Zweibrücken Neunkirchen live in Facebook

Es war ein toller Abend mit lang vermissten Titeln und schönen, improvisierten Fassungen bekannter Songs.
Es war ein toller Abend mit lang vermissten Titeln und schönen, improvisierten Fassungen bekannter Songs.

Vor Konzerten wird oft darauf hingewiesen, dass das Filmen und Fotografieren aus urheberrechtlichen Gründen verboten ist. Laith Al-Deen lässt aber von seinem Management vereinzelt Lieder seiner Konzerte live über ein Mobiltelefon in Facebook streamen. So auch in Neunkirchen, wo er am Freitagabend in der Gebläsehalle auftrat.

Wer auf Konzerten auch nur Schnipsel mit dem Handy mitschneidet, bewegt sich auf dünnem Eis. Was für die meisten Konzertgänger selbstverständlich zu sein scheint, ist immer ein Bruch des Urheberrechts. Darauf weisen auch Schilder an den Eingangstüren zur Neunkircher Gebläsehalle hin. Es gibt Künstler, die zur Vermeidung von illegalen Mitschnitten das Mitführen von Multifunktionstelefonen in ihren Konzerten verbieten. Wer dennoch sein Handy zückt, wird mindestens zurecht gewiesen. Und bekommt es schlimmstenfalls noch mit Anwälten zu tun. Laith Al-Deen geht einen anderen Weg. Das zweistündige Konzert in der Gebläsehalle, anlässlich der Neunkircher Nächte, geht einem schönen Ende entgegen. Im Gegensatz zum etwas schwerfälligen Auftritt in der Garage Saarbrücken im Vorjahr – wegen zu vieler Schlagerelemente – ist das Konzertprogramm des Halb-Irakers wieder auf Spur. Mehr Dynamik, andere Songs, lang vermisste Titel und die wie immer hohe Kunst der Improvisation vermischen sich zu einem tollen Abend. Und dann passiert zum Schluss etwas, was den Rolling Stones, U2, Sting, Madonna und Helene Fischer wohl den Angstschweiß aus der Stirn herausdrücken würde. Al-Deens Managerin Kiki Röhlke streamt die Songs „Bleib unterwegs“ und „Jedesmal“ live per Smartphone ins Internet; auf Facebook. Vor allem im Fall von „Jedesmal“ ist das ein tolles Geschenk. Al Deen und seine Jungs langweilen das seit Jahren treue Konzertpublikum eben nicht mit originalgetreuen Fassungen bekannter Lieder. Speziell aus „Jedesmal“, einer im Original minimal instrumentierten Ballade, wird ein basslastiges, tanzbares Spektakel. „Wir machen das für die Fans, die weit weg wohnen und deshalb nicht dabei sein können. Immer wieder mal, schon den ganzen Sommer über“, spricht Röhlke und verschwindet danach so schnell, wie sie zum Filmen ans Mischpult gekommen war. Das ist eine erstaunliche Entscheidung, die Hochachtung verdient. Al-Deen war schon von jeher ein hervorragender Bühnenkünstler. Solche Ausschnitte können Unschlüssige in seine Konzerte locken. Und davon leben Musiker heute hauptsächlich; in der Zeit der illegalen Downloads und des Filesharings. Man hätte noch viele andere tolle Momente der Neunkircher Nacht ins Internet stellen können. In „Nur wenn sie daenzt“ mischt Al Deen Molokos Partyhymne „Sing it Back“. Vorne hört er eine Frauenstimme mit umwerfender Soulpower. Er unterbricht, weist seine Band an, leiser zu spielen, bis er die Dame gefunden hat. Die Konzertbesucherin darf dann mit Mikrofon und voller Kraft mitsingen. „Damit ich wieder schlafen kann“ aus dem Jahr 2005 ist geprägt vom mitreißenden Gesang eines Marokkaners. Man wollte ihn damals eigentlich mit auf Tournee nehmen. „Er war dann einfach weg. Er hatte keine Geburtsurkunde, wusste nicht mal seinen richtigen Namen. Er ist einfach verschwunden. Vielleicht gibt es ihn noch. Ich hoffe es sehr, und wir haben ihn hier halt auf Band dabei“, erklärt der Sänger. Dramatisch variiert kommt das Lied von der Schlaflosigkeit in Neunkirchen an, mit einer Gitarre im Stakkato. Das hat was Bedrohliches. Die Bühne versinkt im blutroten Licht. Die Musiker sind kaum zu erkennen. Auch so kann man ein Signal setzen. Bravo!

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