ständchen. Die Anhänger der einstigen österreichischen Kaiserin kommen bei „Elisabeth“ auf ihre Kosten. In einem weißen Traumkleid, das Haar im Sissy-Look mimt Cemile Bakanyildiz perfekt die unglückliche Frau. Ausdrucksstark, klar und deutlich legt sie dar, dass sie sich nicht gängeln lässt. „Ich gehöre nur mir“, betont sie und pocht auf ihre Freiheit und Unabhängigkeit. Als kongenialer Gesangspartner steht ihr Timothy Martin zur Seite. Gemeinsam oder solo beweisen sie, dass sie ihr Handwerk von der Pike auf gelernt haben. Mit einem Medley aus dem Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“ endet der offizielle Teil der „Nacht der Musicals“. Ohne Zugaben dürfen die Darsteller allerdings nicht die Bühne verlassen. Frenetischen Applaus schicken ihnen die Zuschauer hinterher.

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