Zweibrücken Die Eifel, der Schnee und die Inuit

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„Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“ dichtete Goethe. Der Zweibrücker Fotokünstler Jürgen Rinck ist ebenfalls zu dieser Erkenntnis gekommen. In den Vorjahren bereiste er ganz Europa mit dem Rad. Nun hat er sich auf die Heimat konzentriert. „Ums Land“ hat er die Fotoreise mit dem Fahrrad genannt und die Grenzen von Rheinland-Pfalz ausgelotet. Noch ist er nicht am Ziel, doch das bislang Erlebte ist schon genug für einen ganzen Roman.

14 Reisetage liegen hinter Jürgen Rinck, aber keine Zeit, sich auszuruhen. Das Fotomaterial muss gesichtet und bearbeitet werden. Schließlich kann man mit dieser Tour viel abdecken. Kunst zum einen, Tourismuswerbung zum anderen. Oder einfach nur, den Menschen ihre Heimat wieder nahezubringen, an der man leider viel zu oft achtlos vorbeifährt. Aber zurück zum Anfang. Der war auf dem Herzogplatz in Zweibrücken. Dort quert der Rheinland-Pfalz-Radweg, dem Jürgen Rinck planmäßig folgen will. Gerade hat der Regen aufgehört, ein gutes Omen. Von dort über die Höhenstraße nach Wallhalben und weiter bis nach Kusel. Apropos Höhe. 6500 Höhenmeter muss man bewältigen, wenn man den Weg rund ums Bundesland absolviert. Der ist mehr als 1000 Kilometer lang. Also geht es rein statistisch jeden Kilometer 6,5 Meter bergauf oder bergab. Bis Kusel geht alles gut. Das ist bekanntes Terrain. Doch danach verliert der Reisekünstler im Gewirr der kleinen Dörfer die Orientierung. Auch an der Grenze zu Rheinland-Pfalz gibt es kleine Abenteuer. Nicht nur die Landschaft steht im Interesse von Jürgen Rinck, wichtig sind auch die Begegnungen mit den Menschen. Einmal radelt er ein Stück des Wegs mit einem seltsamen Jungen, der sich als höchst neugierig entpuppt. Dann plaudert er mit zwei älteren Damen am Kaffeetisch über die Namen der örtlichen Bäche. Oder die ganz und gar analoge Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten – Jürgen Rinck fragt sich bei den Einheimischen durch. Am Abend dann ganz digital, wenn es um die Übermittlung der Reiseerlebnisse geht. Eben eine Reise der Kontraste zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Und immer wieder bergauf, bergab, im Sägezahnmuster, wie Rinck erzählt. Und es gibt Überraschungen. Etwa ein Buddhistenkloster in Traunbach nahe Birkenfeld. Oder wenn plötzlich eine Concorde auftaucht, die sich als Exponat im Hermeskeiler Flugzeugmuseum entpuppt. Garstige Orte gibt es auch, wie Rinck Thiergarten beschreibt, das höchste Dorf der ehemaligen Rheinprovinz. Andere Strecken sind paradiesisch, wenn der Radweg über eine alte Bahntrasse führt, keine Autos fahren und alle paar Meter einladende Picknickbänke stehen. Das erlebt man oft in der Eifel. „Die Bewohner dort kennen mehr Worte für Eifel wie die Inuit für Schnee!“ wundert sich der Globetrotter. In Altenahr erlebt der Künstler die morbide Atmosphäre einer einst blühenden Bäderstadt. Natürlich immer die Kamera im Anschlag, denn alles soll dokumentiert werden. Endlich am nördlichsten Punkt von Rheinland-Pfalz. Denn es geht ja immer an der Grenze des Bundeslandes entlang. Orte, von denen man wahrscheinlich noch nie gehört hat. Friesenhage, Betzdorf, Wissen. Jetzt geht es nur noch bergab, hinunter zum Rhein. Vorbei an Niederfischbach, einem untergegangenen Dorf, das 1853 von allen Einwohnern verlassen wurde, die sich auf den Weg in die Neue Welt gemacht hatten. Schließlich erreicht Jürgen Rinck das ihm wohlbekannte Mainz. Dort warten Freunde mit einer Überraschungsparty auf ihn. Und schon wieder der Heimweg. Den Umständen geschuldet allerdings per Bahn zurück nach Zweibrücken. Doch die Reise wird fortgesetzt. Schließlich hat Johann Wolfgang von Goethe auch sein anfangs zitiertes Gedicht fortgesetzt: „Lerne nur das Glück ergreifen. Denn das Glück ist immer da.“ Info irgendlink.de

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