Kreis Südwestpfalz Ein Clown hat halt kein Schießgewehr

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„Geht jemand zum Maskenball, ist wahrscheinlich Karneval.“ Die fünfte Jahreszeit ist morgen am Aschermittwoch vorbei, in der Region hat es während der vergangen Wochen wieder Prunksitzungen und andere Faschingsveranstaltungen gegeben. Die Akteure und Organisatoren standen unter Druck, ihre Erinnerungen an die eigenen Faschingszeiten früherer Tage sind jetzt, da sich die Spannung gelöst hat, abrufbar. Unter anderem geht es um die alte Frage: „Cowboy oder Indianer?“

Sascha Blum

weiß noch, dass er im Alter von etwa drei Jahren im Cowboy-Kostüm auf dem Schoß seines Großvaters gesessen hat, denn der Opa hat an Fasching immer Musik gemacht. Im Gasthaus Schneider in Battweiler habe es samstagabends die Fasenachtsveranstaltungen für die Erwachsenen gegeben. „Und für uns Kinder einen extra Maskenball“, erinnert sich der 40-Jährige, der zu den Aktiven des Battweiler Karnevals gehört. Die Kostüm-Palette sei damals nicht sehr breit gewesen, einen Darth Vader beispielsweise habe man sicher nicht in Battweiler rumlaufen sehen. „Aber als Zorro ist man später auch gerne gegangen“, erzählt Blum. Fransen an den Jeans hätten dann im Teenageralter keine Rolle mehr gespielt, der Wiedereinstieg ins karnevalistische Geschehen erfolgte 1999. Sascha Blum hat im Männerballett mitgetanzt, dann ging’s in die Bütt. Solche Vorträge war er vom Lesen der Kerwerede schon gewohnt. Auch Tino Weber schlägt einen Bogen vom Straußbubenwesen zum Karneval. Hier wie dort gehe es um Brauchtum, Riten und jede Menge Spaß. Letzteren hat der 36-Jährige als Sitzungspräsident in Hornbach und das seit mittlerweile fünf Jahren. „Dieses Jahr hatten wir unsere 22. Sitzung“, erzählt er. Seine Kinderfaschingserinnerungen spielen in der alten Turnhalle der Klosterstadt. „Die Kinder hatten den Fasching, die Erwachsenen den Spaß“, flachst er. Die Eltern hätten das Beisammensein gerne zu eigener ausgiebiger Fröhlichkeit genutzt. „Deshalb war der Kinderfasching besonders lang“, so Weber. Verkleidet sei er zumeist als Cowboy gewesen, Hauptmotiv dafür sei „das Schießgewehr“ gewesen. „Ich wollte auch mal als Clown gehen, ließ es aber doch sein, weil der eben kein Gewehr hatte.“ Auch Gerdi Dahlhauser ist seit Jahren eng mit dem Hornbacher Fasching verbunden, die Söhne der 61-Jährigen aus Mauschbach machen ebenfalls mit. Wahrscheinlich gab der gleichnamige Spielfilm aus dem Jahr 1950 den Ausschlag, dass in Dahlhausers Kindertagen das „Schwarzwaldmädel“ eine beliebte Mädchenverkleidung war. „Ich war stolz“, erinnert sie sich. Ihre langen schwarzen Zöpfe hätten gut zum typischen Bollenhut gepasst, „auf den meine Mutter die Quasten genäht hatte“. Die kostümierten Kinder seien damals durch Mauschbach gezogen, an den Haustüren habe es Fasenachtsküchlein und Geld gegeben, mit dieser Ausbeute habe sich die Schar dann ins Gasthaus gesetzt. „Und Sinalco bestellt.“ Edith Schneider (61) und Lore Marhöfer (55) sind Schwestern, die leidenschaftlich im Käshofer Karneval mitmischen. Anfang der 80er Jahre füllten sie mal gemeinsam eine „Lila Kuh“ aus. „Das war beim Maskenball des TTC Käshofen“, erzählt Edith Schneider. Damals habe es Prämierungen fürs originellste Kostüm gegeben, das Schwesternpaar habe den zweiten Platz belegt. „Das Bäckerauto hat uns damals mit ans DGH genommen, weil das Kostüm so sperrig war. Wir haben es nur einmal getragen, die Leute wussten ja dann, wer im Kostüm steckt“, berichtet Lore Marhöfer. Das Kuhkostüm ging später nach Medelsheim, wurde dort verwendet und kam schließlich wieder zu den Ursprungsbesitzern zurück. „Später wanderte es zum Sperrmüll“, erzählt Edith Schneider, die Besatzung des Sperrmüllautos habe es aber nicht hintenrein zum Unrat geworfen, sondern – wahrscheinlich zur eigenen Verwendung – mit ins Fahrerhaus genommen. In Lambsborn organisiert der Freizeitclub Lambsbachtal das Faschingstreiben, und Günter Agne war lange Vorstand der Freizeitgemeinschaft. „Seit 1980 veranstalten wir hier mit Erfolg den Karneval“, sagt er. Vorher sei das Auf-die-Beine-Stellen Sache von Gesangs- und Sportverein gewesen. Agne zufolge gibt es für die Kappensitzungen nur zwei Aggregatzustände: „Fast ausverkauft oder total ausverkauft.“ Das sei engagierten Leuten wie dem Sitzungspräsidenten Thomas Bleyer zu verdanken, der den Job schon 36 Jahre lang mache. Und Peter Bleyer, der Agne im Amt des Vorsitzenden abgelöst habe, sei mit sechs Jahren schon ein guter Büttenredner gewesen. Als Günter Agne noch im Pimpfenalter war, sprang er bevorzugt im Cowboykostüm durch die Gegend. „Indianer wollte ich nie sein“, sagt er. Anno Tobak – 1963 – habe an Fasching mal hoch Schnee gelegen, damals, sei er folglich eine Art „Schneecowboy“ gewesen. Sabine Weber ist Mitorganisatorin der Faschingsveranstaltung des FC Kleinsteinhausen. „Wir sind ein kleines, gut eingespieltes Team“, sagt sie. Eine solche Veranstaltung zu planen und durchzuführen, sei „harte Arbeit, die sich lohnt, wenn du hörst, dass es den Leuten im Saal gefallen hat, sie mal einen Abend lang den Alltag hinter sich lassen konnten“. Als Kind hat sich Sabine Weber begreiflicherweise noch keine Hintergrundfragen zum Thema gestellt. „Kinderfasching, das hieß damals einfach nur Spaß“, erzählt sie. Im Petersberger Sportheim wurde gefeiert. An was sich Weber auch gerne erinnert, sind die von der Mama gebackenen „Fasenachtskiechelcher“. Auch fürs Schneidern der Kostüme sei die Mutter zuständig gewesen: „Prinzessin wollte ich nie sein. Lieber Indianerin, Cowgirl oder Zigeunerin.“

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