Zweibrücken Mit Familie des Feindes befreundet

Die Amerikanerin Helen Patton hat lange in Käshofen gewohnt. Unser Bild zeigt sie vor ihrem Haus im Zweibrücker Land.
Die Amerikanerin Helen Patton hat lange in Käshofen gewohnt. Unser Bild zeigt sie vor ihrem Haus im Zweibrücker Land.

Helen Patton, Enkelin des amerikanischen Panzergenerals George S. Patton, die lange in Käshofen gewohnt hat, hält die Umbenennung von Bundeswehrkasernen, die bisher nach Generalfeldmarschall Rommel benannt sind, für einen Fehler.

Im April wurde der unter Terrorverdacht stehende Bundeswehroffizier Marco A. verhaftet. Er soll aus rechtsextremer Gesinnung gehandelt haben. Danach wurden auf Anweisung von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen Bundeswehrkasernen untersucht, um zu prüfen, ob sich dort Erinnerungen an die Wehrmacht der Nazi-Zeit finden. Das betrifft auch Spuren, die bisher dem Traditionserlass der Bundeswehr entsprechen. Der Erlass regelt, was erlaubt und was wegen Verherrlichung der Nazi-Zeit verboten ist. Auch drei nach Generalfeldmarschall Erwin Rommel benannte Kasernen sind von den Folgen des Skandals betroffen. Sie könnten umbenannt werden. Helen Patton, Enkelin des amerikanischen Panzergenerals George S. Patton, der im Zweiten Weltkrieg Kriegsgegner von Rommel war, hält das für einen Fehler. Helen Patton hat viele Jahre in Homburg und Käshofen verbracht. Auf der Sickinger Höhe besitzt sie immer noch das einstige Familienhaus. Erwin Rommel und ihr Großvater George S. Patton standen sich im Zweiten Weltkrieg als Kommandeure von Panzereinheiten gegenüber. Sie starben kurz vor und kurz nach dem Ende des Kriegs und erlebten nicht mehr, wie auf Initiative von Helen Pattons Vater eine bis heute andauernde Freundschaft zwischen beiden Familien entstand. Helen Pattons Vater war zu jung, um im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen. Er kam aber kurz nach dessen Ende als Soldat in die Nähe von Stuttgart und beschloss, die Familie von Erwin Rommel aufzusuchen. „Zuerst herrschte gegenseitiger Respekt zwischen den Familien. Daraus wurde Zuneigung. Aus dieser Zuneigung heraus konnte man sich gemeinsam an einen Tisch setzen, um über die schlechten und guten Zeiten zu sprechen“, berichtet die Amerikanerin. Die ehemalige Käshoferin hält die mögliche Umbenennung der drei Rommelkasernen in Augustdorf, Nordrhein-Westfalen, in Osterode, Niedersachsen, und in Dornstadt, Baden-Württemberg, für einen Fehler. „Ich glaube, das ist eine falsche Entscheidung. Ich denke, dass Rommel dadurch, dass er für sein Handeln mit seinem Leben bezahlt hat, sehr deutlich machte, wie er zu Adolf Hitler stand. Vorher hat er nur das getan, was er als Soldat zu tun hatte. Er hat getan, wozu er ausgebildet wurde. Wer seine Geschichte nun bis auf den Keim auslöscht, indem man die nach Erwin Rommel benannten Kasernen umbenennt, löscht seine Entstehungsgeschichte aus“, sagt Helen Patton. Wenn Kasernen in Erinnerung an einen herausragenden Militärstrategen nach Rommel benannt wurden, habe man sein Können als Soldat geehrt. Zwar könne es nicht angehen, das man wahllos Kasernen nach Wehrmachtsgenerälen benennt. Der Fall Rommel liege aber anders, meint Helen Patton. Auch ihr Großvater George S. Patton habe seinem Gegner im Zweiten Weltkrieg Anerkennung gezollt. Der amerikanische General habe Rommels Bücher zur Militärstrategie gelesen und als ausgezeichnet bewertet. Wegen seiner Bewunderung für die militärische Disziplin des Feindes, sei General Patton eine Sympathie für die Ideologie des Nationalsozialismus unterstellt worden. „Er mochte die Nazis aber nicht, sondern bewunderte nur deren organisatorische Fähigkeiten. In Amerika herrscht dazu vergleichsweise ein Chaos“, erklärt die Enkelin Pattons. Sie ist überzeugt: „Man muss nicht alles aus dem Gedächtnis streichen, was schlecht gewesen ist. Wer kann Manfred Rommel betrachten, ohne sich an seinen Vater Erwin zu erinnern? Man kann doch auch nicht mehr rückgängig machen, dass Manfred Rommel Oberbürgermeister in Stuttgart war, nur weil er an seinen Vater erinnert. Wer den Namen von Rommel aus den Kasernen streicht, der verfälscht Geschichte.“ Die Amerikanerin hat dem ehemaligen Familiendomizil in Käshofen den Namen Patton-Rommel-Haus gegeben. „Ich denke dabei an das Gute, das aus dem Schlechten entstanden ist. Wenn unsere beiden Familien sich nicht angefreundet hätten, wäre es mir vielleicht nicht möglich gewesen, einen deutschen Mann zu lieben, zu heiraten und mit ihm zwei Kinder groß zu ziehen. Sie sind nun junge Männer geworden. Und sie werden dazu beitragen, dass die Wunden der Vergangenheit weiter heilen.“ Wegen des Skandals um den verhafteten Bundeswehroffizier kam es auch in der Zweibrücker Niederauerbach-Kaserne zu einer Hausbegehung (wir berichteten am 23. Mai). Danach wurde ein Zitat in einem nicht mehr genutzten Teil der Kaserne entfernt, das von Generalfeldmarschall Erwin Rommel stammt. Die von Rommel getroffene Aussage zum Thema Logistik sei sachlich richtig, hieß es vonseiten der Zweibrücker Bundeswehr. Sie habe auch nicht gegen den Traditionserlass verstoßen. Trotzdem ließ Oberst Andreas Steinhaus, Kommandeur des Fallschirmjägerregiments 26, den Spruch entfernen, da nun alles auf dem Prüfstand stehe, was den politischen Hintergrund der Wehrmacht aus der Nazi-Zeit verherrlichen könnte.

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