Zweibrücken Der Kupferstecher und das böse Kartenspiel

So sieht das Cover des neuen Heitz-Buchs aus.
So sieht das Cover des neuen Heitz-Buchs aus.

Markus Heitz kann auch Gewalt. Den Beweis hat der in Homburg lebende Bestseller-Autor nun mit seinem Mystery-Horror-Roman „Des Teufels Gebetbuch“ angetreten. In dem Werk verzichtet Heitz auf so ziemlich alles, was ihn sonst auszeichnet und setzt dafür auf eine exzessive Orgie der Gewalt, die auch vor kleinen Kindern nicht Halt macht. Stellenweise ist der Roman einfach nur abstoßend.

Wäre der Titel „Der Gott des Gemetzels“ nicht bereits an das französische Theaterstück von Yasmina Reza vergeben (verfilmt 2011 von Roman Polanski) – so wäre dies ein würdiger Titel für den Roman gewesen. Blutig ging es in Heitz Büchern schon immer zu – das gehört bei den Genres Fantasy und Horror einfach dazu. Doch bisher stand die Gewalt immer in einem Kontext. Was am teuflischen Gebetbuch verstört, ist das exzessive, sinnlose Gemetzel – sowohl in Qualität als auch in der Quantität der Gewalt. So beschreibt Heitz sehr detailliert, wie Kugeln, Messer und sonstige Gegenstände in diverse Körperteil eindringen und sie zerfetzen. Er kostet die letzten Momente der Opfer manchmal bis zum bitteren Ende aus. Er schreckt nicht davor zurück, Kinder im Verlies einer Verrückten einzusperren, die vor den Augen der Kleinen ihre Gefangenen quält und bestialisch schlachtet. Was soll dieser hohe Grad an Gewalt? Er trägt nicht das Mindeste zum Fortgang der Geschichte bei. Im Gegenteil, das Lesen widert einen manchmal derart an, dass man das Buch am liebsten in die Tonne werfen würde. Hinzu kommt, dass die Geschichte mit ihrem wirren Gehetze über die Kontinente und den endlosen Schießereien einfach anödet. Immer öfter beschleicht den Leser das Gefühl, dass das viele Blut der Opfer nur dazu dient, eine blutleer erzählte Geschichte zu übertünchen. Die ist im Ansatz eigentlich ein echter Heitz, sprich ziemlich kreativ und gewitzt, läuft dann aber in Beliebigkeit und gähnender Langeweile aus. Grob gesagt, geht es um ein Kartenspiel, das ein meisterlicher Kupferstecher und Kartenmacher im 18. Jahrhundert in Leipzig im Auftrag und nach den Vorlagen eines geheimnisvollen Fremden anfertigt. Drumherum spinnt Markus Heitz eine seiner tollen Geschichten, die sich diesmal um besagten Kupferstecher, seinen Kumpel Johann Wolfgang von Goethe und das Anfertigen des Kartenspiels drehen. Dessen einziger Zweck darin besteht, Hass und Gewalt in die Welt zu tragen. Wie Markus Heitz das Geschehen in Leipzig erzählt, ist eine einzige Freude. In Sprache und Stil dem 18. Jahrhundert angepasst, dazu voller Witz, tollen Ideen und überraschenden Wendungen ist dieser Teil des Buches das reinste Lesevergnügen. Und spätestens dann, wenn alle im großen Finale den finsteren Herren mitsamt dessen Pudel und Kartenspiel stellen, wird klar, was in Wahrheit hinter Goethes Faust steckt. Soweit ist also alles in Butter. Wäre da nicht die zweite Zeitlinie. Die spielt heute und in ihr beschreibt Markus Heitz, wie diverse Sammler versuchen, das in alle Welt verstreute Kartendeck erneut zu vereinen. Damit – welch Überraschung – die Menschheit in Hass und Chaos untergeht. Verhindern wollen dies zwei beliebig austauschbare Protagonisten, von denen nach einer Woche nicht mal mehr der Name im Gedächtnis bleibt. Wer bis zum Schluss durchhält, erfährt wenigstens, dass die Welt gerettet wird und wirkliche jede Kugel und Harpune am Ende den passenden Körper findet – so zielsicher als wären es Paare bei Rosamunde Pilcher. Leider ist das Ganze genauso spannend. Wer allerdings auf viel Blut und Schlitzereien steht, kommt auf seine Kosten. Alle anderen warten einfach auf den 21. August. Da erscheint die Fortsetzung von „Wedora“ (2016). Knüpft Heitz an Band eins an, gibt all das, was dem Gebetbuch fehlt: Interessante Protagonisten, eine vor Kreativität sprühende Welt und spannende Geschichten. Alles großzügig mit der großen Kelle ausgeteilt. Lesezeichen Markus Heitz, Des Teufels Gebetbuch, Knaur Verlag, München 2017, 671 Seiten, 16,99 Euro.

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